Da wird mächtig was weggeschafft: Lahrs Industrie-Unternehmen melden eine anhaltend gute Wirtschaftslage, sorgen sich aber um Ausbildungskräfte. Hier im Bild Daniel Feurer vom Druckhaus Kaufmann im Industriegebiet. Foto: Braun

Industrie: Unternehmen finden immer schwerer Nachwuchs / Auftragslage weiter gut

Für die mittelständischen Industriebetriebe in Lahr wird der Kampf um gute Auszubildende immer heftiger. Fachkräfte fehlen an allen Ecken und Enden. Und das bei anhaltend guter Wirtschaftslage, ergab eine aktuelle Umfrage bei zwei Dutzend Firmen.

Lahr. Eigentlich könnten sich die Firmenlenker der Lahrer Industrie-Unternehmen zufrieden vor ihre Auftragsbücher setzen und sich über steigende Umsatzzahlen und immerhin noch erfreuliche Gewinnaussichten freuen. Denn die Wirtschaft in der Stadt brummt so stark wie in der ganzen restlichen Ortenau. Doch den Chefs stehen die Sorgenfalten auf der Stirn, weil es immer schwieriger wird, Nachwuchs für die Betriebe zu finden. Das wurde bei der jüngsten Wirtschaftsumfrage der Industriefirmen-Gruppe ALMI deutlich, die am Donnerstag der Presse vorgestellt wurde.

"Wir tun uns immer schwerer, genügend guten Nachwuchs für unsere Firmen zu akquirieren. Das hat mehrere Gründe. Immer mehr junge Menschen wollen unbedingt Abitur machen und studieren. Realschüler, die sich zu technischen Fachkräften qualifizieren, gibt es immer weniger. Aber genau diese brauchen wir", erklärt Rolf Rubin von der gleichnamigen Mühle in Hugsweier. Berufe mit weißem Kragen seien "für junge Leute oft cooler als der Blaumann", ergänzt Stefan Grüb von der Stahlwolle-Firma Oscar Weil. "Dieses Problem werden wir nicht in wenigen Jahren lösen können", ist sich Ralf Leser von der gleichnamigen Lahrer Verpackungsmittel-Firma sicher. 

> Gutes letztes Jahr: Mit dem vorigen Geschäftsjahr sind rund neun von zehn der befragten Firmen zumindest zufrieden gewesen. Nur jedes zehnte Unternehmen klagt über eine schlechtere Lage als im Jahr zuvor.  

> Mehr Umsatz: Bei zwei von drei Industriefirmen stieg der Umsatz 2016. Hauptgründe dafür seien ein guter Markt und eine stramme Inlandsnachfrage gewesen. 

> Nicht mehr Gewinn: Mehr Umsatz bedeute nicht automatisch auch mehr Ertrag für die Firmen, zeigt die Umfrage. Bei jeder Zweiten blieb der Erlös unverändert. Grund dafür seien hohe Kosten und ein harter Konkurrenzkampf mit Preisen, die weniger stark steigen würden als nötig. 

> Die größten Risiken: Hohe Arbeitskosten, fehlende Fachkräfte und eine nicht kalkulierbare Nachfrage im In- und Ausland sehen die meisten ALMI-Firmen als größte Gefahren für sich. Die Energiekosten machen derzeit keine großen Sorgen. 

> Ausblick auf 2017: Für das laufende Jahr planen fast alle Betriebe mehr oder mindestens gleichbleibende Investitionen. Nur vier Prozent rechnen mit sinkenden Investitionen in ihr Unternehmen. Die allermeisten Betriebe planen auch einen steigenden oder gleichbleibenden Umsatz für 2017 ein. Nur knapp jede zehnte Firma erwartet sinkende Auftragszahlen. 

> Stabile Belegschaft: Etwa jede zehnte Firma will Personal aufstocken, die meisten ihre Belagschaft stabil halten und nur jede zehnte denkt an sinkende Personalzahlen. 

> Gefragte Fachkräfte: Am meisten fehlen den Betrieben technische Fachkräfte, also Meister und Maschinenführer. "Also Leute, die ihren Beruf von der Pike auf gelernt haben", erklärt Markus Kaufmann vom gleichnamigen Druckhaus in Lahr.  

> Mehr Ausbildung: Für alle Betriebe ist klar: Nur mit mehr Ausbildung ist der Personalschwund in halbwegs erträglichen Grenzen zu halten. Kein einziges der befragten 25 Unternehmen will weniger ausbilden als bisher, einige wollen die Azubizahl gar steigern – sofern sie dafür überhaupt Kräfte finden. Rund 230 Lehrlinge werden in den 25 Umfrage-Firmen derzeit ausgebildet. 

> Risiko im Ausland: Die befragten ALMI-Betriebe haben eine durchschnittliche Exportquote von etwa einem Drittel ihres Umsatzes. Manche mehr, andere weniger. Deshalb hätten Turbulenzen wie in England, den USA und in der Türkei auch direkt Auswirkungen auf die heimischen Betriebe. "Unsere Planungssicherheit geht zurück", erklärt Frank Neumeister von der Firma NELA.  

> ALMI plant Aktionen: Um das Problem des Nachwuchsmangels besser in den Griff zu bekommen, denkt ALMI an eine konzertierte Aktion. Details gebe es noch nicht, erklärte Markus Kaufmann auf Nachfrage unserer Redaktion. Man wolle gemeinsam an einem Strang ziehen. 

> Kritik an der Stadt: Auf die Frage unserer Redaktion zur aktuellen Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung in Lahr war ein leises Murren bei den ALMI-Verantwortlichen zu vernehmen. Die Industrie-Lobby stehe dort auf der Liste der Kooperationen nicht sonderlich weit oben, wurde diplomatisch-vorsichtig angedeutet.

INFO

Das ist die ALMI

Die ALMI als Arbeitsgemeinschaft Lahrer mittelständischer Unternehmen besteht seit mehr als 30 Jahren. Die Gruppe ist lose organisiert und wird von einem Arbeitsausschuss gesteuert. Dessen Sprecher ist Ralf Leser vom
gleichnamigen Verpackungsmittel-Unternehmen in Lahr. Die Gruppe startet jährlich eine Umfrage unter den rund 30 Mitgliedsfirmen. Dieses Jahr haben sich 25 davon an der Umfrage beteiligt. Die Betriebe haben ihren Sitz zumeist im Westen der Stadt. Die 25 ALMI-Firmen der Umfrage repräsentieren rund 4000 Mitarbeiter.