"Gang durch die Geschichte": Stadtführer Joachim Knoche (rechts) mit dem Ehepaar Ruth und Heinrich Hansen Foto: Baublies

Führung: "Gang durch die Geschichte" in der Stiftskirche / Grabstätte der Geroldsecker?

Lahr - Die Lahrer Stiftskirche stammt aus dem 13. Jahrhundert und geht auf die Herren von Geroldseck zurück. Der "Gang durch die Geschichte", zu dem das Stadtmarketing am Samstag eingeladen hatte, bot Einblicke in 800 Jahre Stadtgeschichte.

Stadtführer Joachim Knoche zeigte beim Rundgang um die erste Lahrer Pfarrkirche und in der Basilika, wie spannend Lokalgeschichte sein kann. Sicher ist, dass eine kleine Marienkirche "Unserer lieben Frau" um 1267 existierte. Walter I. von Geroldseck, der um 1220 die Tiefburg (erhalten ist heute noch der Storchenturm) errichtet hatte, gründete 1259 einen Stift, im Vermächtnis seiner verstorbenen Frau Heilika. Vier Mönche errichteten eine erste Kapelle, die im heutigen Chor der Kirche nur noch zu erahnen ist.

Aus der Kapelle wird eine dreischiffige Basilika

Die Frage nach dem Warum kann laut Knoche bis heute nicht beantwortet werden. Sollte die Kirche eine Grabstelle für die Geroldsecker sein? Unter dem heutigen Altar, wo sich die Marienkapelle des 13. Jahrhunderts – archäologisch nachweisbar – befunden hatte, wurden zwar Gräber gefunden, allerdings erst aus der Barockzeit. Grabstätten Walters oder der Heilika sind nicht erhalten, wenn es sie hier denn je gegeben hat.

Die Kirche wurde schnell größer. Ende des 13. Jahrhunderts erhielt Lahr das Stadtrecht. Aus der Kapelle wurde eine dreischiffige Basilika. 1412 war die Kirche fertig, 1492 wurde aus der Stiftskirche die erste Lahrer Pfarrkirche. Die Pfarrrechte gingen vom Dorf Burgheim auf die Stadt über. 1550 wurde Lahr protestantisch. Die Stiftskirche ist es bis heute. Neun Jahre später nennt die Chronik Johann Wolphius als ersten protestantischen Pfarrer.

Im heutigen Denkmalhof zeigte Knoche alte Zeichnungen der Stiftskirche, die architektonisch unverändert bis in das 19. Jahrhundert Bestand hatte. Die heutigen Stützen der Basilika, ein charakteristisches Merkmal, sind Mitte des 19. Jahrhunderts aufgemauert worden. An der Südseite zeigte der Stadtführer einige Details, die Belege lieferten, dass ein kleiner Teil der heutigen Stiftskirche tatsächlich noch aus dem Mittelalter stammten. Das gilt zum Teil auch für den Denkmalhof: Hier hatte der erste Friedhof der Kirche gelegen. Der Friedhof auf der Westseite wurde im 18. Jahrhundert angelegt und 1912 aufgegeben. Seitdem gibt es den Bergfriedhof.

Die Kirche heute ist im Wesentlichen im 19. Jahrhundert entstanden. So wurde der neugotische Turm nach den Stützpfeilern in den 1870er-Jahren neu gebaut. Der alte Turm war einsturzgefährdet. Tragisch ist die Geschichte der Orgel. Die Stiftskirche war im Besitz einer echten Silbermannorgel. Es war – so ein Abriss am Eingang der Kirche – im Jahr 1782 die letzte Arbeit des berühmten Straßburger Orgelbauers Johann Andreas Silbermann.

Große Schäden im Zweiten Weltkrieg

Die Orgel musste ausgelagert werden, als der Turm neu gebaut wurde. Das Instrument verbrannte im Dachgeschoss der damaligen Luisenschule (heute Rathaus II), als ein Schüler anno 1875 ein Feuer legte. Die heutige Orgel stammt aus dem Jahr 1963. Der Straßburger Ernst Mühleisen baute das mächtige Instrument nach den Plänen Silbermanns neu auf.

Die Kirche wurde am Ende des Zweiten Weltkriegs beschädigt. So sind die Glocken aus Eisenguss im Jahr 1953 eingebaut worden. Nur eine Glocke stammt noch aus dem Jahr 1712. Die Innenarchitektur mit den Fenstern und den hellen, warmen und eher schmucklosen Wänden entstand ebenfalls erst nach dem Krieg. Dafür gab es eine damals moderne Dampfheizung bereits am Ende des 19. Jahrhunderts.

Ob es am schönen Wetter gelegen hat, an der Masken- oder Testpflicht? Das Interesse an der Führung zur Geschichte der Stiftskirche war überschaubar. Das Gute: Dadurch wurde der Vortrag von Stadtführer Knoche zu einem Dialog – was den Rundgang besonders spannend machte.