Ernst Jäger Foto: cbs

Der frühere Kämmerer wird 100 Jahre alt. Im Krieg schwer verletzt

Sulz/Ichenheim - Auf der Fensterbank von Ernst Jäger steht ein Schachbrett. Mindestens einmal am Tag wird im Hause Jäger eine Partie gespielt. Trainingspartnerin ist seine Pflegehilfe Agatha Kaminskie. "Sie lernt es noch", sagt Ernst Jäger, der heute seinen 100. Geburtstag feiert.

Ernst Jäger hat mit 23 Jahren seinen linken Arm und sein rechtes Bein durch einen Granatsplitter verloren. Die gesamte Lebensplanung wurde auf den Kopf gestellt. Nie habe er sich unterkriegen lassen. "Ich bin noch immer da", sagt er mit einem schelmischen Lächeln und verweist auf einen elektrischen Rollstuhl, der ihm eine gewisse Unabhängigkeit beschert. Nach wie vor ist er am Geschehen in Sulz und Umgebung interessiert. Strahlend erzählt er über sein Leben. Für seine ehrenamtlichen Verdienste in Vereinen, Verbänden und Gesellschaft erhielt er 1987 die Landesehrennadel. Bei deutschen Meisterschaften hat er sich an die Spitze der Athleten geschwommen und so im Alter von 62 Jahren Jahren die Teilnahme an den Olympischen Spielen der Versehrten in Holland gesichert.

Im Alter von 16 Jahren erlernte der gebürtige Ichenheimer das Bäckerhandwerk und verbrachte sein Gesellenjahr in Baden-Baden und Schwenningen. Zuvor arbeitete er zwei Jahre bei dem Landwirt und Wagner Fässler. 1938 ging es zum Arbeitsdienst und später zum Wehrdienst. Kriegseinsätze in Slowenien, auf dem Balkan und Russland folgten. Bei Rostow am Asowschen Meer geriet er in einen Granathagel und verlor Oberarm und Oberschenkel. Drei Jahre lag er im Lazarett in Freiburg und schulte quasi im Krankenbett um zum kaufmännischen Angestellten. 1944 war er Beschäftigter der Spar- und Darlehenskasse Ichenheim. Von 1945 bis 1974 war bei der Gemeindeverwaltung für die Gemeindekasse verantwortlich. "Ich habe immer gut mit diesen fünf Fingern gearbeitet", sagt er stolz.

Nicht nur sein Posten als Kämmerer forderte seinen persönlichen Einsatz. Vereine standen Schlange und baten um Übernahme von Schriftführer- oder Rechnerämter. In 13 Vereinen gehörte er dem Vorstand an. Jäger war Bezirksjugendobmann im Fußball, Schriftführer der Vereinsgemeinschaft Ichenheim, der Sportfreunde Ichenheim, Vorsitzender des Fußballvereins, Schriftführer und Kassierer des CDU-Ortsverbands Ichenheim, Elternbeiratsvorsitzender sowie Mitglied des Pfarrgemeinde- und Stiftungsrats, Kassierer und Schriftführer der Versehrtensportgruppe, des Sozialverbands und stellvertretender zweiter Vorsitzender des Schachclubs. Immer waren es die arbeitsintensiven Posten, die Jäger übernommen hat. "Ich hab es sehr gern gemacht", sagt er.

In zahlreichen Vereinen engagiert

1976 zog Ernst Jäger mit Ehefrau Edeltraud Jäger – Ehefrau Monika verstarb 1962 – ins neue Heim in Sulz. Das Haus wurde rollstuhlgerecht erbaut. Ehefrau Edeltraud verstarb 2016. Ernst Jäger hat sich nie aufgegeben. Sein Motto: "Nicht rauchen, nicht trinken, einfach gesund leben und morgens aus dem Bett." Ernst Jäger konnte immer alles machen – Auto fahren, Motorrad fahren am Sport teilnehmen. Täglich liest er mehrere Zeitungen und bewahrt sich so den Einblick ins Kommunal- und Weltgeschehen.