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Studie zeigt: schienengebundene Transportmittel derzeit zu teuer

Von Lena Marie Jörger

Einen schienengebundenen Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) wird es in Lahr so bald nicht geben. Kosten und Nutzen liegen bislang zu weit auseinander, wie eine Machbarkeitsstudie ergeben hat.

Lahr. Um herauszufinden, ob ein spurgebundenes ÖPNV-Angebot vom Bahnhof in die Innenstadt und gegebenenfalls bis ins Schuttertal möglich ist, hatte die Stadt beim Verkehrswissenschaftlichen Institut Stuttgart (VWI) eine Potenzialanalyse in Auftrag gegeben. VWI-Geschäftsführer Stefan Tritschler stellte sie am Mittwoch im Technischen Ausschuss vor.

So viel vorneweg: Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass sich die Anstrengungen vorrangig auf die Fortentwicklung des bestehenden ÖPNV konzentrieren sollten. Als Vorschläge werden die Beschleunigung des Busverkehrs – zum Beispiel durch Busfahrstreifen – und die Verringerung des Kohlenstoffdioxidausstoßes durch elektrisch angetriebene Busse genannt. Außerdem könnte der Service für Fahrgäste verbessert werden, aber auch tarifliche Maßnahmen gehören zu den Anregungen.

Wie Tritschler berichtete, wurden für die Studie Systeme wie eine klassische Straßenbahn, eine Straßenbahn auf Gummirädern, eine Zweisystembahn, eine Einschienenbahn und eine Seilbahn unter die Lupe genommen. Untersucht worden sei auch, ob ein Oberleitungsbus oder ein Bus mit neuartigem Antriebssystem infrage komme.

Für alle Systeme seien mögliche Trassenverläufe im Hauptkorridor zwischen Bahnhof und Schlüssel und Verlängerungen Richtung Offenburg, Richtung Flugplatz und Gewerbegebiete sowie Richtung Seelbach und Schuttertal diskutiert worden.

Das Ergebnis zeigt: Die Investitionskosten für alle Systeme sind sehr hoch. Für die 3,5 Kilometer lange Strecke zwischen Bahnhof und Schlüssel beispielsweise liegen sie laut Tritschler bei 43,2 bis 55,2 Millionen Euro netto. Kostentreiber seien unter anderem die zweigleisige Führung und die hohe Anzahl umzubauender Knotenpunkte. Eine Verlängerung vom Schlüssel nach Seelbach (6,6 Kilometer) würde mit etwa 42,3 bis 54,1 Millionen Euro netto zu Buche schlagen. Dazu müsste ein Betriebshof eingerichtet werden, am besten im Gewerbegebiet. Die zusätzlichen Investitionen würden sich für die kürzestes Variante von 1,6 Kilometern auf 19,8 bis 25,3 Millionen Euro belaufen. Die zusätzlichen Investitionen für eine Zweisystem-Lösung würden auf 5,4 bis 6,9 Millionen Euro netto geschätzt.

Zweisystembahn am ehesten realistisch

Am ehesten, so das Fazit der Ingenieure, komme eine Zweisystembahn zwischen Schlüssel und Offenburg oder sogar Straßburg in Frage.

SPD-Stadtrat Walter Caroli betonte, er halte eine solche Zweisystembahn für die Zukunft für realistisch. Im Hinblick auf die vorgestellten Varianten betonte er: "Die Kosten sind schlichtweg zu hoch". Caroli sprach sich dafür aus, vorerst lieber den bestehenden ÖPNV "mit mehr Mitteln" zu verbessern.

Ilona Rompel, Vorsitzende der CDU-Fraktion, stimmte dem zu. Kosten und Nutzen stünden in keinem Verhältnis. Die Zweisystembahn-Variante bezeichnete sie als "absolute Zukunftsmusik". Drängendere Themen, mit denen man sich beschäftigen müsse, seien der Bundesverkehrswegeplan und eine Entlastungsstraße für Kuhbach und Reichenbach.

Annerose Deusch (FW) betonte ebenfalls, dass eine Zweisystembahn derzeit nicht realistisch sei. Eine Entlastung der Straßen, vor allem in Richtung Schuttertal, sei aber "wünschenswert".

Dorothee Granderath (Grüne) und Claus Vollmer, Sprecher der Grünen-Fraktion, sagten, es müsse ein Umdenken in der Bevölkerung stattfinden, sodass mehr Menschen den ÖPNV nutzen. Vollmer sagte, im Moment sei es "politisch absurd", sich mit der Einrichtung eines schienengebundenen ÖPNV näher zu befassen. "Autofahren ist zurzeit noch viel zu billig", so der Grünen-Stadtrat. Es sei aber keine Frage des Geldes, sondern die Frage, wofür man es verwende.

Die Machbarkeitsstudie wurde von einem Arbeitskreis begleitet, bei dem Oberbürgermeister Wolfgang G. Müller, Gemeinderäte, Vertreter der Interessengruppen, Mitarbeiter der Stadtverwaltung, die Ortsvorsteher von Kuhbach und Reichenbach sowie die Bürgermeister von Seelbach und Schuttertal mitwirkten. Die Gemeinden Seelbach und Schuttertal beteiligten sich mit je 2500 Euro an der Analyse.

Bei einer Enthaltung (Rudolf Dörfler, CDU) hat der Technische Ausschuss die Abschlusspräsentation zu der Analyse zur Kenntnis genommen. Damit wird die Verwaltung beauftragt, die alternativen Handlungsempfehlungen im Hinblick auf Realisierbarkeit und Verbesserungspotenzial zu prüfen.