Beifall für eine Standort-Bestimmung mit Ausblick: In der vollbesetzten Lahrer Stadthalle verfolgten am Samstag Hunderte Bürger die Neujahrsansprache. Foto: Breuer

Neujahrsempfang: Oberbürgermeister schwört Bürger in einer Mutmach-Rede auf ein neues Stadtbild ein

Oberbürgermeister Wolfgang G. Müller sieht für Lahr eine Zeitenwende. Die Stadt habe sich in den vergangenen 25 Jahren neu aufgestellt und drehe "ein großes Rad". Höhepunkt sei die Landesgartenschau 2018.

Lahr. Bis auf den letzten Platz belegt war die Stadthalle am Samstag beim traditionellen Neujahrsempfang der Stadt. Vertreter aus Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik, Wirtschaft und Finanzwelt, gesellschaftlichen Gruppen und Organisationen sowie viele Hundert Bürger verfolgten ein zweistündiges Programm mit Unterhaltung und der Rede von Wolfgang G. Müller.

Der Rathauschef machte klar, dass sich die Stadt in einer bedeutsamen Phase befinde. Lahr gehe es wirtschaftlich sehr gut und präsentiere sich "bunt und lebendig". Zwei Jahrzehnte nach dem schmerzlichen Abzug der Kanadier und ein Jahr vor Eröffnung der Landesgartenschau sei Lahr "wieder selbstbewusst geworden" und sehr gut positioniert für die Zeit nach der Schau.

Müller verwendete das Bild eines Tuchs mit vielen Fäden, das die Gesellschaft darstelle. Immer wieder kämen neue Fäden hinzu, die miteinander verwoben würden. Im Einzelnen sprach er mehrere Bereiche der Stadtpolitik an:

>  Landesgartenschau: "Sie verleiht dem neuen Lahr einen sichtbaren Ausdruck", meinte OB Müller. Die Schau sei "Höhepunkt und Vollendung der Zeitenwende" für Lahr. Bis einschließlich 2019 werde Lahr "nicht nur die komplette Landesgartenschau schuldenfrei finanzieren, sondern auch einen erheblichen Teil des begleitenden Zukunfts-Investitionsprogramms", führte Müller in seiner Ansprache aus.  

> Arbeitsplätze: Lahr biete rund 25 000 Arbeitsplätze und damit so viele wie nie zuvor in der Geschichte der Stadt. Den allgemeinen Rückgang der Arbeitslosigkeit habe die Stadt "überdurchschnittlich genutzt", bei zeitgleich überdurchschnittlichem Bevölkerungswachstum. Das neue Logistikzentrum des Internethändlers Zalando werde das noch positiv verstärken, vor allem für gering qualifizierte Arbeitskräfte.  

> Finanzen: Die Stadt stehe "sehr konsolidiert" da. Sie habe im Landesvergleich eine Pro-Kopf-Verschuldung, die unter dem Durchschnitt liege. Seit 19 Jahren habe Lahr im Kämmereihaushalt keine neue Schulden gemacht. Sieben Millionen Euro würden nun 2017 aufgenommen. Damit werde der neue Sport- und Mehrzweckhallenkomplex finanziert, "alles Andere aus dem Laufenden oder aus dem Sparschwein", so Müller.  

> Verkehr: "Der Verkehr wird sicher ein Lahrer Sorgenkind bleiben", mahnte Müller. Mehr Bürger, steigende Pendlerzahlen und eine zunehmende Mobilität im Alltag jedes Einzelnen würden für immer mehr Verkehr sorgen. Entlastungen über neue Straßen seien kaum möglich.  

> Wohnen: Lahr bietet laut Müller als Wohnort spürbar mehr Lebensqualität. "Am Oberrhein arbeiten und in Lahr wohnen" sei das Motto.  

> Handel: Lahrs Kaufkraft sei zwar unterdurchschnittlich, doch die Stadt habe "eine starke zentrale Position", weshalb viele Auswärtige zum Einkaufen nach Lahr kämen. Das Potenzial sei "noch nicht ausgeschöpft". Die Innenstadt biete hochwertige Flächen, die entwickelt werden könnten. Beim Post-Areal gehe es darum, kein Insel-Lösung entstehen zu lassen, sondern eine Verbindung mit der Fußgängerzone zu schaffen. Auch beim Rathausplatz dürfe es keine Denkverbote geben.  

> Integration: OB Müller appellierte an die Zuhörer: "Wir dürfen uns nicht fortreißen lassen von Versuchen, Menschen, die vor Krieg, Gewalt, Hunger und Armut geflohen sind, die Tür zu weisen. Oder ihnen gar mit Gewalt entgegen zu treten." Lahr brauche und wolle eine "offene Gesellschaft". Die Stadt sei gewachsen und gediehen, weil sie "das offene Stadttor in ihrem Wappen stets auch gelebt hat".  

> Kommunalpolitik: Müller sprach das schwindende Vertrauen einiger Bürger in das Repräsentativ-System an. Ob mehr Bürgerentscheide, Meinungsumfragen und kurzzeitige Projekte aber die beste Lösung seien, zweifelte Müller leise an. Irgendjemand müsse auch die Verantwortung für das große Ganze tragen, für die Gesamtfinanzen, Steuern und anderes Grundlegende.

Das Programm des Abends war kurzweilig gemischt. Die Schülerinnen Lina Linz und Evelyn Steinbach begrüßten die Ehrengäste. Moderator Helmut Dold unterhielt frech und munter. Die Tanzkompanie "Szene zwei" zeigte hochklassiges Tanztheater zum Thema Inklusion. Sängerin "Sydney Ellis and her Midnight Preachers" rissen das Publikum mit.

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