Auch mit ihrem zweiten Pferd, der Stute Harley Quinn, hat Anna-Marlena Zehnle bereits einige Erfolge feiern können. Foto: Patrick Au Foto: Lahrer Zeitung

Porträt: Anna-Marlena Zehnle ist die erfolgreichste Reiterin des RV Lahr / Am Wochenende will sie ihren Ringmeistertitel verteidigen

Anna-Marlena Zehnle ist die wohl erfolgreichste Reiterin des RV Lahr und amtierende Ortenauer Ringmeisterin der Springreiter. Diesen Titel will die 27-Jährige am Wochenende gerne verteidigen – die Chancen dafür stehen nicht schlecht.

Es sieht nach Regen aus in Langenwinkel an diesem Dienstagmittag, die ersten Tropfen sind schon gefallen. Für Anna-Marlena Zehnle ist das keine Ausrede, sie war vor 15 Uhr schon bei ihren Pferden. "Ich bin jeden Tag mehrere Stunden hier", erzählt die Reiterin des RV Lahr.   Als Kind "Wendy" gelesen: Seit nunmehr 20 Jahren liegt Zehnles Glück auf dem Rücken der Pferde. Mit sieben Jahren ist die heute 27-Jährige mit einer Freundin zum ersten Mal zum Reiten gegangen, schon damals beim RV Lahr, der seine Reitplätze und Ställe in Langenwinkel hat. Ihr erstes eigenes Pferd bekam sie mit zwölf. "Ich fand Pferde schon vorher toll, die ›Wendy‹ habe ich immer gelesen", lacht die Springreiterin, die im Herbst vergangenen Jahres bei den Ortenauer Springmeisterschaften ihre erste Einzelmeisterschaft gewonnen hat.  Am Wochenende soll Titel verteidigt werden: "Das war bisher mein größter Erfolg", sagt sie rückblickend. Auch wenn sie davon etwas überrascht wurde. Denn ihr Pferd, der Fuchs Casper, zählt mit sechs Jahren noch zu den jungen Pferden. Am Freitag und Sonntag ist Zehnle nun mit der Mission Titelverteidigung beschäftigt. "Ich habe es vor", sagt sie. Bereits am Donnerstag steht zudem der Mannschaftswettkampf an.

Intensive Beziehung zum Pferd

Bereits seit mehr als drei Jahren reitet Zehnle auf Casper, seit Januar gehört er auch ihr. Spricht sie über ihn, hat sie ein Lächeln im Gesicht. "Es ist eine intensive Beziehung, die man mit seinem Pferd führt", erklärt Zehnle. "Ich hatte schon viele Pferde, aber eines wie Casper hatte ich noch nie." Dabei standen die ersten Monate der beiden noch unter keinem guten Stern. Am Anfang sei sie überhaupt nicht mit ihm zurecht gekommen, Casper hatte seinen eigenen Kopf. "Aber irgendwann hat’s dann funktioniert mit uns beiden", lacht sie. Und wie. Mittlerweile sieht sie ihn jeden Tag, hat ihn ausgebildet. "Er ist wie ein Kind", sagt sie. Und strahlt.  

Bei Werner Rode hat sie das Reiten gelernt

Casper stammt aus der Zucht des Lahrer Reitlehrers Werner Rode. Er war es auch, der Zehnle das Reiten beibrachte und lange Jahre ihr Trainer beim Reitverein Lahr war. Seit ein paar Jahren zieht er sich jedoch mehr und mehr aus der Trainingsarbeit beim RV zurück. Sein Nachfolger ist Tobias Schwarz aus Herbolzheim, der ebenfalls eine Pferdezucht betreibt und ein erfolgreicher Sprintreiter ist. "Aber Herr Rode ist auch noch da und gibt uns manchmal Tipps", erzählt die gebürtige Herbolzheimerin, die in Mahlberg lebt.  

