Zwei Wochen lang war der 18-jährige Karam Nasri (links) bei der Tankstelle Günther beschäftigt – begleitet und unterstützt hat ihn Firmenchef Harald Günther. Foto: Röckelein

Beruf: Syrischer Flüchtling macht Praktikum bei Günther Energie / Ungewisse Zukunft

Karam Nasri hat im Rahmen eines Betriebspraktikums Einblicke in die Tankstelle von Harald Günther bekommen. Der Chef ist begeistert.

Lahr. Aufmerksam blickt Karam Nasri auf den Bildschirm seines Computers. Sorgfältig vergleicht er Daten und trägt sie in eine Tabelle ein. Zwei Wochen lang war der 18-Jährige Praktikant an der Tankstelle Günther Energie in Lahr. Karam bestellte dort online Waren, verglich und überprüfte, ob alles angekommen ist – sehr zur Zufriedenheit seines Chefs Harald Günther und der anderen Mitarbeitern. "Man merkt, dass er gerne Sachen lernen möchte", sagt Mitarbeiterin Oumaima Hucke.

Im Rahmen eines Berufsvorbereitungsjahrs, das Karam an der Maria-Furtwängler-Schule Lahr absolviert, gilt es, zwei zweiwöchige Praktika zu absolvieren. Über Mitarbeiterin Oumaima Hucke, die Karams Nachbarin ist, kamen Harald Günther und der 18-Jährige zusammen. Am 2. November, einen Tag nach seinem 18. Geburtstag, stellte sich Karam bei Günther vor. Dieser war sofort überzeugt: "Nach all dem Schrecken, den er erlebt hat, ist das beeindruckend."

Seit zwei Jahren lebt Karam in Deutschland, geboren und aufgewachsen ist er aber in Damaskus, Syrien. 2012 floh seine Familie nach Jordanien, wo sie vier Jahre bei einer Verwandten lebte. Karam selbst hat keine guten Erinnerungen an seine Zeit dort. Syrische und jordanische Schüler wurden getrennt unterrichtet, heimische Schüler bevorzugt behandelt, sagt er.

Die Situation in Jordanien sei schlecht für die Familie gewesen, sein Vater hatte keine Arbeitserlaubnis, das Geld fehlte überall. 2016 floh die Familie zu einer Tante in die Türkei, von dort aus nach Griechenland und schließlich nach Deutschland. Teils mit dem Zug, teils zu Fuß seien sie unterwegs gewesen, bis sie ankamen. Über Umwege verschlug es sie schließlich nach Meißenheim. "Dort habe ich dann angefangen, Deutsch zu lernen. Ich habe andere Jugendliche beim Basketballspielen beobachtet und sie angesprochen. Mit der Zeit hat Deutsch sprechen immer besser geklappt".

Zurzeit besucht Karam freiwillig einen Deutschkurs in der Volkshochschule und macht seinen Führerschein. "Ich glaube, perfekt werde ich deutsch nie sprechen. Aber das ist nicht schlimm. Arabisch kann ich auch nicht perfekt", schmunzelt er. Heute spricht der 18-Jährige flüssig deutsch, beinahe ohne Akzent. Seine guten Deutschkenntnisse hätten auch Harald Günther von ihm überzeugt. "Das war für mich der springende Punkt – erst zwei Jahre in Deutschland und er spricht schon so gut deutsch", so der Firmenchef.

Das Berufseinstiegsjahr an der Maria Furtwängler Schule diene dazu, die Schüler ausbildungsfähig zu machen, sagt Fachlehrerin Sonja Schäfer. Karam ist bereits das dritte Jahr an der Schule, danach soll für ihn eine Berufsfachschule folgen. Wo er später arbeiten möchte? Er überlegt nur kurz: "Bei einer Bank oder in der Informatik", sagt er. Ob er seinen Traumberuf in Deutschland ausüben darf, ist aber noch ungewiss. Karam hat nur eine Aufenthaltsgenehmigung für drei Jahre. Günther rät seinem Schützling deshalb, sich so gut wie möglich zu qualifizieren. "Er hat bewiesen, dass er integriert und motiviert ist", sagt er. Wenn Karam bei seinem zweiten Praktikum im Februar nicht in einen anderen Betrieb reinschnuppern möchte, stünden ihm die Türen bei ihm auch offen.

Als krönenden Abschluss seines Praktikums hatte Harald Günther ihn zur Betriebsweihnachtsfeier eingeladen. Karam sagte mit Freude zu.

Info: Praktikum

Das Berufseinstiegsjahr an der Maria-Furtwängler-Schule schließt ein schulisch begleitetes Betriebspraktikum ein. Es wird von der Schule entsprechend der örtlichen Situation organisiert und inhaltlich ausgestaltet. Das Praktikum wird als Blockpraktikum angeboten und kann auch bis zu zwei Praktikumstage pro Unterrichtswoche umfassen.