Reichenbach - Ungefähr 175 Isettas und BMW 600 sind am Samstagnachmittag vor der Geroldseckerhalle in Reichenbach zu bewundern gewesen. Die "Knutschkugeln" waren schon tags zuvor durch Lahr kutschiert und hatten erstaunte sowie neugierige Blicke geerntet.

Isetta-Fahren macht Spaß. Da ist sich ein Paar vom Bodensee sicher. Ehrensache, dass es seine Isetta getauft hat – auf den Namen "Marina". Er spielt auf der Gitarre auf der Fahrerseite, die Lebensgefährtin strickt in aller Seelenruhe daneben auf der Bank. Wie fühlt es sich an, in diesen Gefährten Platz zu nehmen? Das wollten etliche der unkundigen Besucher in Reichenbach wissen und einsteigen; die Kundigen – die stolzen Isetta-Fahrer – geben gern Nachhilfe.

"Eine Isetta lässt sich fahren wie jedes andere Auto auch", erklärt Norbert Schadt, der Vorsitzende des Isetta-Clubs. Das "Rollermobil" habe vier Gänge vorwärts, einen Rückwärtsgang und schaffe eine Spitzengeschwindigkeit von etwa 85 Kilometern pro Stunde, allerdings nicht lange am Stück. Bemerkenswert, dass eine Isetta aus der Nähe von Bremen etwa 750 Kilometer aus eigener Kraft bis nach Reichenbach bewältigt hat. Das dürfte die weiteste Anfahrt gewesen sein.

Die Treue der Besitzer zum "Rollermobil" ist legendär. Peter Huber aus Pforzheim hat mit seiner Isetta zum Beispiel alle 30 Jahrgangstreffen seit 1988 ohne Aussetzer besucht. Das Treffen am Wochenende hatte Walter Gyssler aus Reichenbach mit insgesamt 50 Helfern auf die Räder gestellt.

Höchsttempo beträgt 85 Stundenkilometer

Am Mittag tuckern die Isettas und BMW 600 nach und nach auf dem Parkplatz vor der Halle ein. Die eine Hälfte kommt von der Landesgartenschau, die andere Hälfte ist im Kinzigtal gewesen. Das erklären der Vorsitzende und der Organisator. Die Stimmung unter den Ankömmlingen ist gut. Etwa 350 Isetta-Liebhaber sind bei dem Treffen dabei.

Die Kleinwagen, die BMW nach einer Idee aus Italien entwickelte, wo auch der Name Isetta kreiert wurde, sind in Deutschland zwischen 1955 und 1962 gebaut worden. Der Kabinenroller wurde überraschend ein Verkaufserfolg. Günstiger war damals eben kaum ein anderes autobahn- und langstreckentaugliches Gefährt (siehe Infokasten). Dabei ist es ein mehr als spartanisches Minimalauto: eine Einstiegstür, eine Sitzbank, Einzylindermotor.

Unter den Isettas gibt es sogar echte Dreiräder, von denen einige auch in Reichenbach zu sehen sind. Die hatten bei ihrer Produktion den Vorteil, dass die nach den damaligen Gesetzen mit 16 Jahren und der Fahrerlaubnis Klasse vier gefahren werden durften. Heute, schätzen Schadt und Gyssler, gibt es in Deutschland noch etwa 2500 Gefährte, weltweit seien es etwa 4000. Gyssler hat alleine drei, zwei würde es im Schuttertal geben.

Phantasie haben die Besitzer alle, die Fahrzeuge in Reichenbach sind liebevoll restauriert und dekoriert. So gibt es eine Feuerwehr-Isetta, eine mit Polizeisirene und ein Taxi. Auch Wohnwagen in der Größe, dass sie von einer Isetta gezogen werden können, sind zu bewundern. Die Farben sind die des gesamten Regenbogens.

Info: Für BMW einst ein großer Erfolg

Nach dem Krieg hatte BMW zunächst nur Motorräder und eine Limousine, den "Barockengel", im Programm. Der war mit einem Preis von 15 000 Mark im Jahr 1952 nicht wirtschaftlich. Eine Isetta kostete dagegen nur 2580 Mark, das konnte sich der durchschnittliche deutsche Arbeitnehmer leisten. Die Isetta überbrückte eine Zeit, bis BMW erschwingliche Modelle der Mittelklasse entwickelte. Zwischen 1955 und 1962 verkaufte BMW rund 160 000 Exemplare des Rollercoupés.