Lahr - Die Spannung steigt auf der Zielgeraden des OB-Wahlkampfs. Auf die städtische Kandidatenvorstellung im Parktheater hatten sich alle Bewerber gut vorbereitet. Ein klarer Favorit war nicht auszumachen.

Die Frage vor Beginn: Würde das Parktheater groß genug für den Besucheransturm sein? Ja, es hat gereicht. Sieben Minuten nach Öffnung der Türen waren zwar bereits alle Stühle im Saal vergeben. Die Nachzügler erhielten aber noch Sitze im Foyer, wohin das Geschehen vom Podium übertragen wurde. Insgesamt kamen 800 Besucher, etwa 50 Stühle im Foyer blieben leer. Von den Kandidaten waren Christine Buchheit und Lukas Oßwald als Erste da und begrüßten zahlreiche Besucher mit Handschlag.  

> Wie war die Stimmung? Friedlich. Was auch am Modus lag, der Diskussionen zwischen den Bewerbern verhinderte. Erst durften sie ihre Reden halten, dann auf Fragen aus dem Publikum antworten. Alles schön der Reihe nach, OB Müller passte auf, dass keiner seine Zeit überzog. Wenn einer mal an Äußerungen seiner Konkurrenten anknüpfte, dann bestätigend ("wie der Vorredner schon sagte") oder mit feiner Ironie. "Vielen Dank, das stimmt", sagte Guido Schöneboom etwa direkt nach der Feststellung Buchheits, dass Lahr "kulturell gut aufgestellt" sei. Das Kulturamt gehört zum Dezernat Schönebooms, dessen Kommentar zu dem ungewollten Kompliment die Zuhörer erheiterte. Überhaupt wurde mehr miteinander gelacht als gestritten.

 > Humor bei der Kandidatenvorstellung? Ernsthaft? Müller sorgte bereits bei seiner Eröffnungsrede für Lacher und machte launig weiter. Besucherfragen, die nicht komplett präzise formuliert waren, gab er verschmitzt an die Kandidaten weiter: "Mal sehen, was Sie daraus machen." Für Schmunzeln sorgte auch ein Geplänkel mit Oßwald, Müllers schärfstem Kritiker an diesem Abend ("Wo bleibt die Abrechnung der LGS?"). Der OB wollte während einer Antwort Oßwalds das Wort ein paar Mal schon an den Nächsten weitergeben. Dabei hatte der Kandidat von den Linken nur Kunstpausen eingelegt und war noch nicht fertig.   

> Wo waren die inhaltlichen Unterschiede? Satte drei Stunden und 19 Minuten dauerte der Abend, da Müller jeden Besucher, der eine Frage hatte, ans Mikro ließ. Unterschiede gab’s besonders beim Flugplatz: Oßwald und Jürgen Durke wollen das konventionelle Fliegen zurückfahren.

Differenzen beim Thema Gewerbeansiedelungen

Buchheit sprach sich für "Gewerbeansiedelungen mit Haltung" aus, wozu sie keine weiteren Logistikbetriebe zählt. Ibert plädierte dagegen dafür, "auch Arbeitsplätze für Geringqualifizierte zu schaffen".

Differenzen waren auch beim Lahrer Krankenhauses feststellbar. Ibert fürchtet "ein schleichendes Ausbluten", das er als OB verhindern werde. Auch Buchheit sicherte zu, "mit Zähnen und Klauen" für die Lahrer Klinik zu kämpfen. Oßwald betonte, man müsse die Arbeitsbedingungen in dem Haus verbessern, in dem "eine Million Überstunden" aufgelaufen sei. Optimistischer war Schöneboom, der sagte, Lahr habe zehn Kreisräte ("Ich bin einer davon"), die schon für eine gute Zukunft der Klinik sorgen würden.

Ein Güterverkehrszentrum (GVZ) am Flugplatz lehnen Durke und Oßwald ab, des Flächenverbrauchs und des Mehr an Verkehrs wegen. Ibert meinte, wer die Mobilitätswende befürworte, könne nicht gegen das GVZ sein. Wie Buchheit und Schöneboom betonte er, dass der Verkehr durch das GVZ nicht überhand nehmen dürfe.

Der Abend verlief ohne große Polarisierungen. Alle Kandidaten wollen einen besseren ÖPNV, eine gute Ausstattung der Schulen und eine Umstellung der Stadtverwaltung aufs Digitale, bei der der persönliche Kontakt zu den Bürgern nicht zu kurz kommt.

Info: Video online

Für alle, die nicht vor Ort waren: Auf der städtischen Internetseite www.lahr.de ist eine Aufzeichnung der Kandidatenvorstellung abrufbar. Eine Bildergalerie zur Veranstaltung gibt es hier

Info: Markus Ibert: "Die Nummer eins"

Von Jörg Braun

Die Aufregung als erster Redner ist Markus Ibert anzusehen. Er liest sogar die Begrüßung der Gäste von seinem Manuskript ab. Später wird er dann flüssiger und redet etwas freier. An seiner Rhetorik hat er offensichtlich gefeilt. Im blauen Anzug, krawattenlos, macht er gleich deutlich, dass er aus der Region kommt. Auch mit seinem Dialekt, den er gezielt  in seine Rede einbaut und auch ausdrücklich anspricht. Sein Projekt eines neuen Wohnviertels in Mietersheim spricht er an und  dass er ausdrücklich gegen jedwede China-Beteiligung am Flughafen sei. Das gibt Zwischenbeifall. Lahr könne noch viel stärker werden, gar »die Nummer eins der Ortenau«. Sein Versprechen, das Loch im LGS-See zu finden, sorgt für Lacher. Er überzieht die Zeit, OB Müller will ihn bremsen, doch Ibert macht ungerührt weiter und erntet kräftigen Applaus.

