Dieser Plan zeigt die Haupteinrichtungen der Kanadier auf dem Flugplatz. Neben Militäranlagen gab es auch Einkaufsmöglichkeiten, Sportanlagen und ein Kino. Weiter nördlich befanden sich die Start- und Landebahn und die Hangars. Fotos: Stadtarchiv Foto: Lahrer Zeitung

Erst Starfighter, dann Transportmaschinen: Wie die kanadischen Streitkräfte das Lahrer Flugplatzareal nutzten

Von Mark Alexander

Lahr. Mit ihrem Abzug haben die Kanadier den Lahrern eine entscheidende Frage hinterlassen: Was wird aus dem Flugplatz? Sie ist bis heute nicht abschließend beantwortet. Die "Lahrer Zeitung" blickt zurück in die Geschichte des Areals.

Mehr als 100 Jahre ist es her, dass Lahr zum Standort der dritten Kompanie des Luftschifferbataillons IV bestimmt wurde. Damals waren Zeppelinflüge in Lahr kein seltener Anblick. 1913 stellte die Stadt das Gelände neben dem Artillerieexerzierplatz westlich von Dinglingen zur Verfügung. 1914 entstand eine Zeppelinhalle, die allerdings nie ein Luftschiff beherbergte. Auch in der Zwischenkriegszeit blieben die Bemühungen der Stadt um einen Zeppelin-Flughafen erfolglos.

Nach dem Zweiten Weltkrieg, Ende 1946, wurde der Stab der ersten französischen Luftwaffendivision nach Lahr verlegt. Die Armee möbelte den kleinen Feldflugplatz auf. In dieser Zeit entstand die Betonlandebahn. In der Region regte sich Widerstand, auch weil der Hugsweierer Wald dem Ausbau zum Opfer fiel. Auch die Bewohner Langenwinkels dürften sich nur ungern an die folgenden Jahre erinnern. Sie litten besonders unter dem Fluglärm. Ende der 1960er-Jahre wurde das Dorf umgesiedelt – trotz heftiger Widerstände.

Düsenjägerlärm, Aufklärerstaffeln und Millioneninvestitionen

"Dem Hass folgten Freundschaft und Achtung", titelte die "Lahrer Zeitung" am 7. September 1967. Das Zitat stammte von Colonel Saint Macary, der in Lahr an die Zeit des Zweiten Weltkriegs erinnerte. Letztmals donnerten an diesem Tag französische Düsenjäger über den Flugplatz. Der Grund war Frankreichs Austritt aus der Nato. Um 15 Uhr wurde die französische Trikolore eingeholt und die kanadische Flagge gehisst. Eine Stunde später hatten die Kanadier das Kommando auf dem Lahrer Flugplatz übernommen. Frankreich hatte den kanadischen Truppen den Standort als Ersatz für ihr europäisches Hauptquartier in Metz und die Basis in Marville angeboten.

Sechs Starfightergeschwader, zwei Aufklärer- und vier Bombergeschwader waren Teil der ersten kanadischen Luftwaffendivision, die unter anderem in Lahr Quartier bezog. Die ersten kanadischen Düsenjäger waren bereits im März 1967 in Lahr gelandet. Mehr als 30 000 Passagiere würden alljährlich Richtung Lahr fliegen oder zurück nach Kanada, schrieb die "Lahrer Zeitung" am 13. September 1967. Die Kanadier waren damals gerade dabei, sich auf dem Flugplatz einzurichten. Dafür war "erhebliches Talent im Improvisieren" notwendig. In zwei "Baracken" sei für die ersten Fluggäste damals ein Hotel eingerichtet worden. "Kanadier verbauen Millionenbeträge", hieß es in der "Lahrer Zeitung" wenige Tage später, am 23. September 1967. Auf dem Flugplatz entstanden neue Verbindungsstraßen, Flugzeughallen wurden umgebaut, eine Radareinrichtung erstellt, das Lazarett renoviert, Heizungssystem und Beleuchtung verbessert. Die Überholung des Towers für 70 000 Deutsche Mark war dabei noch ein vergleichsweise "kleiner Posten". Für knapp 40 000 Mark bauten die Kanadier übrigens auch eine Zahnarzt-Station. Das nötige Geld steuerte der kanadische Staat bei.

Die Kanadier bauten die Landebahn um, da dort nun schwere Flugzeuge verkehrten. Auch ein größeres Terminal wurde notwendig. Schließlich standen nicht nur Passagierflüge auf dem Plan, sondern auch Frachtumschlag für die Streitkräfte. Zur Not hätten damals sogar Flugzeuge auf der angrenzenden Autobahn landen können.

