Geht davon aus, dass die Corona-Krise für den Rechtsbereich noch Monate und Jahre spürbar sein wird: der Lahrer Anwalt Peter Korn. Foto: Privat

Corona: Anwalt spricht über Pandemie aus rechtlicher Sicht / "Es wird um die Frage gehen, wer für die Misere verantwortlich ist"

Lahr - Der Alltag in Zeiten von Corona ist schnelllebig geworden. Ereignisse überschlagen sich beinahe täglich, neue Lockerungen prägen auch den Lahrer Alltag. Für Rechtsanwälte wie Peter Korn von der Kanzlei "Jürgenmeyer und Partner" ist das eine neue und auch spannende Zeit. Als Freiberufler hat Korn während des Ausbruchs der Pandemie weitergearbeitet. Das Virus hat aber auch seinen Alltag verändert.

Herr Korn, sitzen Sie während der Corona-Krise im Home Office?

Nein. Als Freiberufler war ich nie im Home Office, wir durften ja weiter praktizieren. Als Kanzlei sind wir in unserem Haus dann auf Abstand gegangen und haben die geforderten Hygienemaßnahmen umgesetzt.

Hat sich ihr Alltag in diesen Zeiten geändert?

Im Wesentlichen hat er sich nicht geändert. Wir müssen derzeit einfach deutlich mehr kleinere Dinge wie Schutzmaßnahmen berücksichtigen. Was mich persönlich angeht, so hat der Stress zugenommen.

Wie äußert sich das?

Meine Arbeitszeit verschiebt sich jetzt häufig in die Nacht hinein. Meine Frau und ich sind beide berufstätig. In eine Notgruppe wollten wir unsere Kinder nicht stecken, weil wir den Anspruch haben, ihnen Hilfestellungen für die Schule zu geben und uns um sie zu kümmern. Durch die Umstellung kommt es nun nicht selten vor, dass meine Mandanten auch E-Mails nach Mitternacht bekommen. Das ist sicher nicht gesund, aber ich bin bestimmt auch nicht der Einzige, der das gerade so praktiziert.

Haben Sie weiter persönliche Besprechungen mit Klienten oder nutzen Sie Video-Chats?

Es kommen weiterhin Mandanten zu uns. Es gibt aber viele, die extrem vorsichtig geworden sind und deshalb zu Hause bleiben. Mit Mandanten kann man Dinge auch am Telefon besprechen, dafür braucht man kein Video. Es sind eher die Älteren, die einen trotzdem sehen wollen. Videokonferenzen nutzen wir eher nur bei Vorstandstreffen von Vereinen oder bei Fortbildungen.

Also sind Hausbesuche nur die Ausnahme?

Ja, in der Regel treffen wir uns in der Anwaltskanzlei. Sollte ein Klient dann aber auf einen Hausbesuch bestehen, obwohl wir versucht haben, die Angelegenheiten am Telefon zu klären, dann gehen wir natürlich auch vorbei. In diesen Fällen geht es meist um Erb- oder Testament-Angelegenheiten, wo die Mandanten zur Risikogruppe gehören und den persönlichen sowie vertrauensvollen Kontakt brauchen. Genau wie wir Anwälte.

Wie laufen solche Hausbesuche dann ab?

Bislang musste ich in ein, zwei Fällen jemanden wegen Erbschaftsangelegenheiten zu Hause besuchen – unter Berücksichtigung der empfohlenen Schutzmaßnahmen. Von dem Mandanten bekam ich dann zu hören: ›Ich würde gerne ihr Gesicht sehen‹. Ich musste dann leider auf die Sicherheit verweisen, was dann aber auch akzeptiert wurde. Das Verständnis ist aber nicht immer da. Für manche älteren Menschen fühlt es sich etwas komisch an, wie wir Menschen uns aktuell verhalten, weil sie früher ganz andere Dinge unter deutlich kritischeren Bedingungen durchgemacht haben.

Gibt es für Sie aktuell positive Momente?

Für mich als Jurist ist das eine hochspannende Zeit, die weder der Gesetzgeber noch die Regierungen so vorhergesehen haben. Das trifft uns alle unerwartet. Derzeit wird alles ›not-verkündet‹. Für mich ist es spannend, wie das im Nachhinein alles bewertet wird. Gibt es Entschädigungs- oder Schadenersatzansprüche? Vieles wurde von der Exekutive entschieden, was die Judikative nun bewerten muss. Gefühlt entsteht hier derzeit ein neues Rechtsgebiet.

Welche Beratungsthemen werden gerade verstärkt nachgefragt?

Das variiert. Dass wir uns dabei auch mit dem Corona-Recht beschäftigen müssen, bleibt natürlich nicht aus. Das bildet aber nicht den Schwerpunkt unserer Arbeit. Es kommt vor, dass uns Unternehmen bei Insolvenzfragen kontaktieren, obwohl wir ja keine Insolvenzverwaltungskanzlei sind. Aber da wir generell Unternehmen beraten, ist es klar, dass diese gerade jetzt, über mögliche Haftungen und Risiken informiert werden wollen. Unsere Bereiche sind vielfältig: Arbeits-, Erb-, Gesellschafts-, Steuer- und auch Baurecht sowie viele weitere Themen.

Haben Sie ein aktuelles Corona-Fallbeispiel?

Anfang April, als die Geschäfte noch grundsätzlich schließen mussten, bat mich ein Unternehmer in akuter Existenznot um Hilfe. Es gelang uns, die zuständige Behörde davon zu überzeugen, dass er öffnen durfte, weil er überwiegend mit Waren handelt. Für diese sah die Corona-Verordnung eine Ausnahme von der Schließungspflicht vor.

Verspüren Sie nach solchen "Siegen" eine innere Genugtuung?

Ich will immer gewinnen und das erreichen, was für meinen Mandanten das Optimum ist. Wenn das gelingt, ist das auch für mich eine Freude.

Wie bewerten Sie die aktuelle Lage aus juristischer Sicht?

Das Gros kommt noch. Die Folgen werden uns noch jahrelang beschäftigen. Dabei wird die Frage im Vordergrund stehen ›Wer ist für die Misere verantwortlich?‹