Birgit König, Leiterin der Mediathek Lahr, findet sich zurzeit oft in der Krimiabteilung wieder: gerade liest sie Frank Goldmanns Krimi "Der Angstmann". Foto: Goltz

Leiterin spricht über den Alltag in der Stadtmediathek Lahr

Lahr. Krimi, Thriller oder lieber humorvolle Geschichten? Im Gespräch mit unserer Zeitung erzählt Diplom-Bibliothekarin Birgit König, seit 2008 Leiterin der Stadtmediathek, von begehrten Büchern und Veränderungen im Leseverhalten der Menschen.

Frau König, die Mediathek trug nicht immer diesen Namen. Wann und zu welchem Anlass wurde aus der Stadtbücherei die Mediathek?

Vor 140 Jahren – 1877 – hat Christian Jamm seine Büchersammlung der Stadt vermacht. Somit hatte Lahr eine Stadtbücherei für sich gewonnen. Wir haben uns 2012 zur Namensänderung entschlossen. Der Begriff der Mediathek soll vermitteln, dass es bei uns weitaus mehr als die klassischen Bücher gibt. Wir bieten circa 35 000 Bücher an. Die gesamte Palette reicht jedoch mit rund 50  000 Angeboten weit über die Bücher hinaus. Darunter zu finden sind unter anderem Zeitschriften und Zeitungen, DVDs und CDs sowie Computer- und Brettspiele. Auch virtuelle Medien wie e-books, e-audio und e-paper können bei uns geliehen werden.

Gibt es ein Buch, dass zurzeit sehr häufig gelesen wird?

Ja, das gibt es in der Tat. Der Krimi "Im Wald" von Nele Neuhaus. Wir haben aufgrund der Nachfrage bereits vier Exemplare eingekauft. Ein Blick auf die Bestellerliste zeigt uns, dass es derzeit noch sieben mal vorbestellt wurde.

Ist der Krimi auch das beliebteste Genre der Leser?

Das würde ich so nicht behaupten. Ich könnte nicht festmachen, welches Genre am meisten gelesen wird, aber es ist mit den Jahren eine Veränderung zu beobachten: In den 90er-Jahren wurden verstärkt problembeladene Geschichten gelesen. Bücher, die von Krieg und existenziellen Schwierigkeiten handeln. Dies hat enorm abgenommen. Mit den steigenden Arbeitsbelastungen und dem Gefühl, mithilfe der neuesten Medien "immer präsent sein" zu müssen, wollen sich die Menschen in ihrer freien Zeit mit einfacher Kost eindecken. Sie greifen daher oft auf lustige Geschichten zurück, die sich ohne Mühe – ohne groß nachdenken zu müssen – lesen lassen. Es soll nicht weitere Information in sie hereingepumpt werden, es soll fast schon ein Entfliehen davon sein. Das Wichtigste für einen Autor ist es heute, dass er mit seinem Buch den Leser in eine andere Welt entführt, in der die Problemen des Alltagsvergessen werden können.

Welcher Autor schafft das denn momentan bei Ihnen?

Jetzt bin ich aber froh, dass Sie mich nicht nach meinem Lieblingsbuch fragen, denn das habe ich nicht.

Das wäre meine nächste Frage gewesen.

(lacht) Es gibt so viele Bücher, die ich gut finde. Aber müsste ich mich entscheiden, würde meine Wahl auf "Demian" von Hermann Hesse fallen. Dieses Buch begleitet mich schon von meiner Jugend an und fällt mir immer wieder in die Hände. Und zu ihrer Frage zurück: Derzeit schließe ich mich den Krimi-Liebhabern an und lese das Buch von Frank Goldmann: "Der Angstmann", das im September letzten Jahres erschienen ist. Ein ausgesprochen gut geschriebener Roman. Er spielt in Dresden, zur Zeit des Zweiten Weltkriegs, in der Bombardierungen zum Alltag zählten. Und als sei dies nicht genug, treibt ein Frauenmörder noch sein Unwesen. Dass mir der Krimi so gut gefällt, liegt ein Stück weit auch daran, dass ich selbst aus Dreden komme und mich an den beschriebenen Schauplätzen bestens auskenne. Da schaudert es einen umso mehr.

Dieser Roman ist ja noch relativ "jung". Wie sieht es mit den älteren Exemplaren in der Mediathek aus? Wann werden Bücher aussortiert?

Das ist keineswegs vom Erscheinungsjahr der Bücher abhängig. Wir sehen uns jedes Jahr die Statistiken an und können somit einsehen, welche Bücher wie oft ausgeliehen wurden – oder eben nicht. Wir handhaben das wie mit einem Kleiderschrank: Bücher, die zwei oder drei Jahre nicht ausgeliehen werden, werden aussortiert. Kleidungsstücke, die Sie drei Jahre lang nicht tragen, tragen Sie auch im vierten Jahr nicht.

Würde ich nun ein Buch bei Ihnen leihen wollen, was müsste ich tun?

Sie müssten mit ihrem Ausweis zu uns kommen. Gegen ein Entgelt erhalten Sie dann einen Mediatheksausweis – und dann kann es auch schon losgehen.

Ich könnte mir also so viele Bücher ausleihen wie ich möchte?

Nicht ganz. Unbegrenzt könnten Sie beispielsweise Sachfilme ausleihen. Bei Büchern haben wir uns eine Grenze von 30 Expemplaren gesetzt – nicht, dass die Mediathek irgendwann einmal leer steht (lacht).

Und wie lange hätte ich Zeit zum Lesen?

Die Leihfrist der Bücher endet nach vier Wochen, kann aber bis zu zwei Mal verlängert werden.

Welche Altersklasse nutzt ihr Angebot am meisten?

Das ist bunt durchmischt. Insgesamt sind es 5500 aktive Nutzer – also Nutzer, die mindestens einmal im Jahr ein Buch bei uns ausleihen. Davon sind 2000 bis einschließlich zwölf Jahre alt. Aber auch die Zahl der Senioren steigt. Was wahrscheinlich auch unseren Aktionen zugrunde liegt. Wir bieten immer wieder Autorenlesungen, Bibliothektseinführungen und Wettbewerbe an.

Ist auch für den Tag des Buches etwas geplant?

Wir haben uns dagegen entschieden. Denn für uns ist jeder Tag "der Tag des Buches".  Fragen: Nadine Goltz

INFO

Stadtmediathek

Die Mediathek in Lahr bietet ein breites Angebot: von Büchern über Filme bis hin zu E-books. Die Anmeldung erfolgt mit Vorlage des Personalausweises. Bei Kindern und Jugendlichen wird zusätzlich die schriftliche Einwilligung der Eltern benötigt. Eine Jahreskarte für Erwachsene kostet 22 Euro, eine Partnerkarte 26 Euro. Kinder, Jugendliche bis 18 Jahre sowie Schüler, Studenten und Auszubildende bis 27 Jahre sind kostenfrei. Eine Gastkarte für einen Nutzungszeitraum von sechs Wochen kostet für Erwachsene sechs Euro. Die Mediathek hat dienstags, mittwochs und donnerstags von 10 bis 18 Uhr, freitags von 10 bis 16 Uhr und samstags von 10 bis 13 Uhr geöffnet. Weitere Informationen über die Einrichtung im Internet unter www.lahr.de/mediathek oder Telefon 07821/91 82 17.