Reiten statt Studium

Sie selbst ist ebenfalls an sieben Tagen in der Woche in den RVL-Stallungen in Langenwinkel. Und das trotz Berufstätigkeit. Bei Aldi in Mahlberg arbeitet sie im Büro und hatte bis Ende März eine 80-Prozent-Stelle, seit April hat sie die Arbeitszeit reduziert. Dort hat sie auch ihre Ausbildung gemacht. "Dann stand ich vor der Entscheidung Reiten oder Studieren – und habe mich fürs Reiten entschieden." Hauptgrund dafür war die Flexibilität, die ihr Arbeitgeber ihr bietet. So kann sie möglichst viel Zeit auf Pferderücken verbringen.

Sie selbst kommt dabei im Training oft zu kurz. Im Frühjahr hat der RV seinen Reitern daher einmal die Woche eine Fitnesseinheit angeboten. "Die erste war auf jeden Fall sehr anstrengend – aber über den Sommer haben wir es ein wenig schleifen gelassen", sagt Zehnle, die ansonsten im Training meist mit den Pferden arbeitet, mit einem Lachen. Gesprungen wird allerdings nicht so häufig. Vor allem in der Turniersaison stehen eher Regeneration und "Dressurarbeit" auf dem Plan. "Wichtig ist vor allem, dass Gas und Bremse funktionieren", erklärt Zehnle.  

Zehnle bildet Pferde aus

Neben Casper besitzt sie auch noch ein zweites Pferd, eine Stute namens Harley Quinn. Und auch wenn Casper ihr Lieblingspferd ist und die eigenen Pferde Priorität haben, reitet Zehnle auf mehreren Pferden – pro Tag meist zwischen drei und vier. Meist sind die Pferde sehr jung und werden von ihr ausgebildet. Später können die Pferde dann vom Züchter – sowohl Pferde von Werner Rode und Tobias Schwarz wurden und werden von ihr ausgebildet – verkauft werden. Als Ausbilderin könne sie dann am Verkauf beteiligt werden. Leben kann die 27-Jährige davon jedoch nicht. "Reiten ist für mich ein Hobby", sagt sie. Jedoch ein zeitintensives und "teures Hobby", gute Springpferde kosten oft soviel wie ein Kleinwagen. "Man benötigt das gewisse Kleingeld", sagt auch Zehnle, die bisher hauptsächlich von ihren Eltern unterstützt wird. "Ihnen habe ich alles zu verdanken."  

Ein kostspieliges Hobby

Denn auch wenn es sportlich für sie in den vergangenen beiden Jahren sehr gut lief – reich werden kann man von den Preisgeldern, die es auch auf Nicht-Profi-Niveau durchaus gibt, nicht. Zumindest nicht in der M**-Klasse, in der Zehnle bisher aktiv war. In diesem Jahr hat sie mit Casper aber auch ein S-Springen – die höchste Kategorie – absolviert. "Das war richtig gut, aber danach haben wir noch mal langsam gemacht. Casper ist ja auch erst sieben Jahre alt", erklärt Zehnle. Damit ist ihr Pferd gerade alt genug, um in der höchsten Kategorie zu starten.  

Baden-Classics als Fernziel

Bei den Baden-Classics im Februar will sie dann aber in der internationalen Konkurrenz mit Casper starten. Der Grand Prix, bei dem die Topstars der Szene reiten, sei dann aber doch noch eine Nummer zu groß. Und wird es wohl auch immer sein. "Für die Weltspitze wird es sicher nicht reichen", ist Zehnle realistisch.

 Spaß ist das Wichtigste

Doch das muss es auch gar nicht, der Spaß steht im Vordergrund. Diesen sieht man ihr auch an, als sie Casper an jenem regnerischen Dienstag sattelt. Schließlich soll auch ihr Pferd auf dem Bild gut aussehen. "Er ist aber genauso unfotogen wie die Reiterin", scherzt Zehnle, die derzeit wohl die erfolgreichste Reiterin des RV Lahr ist. Dem Verein will sie treu bleiben. "Ich war immer beim RV Lahr, daran wird sich auch nichts ändern", sagt sie. Über die Erfolge in Zukunft muss man sich also beim Lahrer Reitverein vorerst keine Sorgen machen. Der zweite Ringmeistertitel kann ja vielleicht schon am Sonntag gefeiert werden.