Daniel Stelter (von links), Itamar Erez, Yuliya Lanskaya und Lulo Reinhardt haben ihr Publikum im Schlachthof begeistert. Foto: Haberer Foto: Lahrer Zeitung

Konzert: Vier Spitzenmusiker gastieren im Schlachthof / Höhepunkt ist ihr gemeinsamer Auftritt

Lahr. Die "Nacht der Gitarren" hat absolute Spitzenmusiker und ausgesuchte Gitarrenvirtuosen gemeinsam auf die Bühne gebracht. Doch die Faszination flirrender Gitarrenläufe manifestierte sich erst im gemeinsamen Finale.

Das Format wurde vor 23 Jahren für die USA entwickelt. Lulo Reinhardt, ein Spross aus der Dynastie des legendären Schnuckenack Reinhardt, hält dort seit knapp einem Jahrzehnt die Zügel in der Hand. Er steht auch hinter dem deutschen Ableger des Gitarrenfestivals, das seit vier Jahren besteht und am Samstagabend zum zweiten Mal im Schlachthof gastierte. Das Konzept: Vier Ausnahmegitarristen gehen gemeinsam auf Tournee, servieren ausgesuchte Solostücke, stehen in wechselnden Duoformationen gemeinsam auf der Bühne.

Das Publikum in Lahr wurde überrollt von einer fast atemberaubenden Virtuosität, lauschte filigran aufbereiteten Gitarrenklängen, tauchte ein in einen bemerkenswerten Stilmix. Viel zu oft stand dabei aber die Soloperformance im Vordergrund, das Schaulaufen im Alleingang, im Duo mit wechselnden Partnern. Das ganze Potenzial der musikalischen Begegnung offenbarte sich erst im gemeinsamen Finale, in dem die Karten noch einmal ganz neu gemischt wurden. Urplötzlich agierte nun ein echtes Quartett. Lustvoll spielte es sich die Bälle zu, erfüllte den Raum mit schwirrenden Gitarrenklängen und groovenden Klangkaskaden. Angesichts der Tatsache, dass sich die vier seit vielen Jahren kennen und etliche Tonträger gemeinsam produziert haben, dass ihrem Auftritt in Lahr bereits 18 Konzerte vorangegangen waren, hätte man an dem Punkt etwas mehr erwarten können.

Der in Koblenz lebende Lulo Reinhardt und Daniel Stelter aus Ingelheim sind ein eingespieltes Team, das seit einiger Zeit auch regelmäßig mit der klassischen Gitarristin Yuliya Lanskaya (Weißrussland) am Start ist. Alle drei sind mit Itamar Erez befreundet, einem seit einigen Jahren in Kanada lebenden Israeli.

Lulo Reinhardt servierte zum Einstieg zwei Stücke seines neuen Albums "Gypsy meets India", Yuliya Lanskaya tauchte ein in das Spannungsfeld zwischen Klassik und Folklore, zwischen Osteuropa und Lateinamerika. Ihre Gesangseinlagen öffneten ein zusätzliches Fenster voller Charme und Ausdruckskraft. Itamar Erez führte die Harmonien des Orients mit spanischen und brasilianischen Klängen zusammen, entpuppte sich als der Feingeist des Quartetts. Tausendsasa Daniel Stelter brillierte als Multistilist mit sehr viel Gespür.

Nach der Pause folgte dann eine Reihe wechselnder Duos, die einen Prozess der langsamen Verdichtung einleiteten. Lulu Reinhardt und Yuliya Lanskaya landeten in Sibirien, Reinhard und Stelter öffneten den Raum für freie Passagen und Improvisationen. Astor Piazzollas "Libertango" markierte dann den Einstieg in das Finale der flirrenden Gitarren. Es knisterte und prickelte nun urplötzlich, die Atmosphäre verdichtete sich in einem leider viel zu kurzen Sinnesrausch, den das Publikum mit stehendem Applaus belohnte.