Thomas Seitz im Bundestag: Im Anschluss an seine Reha in Königsfeld will der AfD-Mann Mitte März auf die Berliner Polit-Bühne zurückkehren. Foto: Nietfeld

Corona-Pandemie: AfD-Politiker bleibt auch nach schwerer Erkrankung skeptisch

Lahr - Er ist dem Tod von der Schippe gesprungen. Dennoch will der AfD-Bundestagsabgeordnete Thomas Seitz nach seiner schweren Corona-Erkrankung nichts von einer Pandemie wissen, wie er im Interview mit der LZ erklärt. Eine klare Meinung hat der 53-Jährige auch zu den Maßnahmen der Regierung und zum Impfen.

Herr Seitz, die wichtigste Frage zuerst: Wie geht es Ihnen?

Ich will es so ausdrücken: Das Wohlbefinden ist wiederhergestellt, aber die volle Leistungsfähigkeit noch in deutlicher Entfernung. Im Ruhezustand ist alles gut, die Belastbarkeit fehlt allerdings noch. Ich habe ein Sauerstoffgerät verordnet bekommen, mit dem ich kurze Spaziergänge schaffe. Das Arbeiten am Schreibtisch klappt inzwischen wieder ganz gut.

Es heißt, Sie hätten abgenommen ...

Ja, rund 20 Kilo.

Aus dem Krankenhaus ließen Sie mitteilen, dass die Ärzte Ihnen zwischenzeitlich eine "schlechte Prognose" gaben. Wie war Ihre gesundheitliche Situation?

Das weiß ich nur vom Hörensagen. Der Notarzt hat mich sofort sediert. Ich habe zwar noch geatmet, aber der Körper war nicht mehr in der Lage, Sauerstoff aufzunehmen. Ich lag im künstlichen Koma und habe keinerlei Erinnerungen an die Anfangszeit im Lahrer Klinikum. Nach einigen Tagen war ich dann stabil, nach zehn Tagen gab es nochmal eine kurze Krise.

Ihre Erkrankung hat im Internet für viel Hohn und Spott gesorgt. Manche forderten sogar, dass man Sie nicht behandeln sollte. Was hat das in Ihnen ausgelöst?

Als AfD-Politiker bin ich es gewohnt, mit Hass bis hin zu Todesdrohungen überzogen zu werden. Aber meine Frau hat es sehr mitgenommen. Sie war ohnehin in einer furchtbaren Belastungssituation. Der Notarzt hatte ihr als erstes gesagt, dass sie die nächsten Angehörigen informieren solle, da ich es vielleicht nicht schaffe. Mit dieser Ungewissheit lebte sie längere Zeit. Als dann die Häme kam, hat sie das hart getroffen.

Viele haben sich gefragt, ob Ihre Erkrankung bei Ihnen für ein Umdenken bezüglich der Gefährlichkeit von Corona sorgt. Sind Sie geläutert?

Ich habe nie die Existenz oder die Gefährlichkeit des Virus geleugnet. Zu sagen, es sei eine Erfindung, ist Blödsinn. Die Frage ist aber, welche Gefahr es für die Gesamtbevölkerung darstellt. Für Alte und Vorerkrankte ist sie fraglos sehr groß.

Für die Masse der Bevölkerung ist Corona aber ein statistisch kleines Lebensrisiko. Die Jungen und Gesunden, die schwer erkranken oder gar sterben, sind die absolute Ausnahme, auch wenn das für die Betroffenen und ihre Angehörigen natürlich in jedem einzelnen Fall eine persönliche Katastrophe bedeutet. Wir haben aber keine Pandemie im Sinne einer Seuche wie einst die Pest oder die Pocken, die jeden bedroht haben.

Mehr als 50.000 Corona-Tote alleine in Deutschland sagen etwas anderes.

Das sehe ich nicht so. Wir hatten 2020 keine Übersterblichkeit. Wie gesagt: Eine große Gefahr besteht nur für Risikogruppen. Viele der Corona-Toten wären wahrscheinlich auch ohne diesen Virus in einem gewissen Zeitraum gestorben, sonst hätte es 2020 eine Übersterblichkeit geben müssen.

