Ende Oktober könnte der Prozess gegen Markus Erhart zu Ende sein. Unser Foto entstand bei Prozessbeginn. Foto: Schabel

"Flach und nichtssagend". Gruppe aus Lahr bei Prozess

Mannheim/Lahr - Der frühere Lahrer Dekan Markus Erhart hat gestanden, seine Kirche um hohe Summen betrogen zu haben. Obwohl das Gericht zunächst Zweifel hatte, wird ein Urteil für Ende Oktober erwartet.

Eine kleine Gruppe ist extra aus Lahr angereist, um das Geständnis des ehemaligen Dekans vor dem Mannheimer Landgericht zu hören. Doch sie sind enttäuscht. "Das war flach und nichtssagend", sagt eine Frau, die ihren Namen nicht nennen möchte. Sie war lange Zeit ehrenamtliches Mitglied im Rat des Caritasverbands Lahr, den Erhart um fast 200 000 Euro geschädigt haben soll. "Wir beten für ihn, damit er zur Einsicht kommt, doch das ist er nicht."

Auch das Gericht hat zunächst Zweifel, ob das fünfminütige Geständnis, das der 54-Jährige mit monotoner Stimme von einem Zettel abliest, für ein Urteil ausreicht. Erhart spricht darin vom "Wunsch", finanziellen Nutzen aus seiner Tätigkeit beim Caritasverband zu ziehen; er räumt ein, Schwachstellen in der Organisation sowie das Vertrauen der Menschen in ihn als Pfarrer ausgenutzt zu haben; er sagt, dass er "diesen durch mein Fehlverhalten entstandenen Schaden, auch den immateriellen" sehr bedaure und er hoffe, "dass mir die Personen, deren Vertrauen ich missbraucht habe, irgendwann verzeihen können".

Die Kammer unter Vorsitz von Oliver Ratzel hört schweigend zu und zieht sich dann zur Beratung zurück. Ergebnis: Es sind noch Fragen offen. Eigentlich hatten sich Verteidigung, Staatsanwaltschaft und Gericht am Montag auf eine verfahrensverkürzende Absprache verständigt, zu erwartende Strafe: rund vier Jahre. Voraussetzung für einen solchen Deal ist aber ein plausibles Geständnis. Laut Anklage hat der Ex-Dekan den Caritasverband, die Pfarrgemeinde und den Ursulinenkonvent in Mannheim mit fingierten Rechnungen, falschen Belegen und nicht existierenden Projekten um 228  000 Euro gebracht. Was das Gericht von Erhart hören will, um Untreue und Betrug feststellen zu können, ist: Hat er dies bewusst getan?

Bis nach der Mittagspause können der Angeklagte und sein Anwalt Edgar Gärtner über diese Frage nachdenken. Am Ende bleibt der Deal bestehen, der Ex-Dekan räumt ein, "insgeheim" gewusst zu haben, dass seine Rechnungen "nicht rechtens" waren. Seine finanziellen Verhältnisse seien so angespannt gewesen, dass er die Gelder, die er der Barkasse der Pfarrgemeinde entnommen und im Rahmen eines Pilgerprojekts eingefordert habe, niemals rechtzeitig hätte zurückzahlen können. Richter Ratzel zeigt sich damit zufrieden. In einer Woche soll als voraussichtlich letzter Zeuge ein Polizeibeamter gehört werden. Danach könnten Verteidigung und Staatsanwaltschaft ihre Plädoyers halten – und dann könnte ein Urteil fallen.

Info: Entsetzen

Wie konnten sich Caritas und Gemeinde so viele Jahre betrügen und belügen lassen? Schließlich saßen, so erzählen es die Gemeindemitglieder draußen vor dem Landgericht, im Caritasrat Leute, die gewusst haben müssten, dass da etwas nichts stimmte. Doch denen sei die Sache irgendwann zu heiß geworden, sagt eine Frau. Oder sie hätten kapituliert: vor den ständigen Streitereien mit Erhart, vor dem immer wieder vorgebrachten Argument, das habe die Erzdiözese so abgesegnet, vor den Drohungen für berufliche Konsequenzen. Ähnliche Verhältnisse hätten im Stiftungsrat der Pfarrgemeinde geherrscht. Manchmal habe der Geistliche 100 Rechnungen mitgebracht, mit Summen jeweils unter 100 Euro. "Das hat der Stiftungsrat dann so unterschrieben." Er sei vom rechten Wege abgekommen, sagte der Ex-Dekan. Eine Frau meint: "Er sagt das ohne Emotionen. Ich bin entsetzt."