Der Prozess gegen den Ex-Dekan, hier mit dem Rücken zur Kamera, löste vor zwei Jahren ein großes Medienecho aus. Der Priester wurde zu vier Jahren Haft verurteilt. Jetzt wurde er wegen guter Führung vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen. Foto: Archiv - Schabel

Justiz: Geistlicher wegen guter Führung entlassen / Kirchliches Verfahren läuft noch

Lahr - Der frühere Lahrer Dekan sitzt nicht mehr hinter Gittern, wegen guter Führung ist er vorzeitig aus der Haft entlassen worden. Dem Kleriker steht noch ein kirchenrechtliches Verfahren bevor.

Geistlicher wegen guter Führung vorzeitig entlassen 

Ex-Dekan E. ist vor Wochen freigekommen. Das hat sein Anwalt Edgar Gärtner auf LZ-Nachfrage bestätigt.

 Wegen Betrugs war der Ex-Dekan am 29. Oktober 2018 von der Großen Wirtschaftsstrafkammer des Mannheimer Landgerichts zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Zu dem Zeitpunkt hatte er bereits ein Jahr in Untersuchungshaft hinter sich, das auf seine Strafe angerechnet wurde. Bei vollem Absitzen der vier Jahre wäre das Haftende erst gegen Ende des Jahres 2021 gewesen.

Dass der Kirchenmann nun früher frei ist, ist keine Überraschung. E. hatte sich im Verfahren reuig gezeigt und gestanden. Sein Mandant akzeptiere das Urteil und wolle diesen Abschnitt seines Lebens hinter sich bringen, erklärte sein Anwalt Gärtner.

Die geistliche Gerichtsbarkeit wartet noch auf E. Dieses Verfahren ist in vollem Gange, hat Michael Kasiske, Pressesprecher des Erzbischöflichen Ordinariats Freiburg, auf LZ-Nachfrage bestätigt. Nach dem Mannheimer Urteil habe das kirchliche Gericht Tausende von Aktenseiten sichten und selbst Zeugen befragen müssen, eine Aufgabe, die sich durch die Pandemie verzögert habe. Mittlerweile sei die Beweisaufnahme allerdings abgeschlossen. Der Kirchenanwalt bereite sein schriftliches Plädoyer vor.

Für die Dauer des kirchlichen Verfahrens sei es E. untersagt, "die priesterlichen Vollmachten öffentlich auszuüben". Er dürfe sich auch nicht an seinem bisherigen Dienstort aufhalten. Sein früheres Büro im Pfarrhaus ist für ihn also vorerst tabu. Das Verbot ende automatisch mit dem Abschluss des kirchlichen Verfahrens. Danach gelte das, was im Urteil festgelegt wird, so Kasiske.

Die Kirchenbasis in Lahr hatte bereits nach dem Mannheimer Urteil gefordert, dass E. nicht weiter im kirchlichen Dienst, gar als Pfarrer beschäftigt werden dürfte. So stand es in einem offenen Brief eines Gemeindeteams. Ein Wunsch, der bei Erzbischof Stefan Burger auf offene Ohren stieß. In seinem Antwortschreiben erklärte der Erzbischof, er werde sich dafür einsetzen, dass der ehemalige Dekan nach der Strafverbüßung nicht erneut einen pastoralen Dienst übernimmt.

Eine mögliche Sanktion für E. wäre die Laizisierung, der Entzug der Priesterrechte, so Kasiske. Grundsätzlich sei nach Abschluss des kirchlichen Gerichtsverfahrens eine Entscheidung über den weiteren Einsatz von E. zu treffen. Es gelte aber die Zusage des Erzbischofs, dass er keinen kirchlichen Dienst in der Erzdiözese mehr erhält.

Auf die Frage, ob es nach dem Fall E. Änderungen im Ordinariat gegeben hat, teilt Kasiske mit, dass die Aufsichts- und Gremienstruktur "eingehend überprüft" worden sei. Danach habe es zwar kleinere Anpassungen gegeben, insgesamt seien die Strukturen jedoch als effizient betrachtet worden, obwohl sie nicht jeden Missbrauch verhindern könnten.