Ein Kino, eine Eishalle und ein Schwimmbad für die Streitkräfte

Das Ende der Düsenjäger kam im Juni 1970. Die kanadische Militärstrategie änderte sich. Die Luftwaffe wurde nach Söllingen verlegt. Die Starfighter wurden abgezogen und durch große Transportmaschinen ersetzt. Die Panzergrenadierbrigade kam aus Norddeutschland nach Lahr. Eine Patrouille überbrachte die Botschaft – mit einem Fußmarsch von Soest (Nordrhein-Westfalen) Richtung Lahr. General Leonhard, der Brigadekommandeur, rauchte im Dienstzimmer des Lahrer Oberbürgermeisters eine Begrüßungszigarre.

Erneut wurde auf dem Flugplatz gebaut, erneut gab es Widerstand aus der Bevölkerung. Der Grund: Die Brigade wollte den Langenhard als Übungsplatz nutzen. Der Widerstand blieb erfolglos, der Lahrer Hausberg wurde umgebaut. Immerhin: Die Lahrer erreichten damals, dass die Panzer nicht direkt durch die Stadt Richtung Langenhard fuhren. Stattdessen wurde in Sulz eine neue Straße eingerichtet, die "Panzerstraße".

Auf dem Lahrer Flugplatz entstand das zweitgrößte kanadische Militärlazarett. Lediglich die Einrichtung in Kanadas Hauptstadt Ottawa konnte noch mithalten. Der Flugplatz wurde aber nicht ausschließlich militärisch genutzt. Auch ein Hallenbad und eine Festhalle bauten die Streitkräfte auf dem Areal. Besonders wichtig für die Eishockey-Liebhaber: Neben der Eishalle auf dem Kasernenareal entstand noch eine zweite auf dem Flugplatz. "Im Sommer wurde auch Baseball gespielt", sagt Patricia Cornforth, langjährige Redakteurin der Zeitung "Der Kanadier".

Wo heute in der Diskothek "Universal D.O.G." getanzt wird, liefen damals Filme. Dort war ein Kino der Kanadier beheimatet. Daneben gab es einige Läden zum Einkaufen. "Vor dem Abflug nahmen sich dort viele Kanadier noch ein kleines Souvenir aus Deutschland mit", sagt Cornforth. Womöglich hätte auch mancher Einheimischer gern auf dem Flugplatz eingekauft. Denn dort waren auch Hamburger im Angebot. "Damals gab es längst noch keinen McDonalds in Lahr", sagt Cornforth.

Der Flugplatz war damals für die meisten Lahrer tabu. "Er wurde sehr gut überwacht", erinnert sich Cornforth. Nur mit offizieller Genehmigung und in Begleitung von kanadischen Streitkräften war ein Besuch auf dem Gelände möglich. Oder für Austauschschüler, die den Weg in Richtung der Lahrer Partnerstadt Belleville antraten.

Das Areal wurde kontinuierlich erweitert. Noch im Jahr 1989 wurde die Start- und Landebahn verlängert. Bereits zwei Jahre später gab die kanadische Regierung aber den Rückzug aus Europa bekannt. Damit wurde ein neues Kapitel aufgeschlagen. 1993, noch vor dem endgültigen Abzug der Kanadier, wurde ein erster Masterplan für das Gelände verabschiedet. Ziel: ein Gewerbe- und Industriegebiet mit Verkehrslandeplatz. Großveranstaltungen wie Rockkonzerte, ein Motorradfestival oder Autorennen lockten in den 1990er-Jahren viele Menschen auf den Flugplatz.

Inwieweit das Areal fliegerisch genutzt werden soll, darüber wird bis zum heutigen Tag gestritten. Ende 1995 brachte ein Bürgerentscheid eine überwiegende Zustimmung zur Fliegerei. 2001 wurde der Flughafen privatisiert, 2002 gab es endgültig eine Frachtgenehmigung, 2006 eine eingeschränkte Passagierfluglizenz. Söllingen war als Regionalflughafen aber längst an den Lahrern vorbeigezogen. Mehrere ausländische Investoren versuchten, die Fliegerei im großen Stil zu etablieren – ohne Erfolg. Derweil schritt die gewerbliche Nutzung des Geländes erfolgreich voran.

Heute erinnert ein Starfighter am Eingang des Areals an die Zeit der Kanadier. Die Hangars stehen noch, auch wenn dort keine Flugzeuge geparkt werden. Den Lahrern bleibt eine der längsten Start- und Landebahnen Europas. Und mit ihr die Frage, ob sie ihren Zweck jemals wieder dauerhaft erfüllen wird.

Quellen: Don Nicks: "Canadian Forces Base Lahr", Ottawa, 1992, 128 Seiten. Emil Ell: "In den Gärten prangen Kaiserblumen...", Lahr, 1980, 64 Seiten. Archiv "Lahrer Zeitung" Stadtarchiv Lahr