In der Altstadt von Diyarbakir sieht man die Spuren der Konflikte in der Türkei, hier das zerstörte Kulturbüro. Foto: privat Foto: Lahrer Zeitung

Vertreter der Linken als Wahlbeobachter im Südosten des Landes

Die Stadt Diyarbakir liegt im Südosten der Türkei in der Nähe der syrischen und der irakischen Grenze. Zwei Wahlbeobachter aus Lahr haben die Parlamentswahlen und die Situation der vielen Flüchtlinge am vergangenen Wochenende dort erlebt.

Von Endrik Baublies

Lahr. Stadtrat Lukas Oßwald (Linke Liste), gleichzeitig Landtagskandidat der Linken, und sein Stellvertreter als Kandidat, Werner Engelmann, waren am Wochenende als Wahlbeobachter in Diyarbakir. Sie gehörten zu einer 14-köpfigen Delegation, die auf Einladung der prokurdischen HDP (Partei der Völker) die Wahlen am 1. November beobachten sollte.

Oßwald und Engelmann erklären bei einem Gespräch mit der "Lahrer Zeitung", dass sie sich dazu ein Bild der Region, vor allem von der Situation der vielen Flüchtlinge machen wollten. Derzeit, so schätzt Oßwald, würden dort rund 500 000 Vertriebene leben. Viele der Dörfer der ohnehin armen Region seien zerstört worden. Also bleibe vielen Menschen nur die Flucht in die Provinzhauptstadt. Das Erstaunliche, das betonen beide, sei daher die überaus freundliche Aufnahme. "Es gibt keine Stimmung gegen die Flüchtlinge."

Oßwald und Engelmann bekräftigen, dass sie Dankbarkeit und viel Freude über den Besuch der deutschen Delegation erlebt haben. Oßwald war bereits im Juli dort, als bei der damaligen Wahl die HDP überraschend über die Zehn-Prozent-Hürde kam. Die bis dahin regierende AKP verlor die absolute Mehrheit. Damals hat der Lahrer Stadtrat Oßwald eines der riesigen Flüchtlingslager besucht. Die Situation der in Zelten Lebenden beschreibt er so: "Es ist im Sommer zu heiß und im Winter zu kalt."

Mehr Stimmzettel als Wähler

Das Zeugnis der zwei Lahrer Delegierten zu den Wahlen fällt eindeutig aus: "Das Ergebnis würde hier nicht anerkannt werden." Oßwald beschreibt, wie er wiederholt Bewaffnete in den Wahllokalen und Panzer in der unmittelbaren Umgebung gesehen hat. Die Urnen seien nicht korrekt versiegelt gewesen. Einige hätten mehr Stimmzettel als registrierte Wähler aufgewiesen. Daher sprechen beide von einem "dreisten und offensichtlichen Wahlbetrug".

"Das Land wird systematisch kaputt gemacht." Das Militär holze Wälder in der Region ab und zerstöre Obstplantagen. Es würden sogar Friedhöfe und Schafsherden bombardiert. Wer die Angreifer sind, lasse sich dabei nicht trennen. In der abgelegenen Region sind die Grenzen zwischen den Übergriffen des IS oder des türkischen Militärs verwischt. Einig sind sich beide Beobachter, dass dort Bürgerkrieg, Anarchie und Chaos herrschen. Das sei das Ergebnis der Wahlen vom Sommer gewesen. Ob das für die AKP und Präsident Recep Tayyip Erdogan bessere Wahlergebnis Frieden bringen wird? Den Eindruck haben Oßwald und Engelmann nicht.