Lahr - Die Seelsorgeeinheit "An der Schutter" hat wieder einen Leiter, Johannes Mette hat am Sonntag in der Kirche Sancta Maria seinen ersten Gottesdienst gehalten. Gegen seinen Vorgänger Markus Erhart wird weiter ermittelt.

Erhart wird vorgeworfen, kirchliche Institutionen um eine sechsstellige Summe betrogen zu haben. Seine Aufgaben als Leiter der Seelsorgeeinheit und Dekan hatte er Anfang September abgegeben -– offiziell aus gesundheitlichen Gründen. Zu dem Zeitpunkt hatten die Prüfer allerdings längst Verdacht geschöpft. Mitte Dezember ist Erhart dann festgenommen worden.  

> Staatsanwaltschaft ermittelt: Zum Stand der Untersuchungen gegen den früheren Lahrer Dekan mochte die Mannheimer Staatsanwältin Isa Böhmer am Montag auf Nachfrage keine Angaben machen. In der Wirtschaftsabteilung der Staatsanwaltschaft Mannheim würden die Ermittlungen gegen Erhart von einem einzelnen Dezernenten koordiniert, dem die Kripo zuarbeite, so ihre Auskunft. Ob sich in den vergangenen Wochen die Verdachtsmomente gegen Erhart erhärtet haben und wann ein möglicher Prozess gegen ihn eröffnet wird – bei diesen Fragen hält die zuständige Schwerpunktstaatsanwaltschaft sich bedeckt. Böhmer bestätigte aber, dass Erhart sich nach wie vor in Untersuchungshaft befindet.

Dem früheren katholischen Dekan wird vorgeworfen, Kontrollstrukturen umgangen zu haben, um sich von kirchlichen Institutionen wie der Caritas oder der Sozialstation Rechnungen für eine eigene Firma bezahlen zu lassen. Dabei soll er Belege für Beratertätigkeiten eingereicht haben, die es nie gegeben hat.  

> Interne Aufarbeitung: Diese Vorgänge werden zurzeit in Mannheim geprüft. Doch auch in der Seelsorgeeinheit selbst hat gleich nach der Verhaftung Erharts die Aufarbeitung begonnen. Dabei ist nach Informationen unserer Zeitung besonders die Rolle des Stiftungsrats in den Blick genommen worden. Das Gremium hat neun Mitglieder, die auch dem Pfarrgemeinderat "an der Schutter" angehören. Als Leiter der Seelsorgeeinheit hätte Erhart den Stiftungsrat bei finanziellen und rechtlichen Fragen, bei Vertragsabschlüssen und der Haushaltsplanung einbeziehen müssen. Das ist offenbar nicht oder nur unzureichend geschehen, sodass das Gremium seine Kontrollfunktion nicht erfüllen konnte. Von Erharts Nachfolger Johannes Mette wird erwartet, dass er viel enger mit dem Stiftungsrat zusammenarbeitet.

 > Optimismus bei Mette: Der neue Leiter der Seelsorgeeinheit hat im Januar seine Dienstwohnung im Pfarrhaus von Heilig Geist bezogen, in der zuvor bereits Erhart gewohnt hatte. Am Freitagabend nahm Mette an einem Mitarbeiterdank in Seelbach teil – sein erster offizieller Termin als Leiter der Seelsorgeeinheit –, am Sonntag hat er dann seinen Begrüßungsgottesdienst abgehalten. Er sei von den Gläubigen mit "großer Herzlichkeit und großer Freude" aufgenommen worden, so schilderte Mette die Eindrücke von seinen ersten Tagen im neuen Amt. Nun werde er mit den Mitarbeitern Termine für Einzelgespräche vereinbaren, um das Team kennenzulernen. Gegenüber unserer Zeitung betonte der Geistliche auch, dass es ihm sehr wichtig sei, seelsorgerisch tätig zu sein.

Über seinen Vorgänger Erhart hatte es in Kirchenkreisen geheißen, dass er ein guter Verwalter gewesen sei, während viele Gläubige mit seinem Engagement als Seelsorger eher unzufrieden waren und ihn als "abgehoben" schilderten. Mette ist das auch zu Ohren gekommen, doch er betone den seelsorgerischen Teil seiner Tätigkeit nicht, um sich von seinem Vorgänger abzugrenzen, sondern weil ihm dieser Aspekt seiner Arbeit ein großes Anliegen sei.

 > Empfang mit offenen Armen: Herrscht nun Aufbruchstimmung in der Seelsorgeeinheit, nachdem die fünfmonatige Vakanz an der Spitze beendet ist? "Das ist ein starkes Wort, ich würde eher von Erleichterung sprechen", sagt Martin Wichmann. Der Pastoralreferent bestätigte auf Nachfrage, dass die Verhaftung Erharts für "Irritationen, Unruhe und Besorgnis" unter den Gläubigen gesorgt habe. Viele offene Fragen seien in dem Zusammenhang aufgetaucht.

Wichmann und das Seelsorgeteam sind Armin Haas dankbar, der die Seelsorgeeinheit seit September als Pfarradministrator geführt hatte. Hauptberuflich arbeitet er im Offizialat des Erzbistums Freiburg und wohnt in Burkheim. Eine wichtige Aufgabe von Haas als kommissarischer Leiter der Seelsorgeeinheit habe darin bestanden, wieder "Ordnung und Struktur reinzubringen". Diese Konsolidierung werde Mette nun fortsetzen, freut sich Wichmann.

Auch von Stefan Allgaier wird Mette mit offenen Armen empfangen. Der Leiter des Pfarrgemeinderats erwartet einen "einen kompletten Neuanfang, der zukunftsfähig ist". Von Mette habe er einen sehr guten Eindruck gewonnen. Er sei der richtige Mann für die Seelsorgeeinheit, die mit ihm weiter zusammenwachsen werde, zumal er große Erfahrungen besitze und bereits zuletzt in Pforzheim Pfarrer mehrerer Gemeinden gewesen sei. "Ich freue mich auf die Zusammenarbeit", hob Allgaier hervor.

Johannes Mette übernimmt eine Seelsorgeeinheit mit neun Pfarreien, einer Verwaltung und einem Seelsorgeteam, das aus 14 Seelsorgern besteht, zwölf hauptberuflichen und zwei nebenberuflichen. Zur Seelsorgeeinheit "An der Schutter" gehören neben kirchlichen Gruppen auch zehn Kindergärten mit zahlreichen Erzieherinnen. Mette sagte auf Nachfrage, er müsse sich erst in die Details einarbeiten. Er sei sich bewusst, dass es eine große Seelsorgeeinheit sei, doch das mache auch den Reiz der Aufgabe aus, würde er doch gern gestalten.

Info: Kirche an der Schutter

Die katholische Seelsorgeeinheit "Kirche an der Schutter" hat ungefähr 18 000 Gläubige. Sie ist zum 1. Januar 2015 eingerichtet worden und besteht aus insgesamt neun Pfarreien – von Heilig Geist im Lahrer Westen bis St. Romanus in Schweighausen. Zur Seelsorgeeinheit "Kirche an der Schutter" gehören Heilig Geist, St. Peter und Paul, St. Maria (alle Lahr), außerdem die Pfarreien von Kuhbach, Reichenbach, Seelbach, Schuttertal, Dörlinbach und Schweighausen.