Der Lahrer Caritasverband hatte den Ex-Dekan in einem zivilrechtlichen Verfahren auf Schadenersatz verklagt. Hier erging 2019 das Urteil zugunsten des Verbands, der daraufhin von einer Versicherung einen Teil der Schadenssumme erstattet bekam.

E. hatte den Caritasverband um insgesamt rund 200 000 Euro betrogen (siehe Info-Box). Wie hoch die Summe ist, die davon noch aussteht, behält der Verband auf Nachfrage für sich. Man habe einen auf 30 Jahre gültigen Vollstreckungstitel, teilt Katharina Beck von der Lahrer Caritas mit. Allerdings ist E. hochverschuldet, bei ihm dürfte in nächster Zeit nichts zu holen sein.

Nach dem Fall E. hatte es bei der Lahrer Caritas Änderungen gegeben, "wir haben auf die Strukturen draufgeguckt", so Beck. Es gab eine Satzungsänderung und einen neuen hauptamtlichen Vorstand, dem neben Beck noch Mirko Poetzsch angehört.

Das Controlling sei überarbeitet und das zuvor gemeinsame Sekretariat von Caritas und Pfarrbüro getrennt worden. Man habe nun auch getrennte Postfächer. "Die inhaltliche Zusammenarbeit mit der Pfarrgemeinde ist weiterhin gut", betont Beck im Gespräch mit unserer Redaktion.

Johannes Mette ist der Nachfolger von E. als Dekan. Die beiden haben nie miteinander gesprochen, denn als Mette nach Lahr kam, saß E. bereits hinter Gittern. Er habe ihn lediglich vor 17 Jahren Mal kurz gesehen, bei einem Pfarrexamenskurs, äußert Mette über seinen Vorgänger. Er kenne ihn im Grunde gar nicht und wolle nichts Schlechtes über ihn sagen, so Mette auf Nachfrage.

E. galt, solange er Dekan war, als "abgehoben", als einer, der nicht die Nähe der Gläubigen suchte. Demgegenüber sagt Mette, dass ihm "die Kommunikation, das miteinander Reden und voneinander Wissen" besonders wichtig sei.

Als Pfarrer ist Mette auch Vorsitzender des Stiftungsrats der Pfarrgemeinde, der wichtige Entscheidungen trifft, etwa über Personalfragen und Ausgaben. Seit Mette da ist, berichtet der Stiftungsrat regelmäßig dem Pfarrgemeinderat. Unter E. war das anders. Diese Intransparenz hatte er genutzt, um Ausgaben zu verschleiern.

Auf die Stimmung in der Pfarrgemeinde angesprochen, sagt Mette, dass die Menschen nach vorn blicken und die Vergangenheit ruhen lassen wollten. Einige Gläubige hätten sich aber daran gestört, dass E. nicht entlassen wurde, sondern eine Mindesversorgung bezieht.

Einen Schaden von rund 240 000 Euro hatte E. beim Ursulinenkonvent in Mannheim, der Lahrer Pfarrgemeinde und  vor allem beim  Caritasverband, bei dem er ehrenamtlich Vorsitzender des Caritasrats war, verursacht.

Vor Gericht hatte der Ex-Dekan eingeräumt, in mehr als 70 Fällen fingierte Rechnungen, die auf eine Firma in Estland liefen, an den Lahrer  Caritasverband gerichtet zu haben. Tatsächlich war der Geistliche an der Firma mitbeteiligt, und diese überwies ihm das Geld dann in weiten Teilen auf sein Privatkonto.

Außerdem  ließ E. sich für ein erfundenes Projekt für ar- beitslose Jugendliche in Spanien vom Ursulinenorden 21 000 Euro geben. Der Barkasse  der Lahrer  Pfarrgemeinde entnahm er   Geld, das er für private Zwecke nutzte und am Ende  nicht mehr zurückzahlen konnte. 

Diese Taten  hätten dazu gedient, einen  hedonistischen Lebensstil zu finanzieren, hieß es in der Urteilsbegründung des   Landgerichts.