Sind beide von der Prüfungspanne betroffen: Andreas Seel (17) und Arthur Klem (16) aus Lahr. Foto: Bieber

Abschlussarbeit in Deutsch muss wegen eines geöffneten Umschlags verschoben werden

Lahr - Kaum ein Jahr ohne Prüfungspannen: Ein aufgebrochenes Siegel sorgt seit Kurzem für Unmut bei 40 000 Realschülern und vielen Lehrern. Daher muss dieses Jahr der Start in die zentralen Abschlussprüfungen der Realschüler verschoben werden.

Auch an der Otto-Hahn-Realschule in Lahr hat die Nachricht über einen geöffneten Prüfungsumschlag für Ärger gesorgt. "Das ist ein Nachteil für unsere Schüler, denn sie haben sich intensiv auf die erste Prüfung eingestellt", sagt der Rektor der Schule, Christian Reinbold. Die Lahrer Realschüler sollten am heutigen Mittwoch wie geplant mit der Abschlussprüfung im Fach Deutsch ihren kleinen Prüfungsmarathon starten.

Das geht jetzt nicht, weil Unbekannte in Bad Urach, im Kreis Reutlingen, bereits am vergangenen Freitag einen Umschlag mit den Realschul-Prüfungsaufgaben für das Fach Deutsch vorab und unerlaubterweise geöffnet haben. Wie das passieren konnte, ist bisher nicht geklärt.

Jetzt soll die landesweit an allen Realschulen zeitgleich stattfindende Deutsch-Prüfung auf Freitag, den 23. April, verschoben werden, wie das Kultusministerium schon am Montag mitteilte. Davon betroffen sind etwa 40 000 Realschüler in Baden-Württemberg und knapp 130 Schüler an der Otto-Hahn-Realschule.

Schüler erfuhren bereits am Montag von Panne

Christian Reinbold spricht von einer "emotionalen Belastung" für die Schüler wegen der Verschiebung der Prüfung im Fach Deutsch. "Viele wollen die schwierige Deutschprüfung schnell hinter sich haben", sagt Reinbold weiter. Erfahren habe er von der Panne über das Radio und die Zeitung. "Ich bin dann am Dienstagmorgen in die betroffenen Klassen gegangen und habe die Nachricht verkündet", sagt der Rektor. Die Schüler hätten gefasst reagiert. Frei haben sie aber trotzdem nicht. Stattdessen nehmen die betroffenen Realschüler am regulären Unterricht teil, heißt es von Reinbold. "Viele Schüler haben natürlich schon am Montag im Fernsehen oder Internet oder aber direkt nach dem Aufstehen am Dienstagmorgen von der Panne in den Medien gelesen oder gehört", erklärt Reinbold weiter. Dass die Schüler jetzt zwar ein wenig mehr Zeit haben, um sich auf die von einigen gefürchtete Deutsch-Prüfung vorzubereiten ist vielleicht das einzig Gute, das man dem Ärgernis um den geöffneten Prüfungsumschlag abgewinnen kann. "So kann man das natürlich auch sehen", sagt Reinbold. Er ist sich sicher, dass viele seiner Schüler dieses Mehr an Zeit fürs Lernen nicht unbedingt gut heißen. Jonas Ebding, Schülersprecher der Otto-Hahn-Realschule, ist verärgert über die Unbekannten, die in Bad Urach den Umschlag geöffnet haben. "Auch ich bin betroffen von dieser Aktion und finde das Ganze gar nicht gut." Er wolle die Prüfung schnell hinter sich bringen. Nun muss Jonas bis zum übernächsten Freitag warten, bis er endlich seine Deutsch-Abschlussprüfung schreiben kann. "Als neue Deutsch-Prüfung werden wir die Nachprüfung verwenden", erklärt Reinbold.

Dass diese nicht schwerer als die ursprüngliche Prüfung wird, ist bei vielen Schülern der Otto-Hahn-Realschule an diesem Dienstagmorgen ein großes Thema. "Nein, sie wird natürlich nicht schwerer werden", versichert Reinbold.

Nicht nur die betroffenen Lehrer, sondern die ganze Lehrerschaft an der Realschule hätten überrascht reagiert, hört man aus Lehrerkreisen. Für Arthur Klem ist die ganze Sache ein "großer Mist". Auch er habe sich mühevoll und akribisch auf die Deutschprüfung vorbereitet, sagt er. "Ich finde das nicht gut, denn eigentlich wollte ich Deutsch schnell weg haben". Jetzt konzentriert er sich wie sein Freund, Andreas Seel, anstatt auf Gedichts- und Textanalyse auf die am Freitag anstehende Mathematikprüfung. "Wir haben jetzt glücklicherweise noch genug Zeit, uns auf Mathematik vorzubereiten."

Info: Einbruch

Im vorigen Jahr haben unbekannte Täter an einem Stuttgatter Gymnasium den Tresor mit den darin befindlichen Abiturklausuren geknackt. Die Folge: Die Mathematik- und Englisch-Aufgaben mussten in ganz Baden-Württemberg und in einigen anderen Bundesländern ausgetauscht werden.