Autor Rafik Schami nahm sich nach der Lesung noch Zeit und signierte Bücher für seine Leser. Foto: Baublies Foto: Lahrer Zeitung

Lesung: Syrischer Schriftsteller Rafik Schami zu Gast im Pflugsaal / Vorstellung seines neuen Buches

Rafik Schami hat am Montagabend sein Buch "Ich wollte nur Geschichten erzählen" vorgestellt. Der aus Damaskus stammende Autor begeisterte die Besucher im Haus zum Pflug.

Lahr. Schami ist ein vollendeter Fabulierer, kommt ohne jede Mühe vom Hundertsten ins Tausendste und das so gekonnt, dass niemand darüber den Faden verliert. Wie Scheherazade, die Figur, die die Geschichten aus 1001 Nacht zusammenhält, verliert Schami ein Anliegen bei seinem Vortrag in Lahr nicht aus den Augen. Wie leben Fremde hier und wie gut können Menschen mit verschiedenen Kulturen zusammenleben?

Das macht er in seinen unerschöpflich scheinenden, mündlichen Erzählungen spielend. Er hat Humor und sorgt für Lacher – garniert mit Szenenapplaus. Araber, zu denen der Syrer, geboren im Jahr 1946, gehört, sind Meister der Worte. Die Anekdote um unterschiedliche Daten zeigte, was der Erzähler vermag: Eine wunderbar versponnene Geschichte, warum Mutter, Vater und die Oma so stark beim Geburtsdatum Rafiks abwichen, war die hohe Kunst des mündlichen Vortrags, lebendig und anschaulich – auch wenn es nur eine der vielen Nebenhandlungen am Abend war. Sein Fazit: Wer seinen Geburtstag nicht genau weiß, wird nicht älter, überzeugte besonders.

Seine Muttersprache beschrieb Schami so: "Wir Araber malen mit Worten." Der Stil bevorzugt viele Adjektive. Am Beispiel Thomas Manns, dessen Roman Buddenbrooks Schami von Hand abschrieb, um literarisches Deutsch zu begreifen, erklärte der Schriftsteller nachvollziehbar, was für einen Unterschied es zwischen beiden Sprachen gebe.

Zu lange Sätze und zu wenige Adjektive

Er bewundere den Nobelpreisträger des Jahres 1929. Aber warum der so lange Sätze mit so wenig Adjektiven schreibe, sei wiederum einem Araber nur schwer zu vermitteln. Den Faden spann Schami sofort weiter. Er bedauerte bei der Gelegenheit – hier gab es viele Lacher – dass Reformer das Wort "daß" abgeschafft haben.

Sehr ernst machte Schami begreiflich, warum es im Arabischen, vor allem in den Wüsten, zwar viele Worte, aber kaum bildende Kunst gegeben hat. Daher sei hier die Kunst des Erzählens viel älter als die deutsche Sprache. Die gibt es, aus seiner Sicht, ja erst seit der Bibelübersetzung Martin Luthers. Daher komme auch die Bedeutung der mündlichen Erzähltradition, die er bereits als Kind von den eigenen Eltern vermittelt bekam. Ein sehr poetischer Vergleich, was Heimat und der Verlust bedeute, zeigte, welche Bilder Schami beherrscht. "Die Trauer ist ein treuer Hund, sie kommt immer wieder".

Neben dem Humor zeigte Schami so auch, was es für ihn als Autor bedeute, dass er eine Heimat verloren hatte. Gerade diese Aussagen waren sehr überzeugend. Ganz nebenbei und vor allem völlig unaufdringlich zeigte der Erfolgsautor Schami, welche Bedeutung bei ihm das gesprochene Wort hat. Sicher noch wichtiger war die Botschaft, wie Sprache zwischen Kulturen vermitteln und verbinden kann.

Der Name Rafik Schami ist ein Pseudonym des Syrers Suheil Fadél, der am 23. Juni 1946 in Damaskus geboren wurde. Schami erzählt in seinem Vortrag knapp zwei Stunden lang darüber, wie er nach der Promotion als Chemiker und "einem gut bezahlten Job in Leverkusen", dann doch zu seiner Leidenschaft als Autor zurückkehrte. Und wie er am Anfang seiner Laufbahn als Autor mit Vorträgen wie diesem am Montag, langsam aber stetig Erfolg hatte.