Im November sorgten Sie für einen Eklat im Bundestag, als Sie mit einer Löcher-Maske ans Rednerpult traten. Würden Sie das nochmal tun?

Ich sehe es nicht als Fehler an. Es war aus meiner Sicht vielmehr ein notwendiger Protest gegen die Maßnahmen der Regierung. Dazu zählt die Maskenpflicht, die viele Menschen in einer trügerischen Sicherheit wägt. Aber um Ihre Frage zu beantworten: Wiederholen würde ich das nicht mehr, einmal ist genug.

Was kritisieren Sie an den Maßnahmen der Regierung?

Ich kritisiere sie nicht, ich halte sie für völlig falsch. Der Schutz der Hochrisikogruppen funktioniert auch nach neun Monaten noch nicht. Die Infektionszahlen gehen jetzt zwar überall zurück, aber der Lockdown ist so, als schieße man mit einer Schrotflinte auf eine Mücke.

Man trifft, verursacht aber unverhältnismäßig große Kollateralschäden. Während es noch immer keine ausreichenden Schutzkonzepte für Pflegeheime und Krankenhäuser gibt, sind die sozialen und kulturellen Folgen immens. Das ganze Ausmaß wird sich erst in ein paar Jahren zeigen. Die wirtschaftlichen Probleme zeigen sich schon heute

Wann sieht man Sie wieder im Bundestag?

Ich hoffe, bei der Sitzungswoche Mitte März wieder dabei zu sein. Wichtige Arbeiten erledige ich bereits jetzt von zu Hause aus. Ab dem 8. Februar gehe ich für drei Wochen in Reha. Danach, denke ich, wird vieles leichter sein.

Wo geht’s hin zur Reha?

Nach Königsfeld.

Wissen Sie, wo sie sich angesteckt haben?

Nein, aber ich halte die Bahn für am wahrscheinlichsten, weil ich in den zwei Wochen davor mehrfach mit Nahverkehrszügen gefahren bin, die recht voll waren. Grundsätzlich geht vom ÖPNV meiner Ansicht nach mit das größte Infektionsrisiko aus.

Die AfD-Abgeordneten im Landtag protestierten vergangene Woche gegen die Corona-Maßnahmen, indem sie sich weigerten, Masken zu tragen. Fischt Ihre Partei bei Corona-Leugnern nach Stimmen?

Die Zahl derer, die tatsächlich die Existenz des Virus infrage stellen, ist klein. Aber wenn Sie die Menschen meinen, die auf den Straßen demonstrieren, um ihre Freiheit zurückzubekommen, dann kann ich sagen: Ja, für die sind wir die einzig wählbare Alternative.

Lassen Sie sich impfen?

Im Moment nicht, in ein, zwei Jahren vielleicht. Nach dieser kurzen Zeit sind die Risiken der Impfstoffe noch unklar und die Wirksamkeit nicht bewiesen, da warte ich lieber noch ab. Ich habe allerdings Zweifel an der Impfung, weil das Virus so mutationsfreudig ist.

Es wird wahrscheinlich wie bei der Influenza so sein, dass jedes Jahr ein Impfstoff zusammengestellt wird, von dem man dann hofft, die aktuelle Saison gut abdecken zu können. Das wird in einem Jahr dann besser, im anderen schlechter klappen.

"Zuversichtlich" für nächste Runde

Thomas Seitz (53) sitzt seit 2017 als AfD-Abgeordneter des Wahlkreises Emmendingen-Lahr im Bundestag. Zuvor arbeitete er als Staatsanwalt im Bereich Verkehrsrecht in Freiburg. Wegen mehrerer umstrittener politischer Äußerungen, unter anderem über Flüchtlinge, entschied das Richterdienstgericht am Landgericht Karlsruhe 2018, Seitz aus dem Beamtendienst zu entfernen.

Damit könnte er nicht mehr auf seinen alten Posten zurückkehren, er würde auch seine Pensionsansprüche verlieren. Die Berufungsverhandlung soll, wie berichtet, am 18. März beim Dienstgerichtshof für Richter beim Oberlandesgericht Stuttgart stattfinden. Im Gespräch mit der LZ erklärte Seitz, er sei "zuversichtlich, dass man dort den Sachverhalt differenzierter und genauer betrachtet".