Gebürtige Kuhbacherin Leonie Biehler kann heute feiern

Kuhbach/Friesenheim - Ein Geheimrezept für ihre geistige Vitalität mit 100 Jahren hat Leonie Biehler nicht. Vielmehr wirkt die kleine Dame wie die personifizierte Bescheidenheit. "Da gibt es nichts Besonderes", sagt die Frau, die am heutigen Samstag ihren 100. Geburtstag feiert. Mit den Fingern deutet sie auf einen Zentimeter ein kleines Gläschen an und meint: "Hin und wieder zum Nachtessen vielleicht ein winziges Gläschen Rotwein."

Bis zu ihrem 96. Lebensjahr hat sie in ihrem Häuschen in Kuhbach in der Kuhbacher Hauptstraße 17 allein gelebt. Dort, wo sie auch geboren wurde – "an einem Sonntagnachmittag um drei Uhr", wie sie erzählt.

Leonie Biehler, geborene Herrmann, spricht von einer "ganz normalen Kindheit". Aufgewachsen ist sie in gut bürgerlichen Verhältnissen. Ihr Vater Wilhelm Herrmann führte mit seinem Kompagnon das Großhandelsunternehmen "Herrmann und Licht." Bekannt war der Betrieb in der Kaiserstraße 44 in Lahr für beste Textilien, Kurzwaren und Schreibwaren.

Als gute Schülerin wechselte Leonie Biehler nach der vierten Klasse an die Oberrealschule in Lahr. Nach der mittleren Reife ging sie ihrer Mutter im Haushalt zur Seite. Auf ein Jahr Haushaltsschule am Bodensee folgte der Ruf der Mutter, unbedingt wieder nach Hause zu kommen und sie im Haushalt zu unterstützen. "Ich habe praktisch meinen kleinen Bruder aufgezogen", so Biehler. Aber auch der Vater brauchte dringend Unterstützung im Unternehmen, wo sie bis zur ihrer Rente "als Mädchen für alles" eingesetzt war.

Gemessen an ihrem Lebensalter war ihr nur ein ganz kurzes persönliches und privates Glück vergönnt. 1937 lernte sie ihren künftigen Ehemann Anton Biehler beim Tanz in Kuhbach kennen. Der Beginn des Zweiten Weltkriegs riss das junge Paar auseinander. Aus Italien habe ihr Verlobter wunderschönen Stoff geschickt, aus dem die Hausnäherin ein Brautkleid geschneidert habe. 1944 kehrte Anton Biehler zur Trauung in der Kuhbacher Dorfkirche zurück. Kaum einen Tag später ging es wieder zurück in den Kriegseinsatz. Leonie Biehler hat nie mehr etwas von ihm gehört. Vermisst in Rumänien oder in der Tschechoslowakei, mehr als eine Vermutung und ein kleines Schwarzweiß-Foto auf der Kommode ist ihr nicht geblieben.

"Ich habe alle Institutionen angeschrieben", sagt Leonie Biehler. Bis heute wüsste sie gern, wo ihr Mann verblieben ist. Trost fand sie auch in ihrem starken Glauben. Im Zimmer im Seniorenheim Kursana in Friesenheim liebt sie vor allem ein kleines Gemälde in Öl, das die Brudertalkapelle in Kuhbach zeigt.

Ihren 100. Geburtstag organisieren ihre Nichten, die regelmäßig im Seniorenheim vorbeischauen.