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SHV-Präsident über Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Vereine, die Pläne für das kommende Jahr und den neuen Modus, der vielleicht sogar zum Zukunftsmodell werden könnte

Seine ersten eineinhalb Jahre als Präsident des Südbadischen Handballverbands (SHV) hat sich Alexander Klinkner sicher anders vorgestellt. Seit Anfang März steht für ihn und seine Präsidiumskollegen eigentlich nur noch ein Thema ganz oben auf der Agenda: Corona und der Umgang des Verbands mit dieser Pandemie.

Im Gespräch mit unserer Zeitung blickt der SHV-Präsident zurück auf ein ungewöhnliches Jahr mit wenigen Spielen und vielen Videokonferenzen. Außerdem spricht er über die mögliche Verlängerung der Saison, den neuen Modus als mögliches Modell für zukünftige Spielzeiten und warum der Verband Mitte November angekündigt hatte, Mitte Dezember wieder spielen zu wollen.

Herr Klinkner, seit März bestimmt die Corona-Pandemie auch die Geschehnisse im Amateursport. Haben Sie noch einen Überblick, wie viele Videokonferenzen Sie in dieser Zeit in den Gremien hatten?

Ich habe ja das Glück, dass ich in unterschiedlichen Vorständen vertreten bin. Auf DHB-Ebene sind wir sicher zwischen 10 und 20, für Baden-Württemberg sicherlich um die 50 und für Südbaden waren es ähnlich viele.

Hätten Sie denn im Frühjahr erwartet, dass das restliche Handball-Jahr so von der Pandemie betroffen sein wird?

Im März war mir relativ schnell klar, dass Corona ein Thema sein wird, dass uns mehr als ein paar Wochen beschäftigen wird. Persönlich habe ich aber nicht geglaubt, dass wir auch in der neuen Saison so unter diese Belastung kommen.

Ein zeitnahes Ende scheint derzeit ja auch noch nicht in Sicht zu sein, erst kürzlich wurden die geltenden Beschränkungen bis zum 10. Januar verlängert. Hat das direkte Auswirkungen auf die Handball-Saison, die ja Ende Januar weitergehen soll?

Es gibt keine aktuelle Beschlussfassung. Wir haben aber weiterhin ein wachsames Auge darauf, ob die Einschränkungen über den 10. Januar hinausgehen. Wir werden jetzt aber nicht nach jeder Videokonferenz der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten eine außerordentliche Präsidiumssitzung abhalten. Wir warten jetzt die nächsten zwei bis drei Wochen ab und entscheiden dann neu.

Gibt es denn schon ein Szenario für den Fall, dass Sport erst in Richtung März oder April wieder möglich ist?

Unsere Spieltechniker schauen sich das an. Wie wir schon kommuniziert haben, ist im Aktivenbereich vor allem wichtig, dass wir die Saison so beenden, dass wir Auf- und Absteiger ermitteln. Im Jugendbereich steht die Qualifikation für die Wettbewerbe der neuen Saison im Vordergrund.

Mitte November hatte der SHV angekündigt, am 12./13. Dezember den Spielbetrieb wieder aufnehmen zu wollen, wenn dies möglich ist. Von einigen Vereinen gab es darauf Kritik. Wie sehen Sie das?

Grundsätzlich ist es unser satzungsmäßiger Auftrag, Handballspielen zu ermöglichen. Ein weiterer Aspekt war, dass wir von einzelnen Vereinen gehört haben, dass ein Zielbild fehlt, gerade auch im Jugendbereich. Um den Vereinen eine Orientierung zu geben, haben wir das Ziel formuliert – wissend, dass der Termin sportlich wird. Ebenso müssen wir zugeben, dass wir bewusst das Risiko der Kritik eingegangen sind.

Würden Sie im Nachhinein betrachtet das Ganze heute noch mal so machen?

Etwas flapsig ausgedrückt, würde ich retrospektiv wohl eher sagen: Lasst uns warten, was die Politik in ein paar Tagen entscheidet.

Sie haben eben den Jugendbereich angesprochen. Haben Sie Sorge, dass der Jugendhandball in Südbaden durch die mittlerweile zwei Zwangspausen beeinträchtigt wird?

Ich befürchte immer stärker deutliche Änderungen in den Strukturen bei den Vereinen. Aber hier haben wir ein heterogenes Bild. Ich bin überzeugt, dass Vereine, die über digitale Kanäle in Kontakt mit den Spielern bleiben, stabiler durch die Krise kommen.

Aber ich befürchte durchaus, dass wir die ein oder andere Mannschaft verlieren werden. Das Thema Gemeinschaft kommt in der Pandemie in manchen Vereinen leider zu kurz. Die Initiative "Handball gegen Corona" setzt da an. Sie legt nicht nur Wert auf körperliche Bewegung, sondern auch auf das Thema Digitalisierung, sowohl für die Kommunikation im Verein als auch nach außen.

Wie ist das zu verstehen?

Die Außenkommunikation wird immer wichtiger, weil es derzeit den Sozialisierungspunkt Heimspieltag nicht gibt. Denn der Austausch untereinander, das Treffen in der Sporthalle, die Gemeinschaft ist eines der Kernelemente unserer Sportart.

Denken Sie denn, dass die Saison 2021/22 wieder halbwegs normal laufen wird?

Das ist natürlich eines unserer Hoffnungsbilder, dass wir in der Saison 2021/22 wieder normal Handball spielen können.

Dann auch wieder im klassischen Modus mit Hin- und Rückrunde?

Das weiß ich nicht. Es gibt Vereine, die sagen, dass es mit dem neuen Modus der Qualifikation und der Meister- und Abstiegsrunde zwei Saisonhöhepunkte gibt. Für Vereine besteht darin auch die Chance, dass es zwischen September und Januar fast nur Lokalderbys gibt. Die Entscheidung, wie wir in der Runde 2021/22 spielen, werden wir mit den Vereinen treffen.

Und was wäre Ihre Idealvorstellung für das erste Halbjahr 2021?

Meine Idealvorstellung wäre, dass der "Lockdown light" die Wirkung gezeigt hat, die wir uns alle erhoffen, sodass eine Öffnung des gesellschaftlichen Lebens vertretbar ist. Ich hoffe, dass dazu auch der Sport in der Gemeinschaft gehört. Was unsere Runde angeht, glaube ich aber, dass wir sie verlängern müssen.

Verlängern über den geplanten Terminkalender hinaus oder sogar in den Juli hinein spielen?

Im ersten Schritt müssen wir über unseren Rahmenterminkalender hinaus gehen. Ob wir dann über den 30. Juni hinaus spielen sollten, müssen wir schauen. Wenn wir die drei Wochenenden vor den Sommerferien aber brauchen, hätte ich auch davor keine Scheu. Fragen von Felix Gieger