Beifall: 27 Sekunden

Jürgen Durke: "Ein großer Traum"

Von Jörg Braun

Er sei ein »Kind der Ortenau« stellt sich Jürgen Durke vor, in  schwarzem Anzug, ohne  Schlips.  Seine Leidenschaft zu Tieren kommt gleich  deutlich heraus. Später folgen konkrete Tierschutz-Ziele. Seine Ansprache liest er weitgehend ab, wirkt manchmal etwas hektisch und vernuschelt einige  kurze Sätze. »Ich träume gerade einen großen Traum«, sagt er. Als OB würde er als erstes den Klimanotstand ausrufen.  Den Flughafen würde er für Zeppeline und Musikfestivals nutzen. Eine Lahrer Wasserstoff-Produktion könnte zum Projekt werden. Zwischenbeifall ist zu hören, aber spärlich. Er fordert »Bewegung in den Köpfen« und ruft auf, ihm Rückhalt zu geben. Ob als OB oder als Gemeinderat? Bleibt offen.  Es gibt keinen konkreten Wahlaufruf in eigener Sache. Durke ist pünktlich fertig, es gibt guten Beifall, doch er wartet nicht, bis dieser verklingt, und geht.

Beifall: 17 Sekunden

Christine Buchheit: "Kein Weiter so"

Von Jörg Braun

»Tief verwurzelt in Südbaden« präsentiert sich Christine Buchheit im roten Blazer den Gästen zu Beginn ihrer Rede. Sie lächelt und das anfängliche Wackeln in der Stimme legt sich rasch. Ihre Rede hat sie weitgehend auswendig drauf, ganz selten nur ein Blick ins Manuskript. Wie OB Müller damals komme auch sie von außen nach Lahr, »meine Wahlheimat«. Sie wolle »raus aus den diplomatischen Konferenzräumen, raus auf die Straße«. Klimaschutz gelte es jetzt, sofort anzugehen. Busverkehr müsse verbessert werden. Lahr brauche eine Verkehrswende. Immer wieder Zwischenapplaus, den sie lächelnd genießt. Lahr sei »Weltmeister im Wandel« und auch jetzt dürfe es »kein einfaches Weiter so« geben. Für ihre Rede gibt es kräftigen Applaus, plus einzelne Rufe aus dem Saal.  Die Kandidatin tritt neben das Pult, pünktlich fertig, strahlt und lächelt.

Beifall: 27 Sekunden

Guido Schöneboom: "Umwelt OB-Sache"

Von Jörg Braun

Locker beginnt Guido Schöneboom: »Alemannen und Sachsen kommen gut miteinander aus«, meint er und spielt auf seine sächsische Herkunft an. Er sei ein »Dahergloffner«, Lahr aber längst seine Heimat. Mit Krawatte, nicht in wahlkampf-mintgrün, blickt er kurz auf seine Leistungen als OB-Vize zurück und dann nach vorn. Es werde mit ihm »kein Ausruhen oder Leerlauf geben«. Den »eingeschlagenen Weg« will er »mit eigenen Akzenten fortsetzen«. Immer wieder gibt’s kurzen Beifall. Er spricht ruhig und kraftvoll, wird zum Ende hin aber leicht hektisch. Noch zu viel, was er  als Pläne aufzeigen will. Klinik, Flughafen, Umwelt soll OB-Chefsache werden.   Passt nicht alles in ruhigen Worten in die 15 Minuten, die er aber gut einhält. Zum Ende wird er leidenschaftlich und bekommt kräftigen Applaus. Den kostet er aber nicht aus und  geht früh  von der Bühne.

Beifall: 16 Sekunden

Lukas Oßwald: "Wald statt See"

Von Jörg Braun

»Ich freue mich riesig!«, ruft Lukas Oßwald zum Start  in den Saal. Im roten Hemd steht er am Pult, spricht ruhig und in kurzen, klaren Sätzen, Aufregung lässt er sich nicht anmerken. Die Rede liest er weitgehend ab. Seit 30 Jahren sei Lahr seine Heimat, für die er als Gemeinde- und Kreisrat arbeite. Er erwähnt Gewerkschaft und Arbeit bei der Linken und seinen »lebenslangen Kampf gegen Rechts«. Die LGS sei »einfach zu groß« gewesen und es sei »ein Skandal«, dass sie noch immer nicht abgerechnet sei. Beifall und leise Buhrufe im Saal. Den LGS-See will er zum Stadtwald machen. Fliegen heize den Klimawandel weiter an, die Landebahn solle Gewerbefläche werden, Wohnen müsse wieder bezahlbar werden. Ein Schmankerl zum Ende: Lahrs Innenstadt  brauche mehr Biergärten. Er bekommt lauten Beifall und strahlt zufrieden. <span id="U340222537628XHG" style="letter-spacing:15;font-skew:15;"> jöb</span><br/> <symbol>n</symbol>

Beifall: 22 Sekunden