Kai Ilter (links) und Michael Schmiederer vor der Eingangstür des Modehauses Zinser – die beiden großen Banner an der Tür machen auf die Aktion "Wir machen auf..." aufmerksam, an der sich das Unternehmen beteiligt. Foto: Schabel

Wirtschaft: Geschäftsleute beteiligen sich an "Wir machen auf..."-Aktion / Situation sei existenzbedrohend

Lahr - Lahrer Einzelhändler wollen die verordneten Schließungen nicht mehr länger hinnehmen. Es müsse bald ein Ende des Lockdowns oder angemessene Entschädigungen geben, fordern sie – sonst werde eine Pleitewelle durch die Stadt rollen.

"Wir machen auf..." prangt seit Donnerstag in großen Buchstaben in den Schaufenstern mehrerer Innenstadtgeschäfte. Erst wer näherkommt, erkennt den kleingedruckten Zusatz "...merksam" auf den Plakaten.

Auf macht so schnell niemand hier – genau da liegt das Problem, das mit der bundesweiten Einzelhandels-Aktion in den Blick gerückt werden soll. Das Bündnis "Wir machen aufmerksam" will die Öffnung der Geschäfte vor Ort erreichen – oder Entschädigungen, die wirklich helfen. Dieser Aktion hat sich die Lahrer Werbegemeinschaft angeschlossen.

Modebranche besonders betroffen

Kai Ilter, der das Modehaus Zinser in Lahr leitet, und Michael Schmiederer, Inhaber von Feldmüller-Fank, wollen wieder öffnen dürfen. Sie sind überzeugt, dass ihre Hygienekonzepte vor dem Lockdown gut funktioniert haben. Die beiden stehen am Donnerstagmittag der Presse Rede und Antwort, wollen auf ihre Situation aufmerksam machen. Von der Politik fühlen sie sich im Stich gelassen.

"Auch die Einzelhändler sind auf der Intensivstation, Und es ist nicht sicher, wie viele aus dem Koma wieder erwachen werden", sagt Ilter. Er prognostiziert, dass "in vier bis sechs Wochen eine massive Pleitewelle durch die Innenstadt rollen wird", wenn nicht bald etwas passiert, der Lockdown beendet wird.

 Finanziell am Ende

Die Probleme verdeutlicht Ilter am Beispiel der Modekette Zinser, die mit acht Häusern in Baden-Württemberg 2019 einen Umsatz von 87 Millionen Euro machte. Der Verlust durch den Lockdown habe den Gewinn der letzten zehn Jahre vernichtet. Trotz Kurzarbeit, von der 90 Prozent der insgesamt 660 Mitarbeiter (davon 35 in Lahr) betroffen seien, und dem Abbau von Arbeitsplätzen müsse man weiter Fixkosten bezahlen, etwa für Miete oder Heizung. Das werde man nicht mehr lange durchstehen.

Ilter und Schmiederer betonen, dass es nicht um den Verstoß gegen die Corona-Regeln gehe, die würden sie alle einhalten. Mit der Aktion solle vielmehr deutlich werden, dass viele Einzelhändler finanziell am Ende seien.

 Staatliche Hilfen reichen nicht

Schmiederer beschreibt vor allem auch die Ungewissheit als Problem, das Hin und Her. Erst auf-, dann wieder zumachen. Er zitiert Kanzlerin Merkel, die jetzt gesagt haben soll, sie rechne mit einer Verlängerung der harten Maßnahmen für noch zwei weitere Monate. "Was soll ich mit so einer Aussage anfangen? Was soll ich meinen Lieferanten sagen?", so Schmiederer ratlos. In der Modebranche brauche man Planungssicherheit.

Die beiden betonen, dass die Winterware in den Geschäften liegt und unabsehbar sei, wann sie verkauft werden kann. Gleichzeitig sei die Frühlingsware bereits bestellt und müsse bezahlt werden.

Ein großes Problem sei die fehlende Unterstützung. Die von der Bundesregierung geplanten Hilfsprogramme für den Einzelhandel würden nicht ausreichen, um eine Pleite- und Schließungswelle zu verhindern, seien außerdem zu kompliziert angelegt. "Mein Steuerberater ist nicht in der Lage, mir zu sagen, ob ich Überbrückungshilfe für November und Dezember kriege", so Schmiederer.

 Kritik an der Politik

Schmiederer macht aus seinem Ärger über die Politik keinen Hehl, nennt namentlich Wirtschaftsminister Peter Altmaier und Finanzminister Olaf Scholz. Von den beiden würde man in TV-Talkshows schöne Sätze hören, doch die wirklichen Probleme des Einzelhandels würden sie nicht kennen. "Die Politiker sollen mal dahin kommen, wo es weht tut. Nämlich zu uns", so Schmiederer.

Mit dabei bei dem Termin ist auch Sarina Metzger. Die Leiterin der Werbegemeinschaft-Geschäftsstelle hat Poster mit dem "Wir machen aufmerksam"-Slogan dabei, die sie am Donnerstag an die Mitgliedsbetriebe verteilt. Alle, die sie gefragt habe, wollten mitmachen und die Poster bei sich aufhängen, sogar die, die tatsächlich öffnen dürfen, freut sie sich.

Protestaktion ist legal

Die Aktion der Lahrer Einzelhändler ist nicht zu verwechseln mit der Querdenker-Initiative "Wir machen auf", in deren Rahmen tatsächlich Läden geöffnet werden sollen. Dagegen wollen die Teilnehmer der Einzelhandels-Aktion "Wir machen aufmerksam" ihre Türen für die Kunden geschlossen halten, solange der Gesetzgeber es vorschreibt. Ihr Ziel ist es, auf legale Weise ihre Probleme zu verdeutlichen.