Der Lahrer Joe Hertenstein, hier bei einem Auftritt auf der Landesgartenschau 2018 im Seepark, lebt in New York. Archivfoto: Haberer Foto: Lahrer Zeitung

Musik: Joe Hertenstein hat neuen Clip aufgenommen / Es geht um die Suche nach einem Corona-Impfstoff

In seiner Selbstquarantäne in der von Covid-19 schwer heimgesuchten Metropole New York hat Joe Hertenstein alias Joe Stone ein weiteres Musikvideo zur Pandemie produziert. "Corona’s Antibody" spiegelt einen Wandel der Stimmung wider.

Lahr/New York. Der vor gut zwei Monaten veröffentlichte "Corona Blues – As Bad As It Is" greift ein Zitat von Karl Valentin auf, fordert die Menschen auf, zu Hause zu bleiben. Selbstquarantäne, Kontemplation und etwas Spaß dabei lautet das Motto des Songs. Hertenstein hat ihm das Mäntelchen des Reggaes umgehängt. Ein Groove zum Mitschwingen in der Endlosschleife. Durchhalten, die Virusattacke, die Ansteckungsgefahr nicht ignorieren und doch positiv denken, auch wenn es gerade in New York, einem der Hotspots der Pandemie, sichtlich schwerfällt.

Kulturszene in New York kämpft ums Überleben

Covid-19 ist über die pulsierende Metropole hergefallen, hat die Stadt und das öffentliche Leben ausgehebelt, den tausendfachen Tod gebracht. Nichts geht mehr, die Musikclubs sind seit Wochen geschlossen, die Kulturszene kämpft ums Überleben, jeder ist auf sich selbst zurückgeworfen. Popstar Billy Joel hat gerade erst die Miete für das "Smalls" in Manhattan übernommen, einen der wichtigsten Jazzclubs in New York. Den Soundtrack zur Krise schreiben die ungewohnte Stille in den menschenleeren Straßenschluchten, die nur von Sirenen der Krankenwagen durchbrochen wird.

Hertenstein fragt sich, wie man in Zeiten physischer Distanz Musik machen, ein Ventil für die kreative Langeweile des Augenblicks öffnen soll. Es gibt etwas Hilfe des Staates und öffentlicher Stiftungen. Joe hat Geld in Tontechnik investiert, sein Heimstudio ausgebaut. Es zieht ihn oft hinauf auf das Dach über seinem Appartement im sechsten Stock, ab und zu in den nahegelegenen Prospect Park. Es bleibt viel Zeit, um nachzudenken, zu reflektieren, was da gerade auf breiter Front passiert. Die Regierung scheint zu versagen, der Präsident verbreitet Sprechblasen, spielt Golf und zeigt mit dem Finger auf andere. Er stellt China an den Pranger, während das Virus in den USA vor allem auch das schwarze Amerika und die Latinos heimsucht. Menschen, die es sich nicht leisten können, einfach zu Hause zu bleiben und abzuwarten.

In der Nacht herrscht eine Ausgangssperre

Joe schreibt einen weiteren Song. "Corona’s Antibody" thematisiert die Suche nach Antikörpern, einem Impfstoff. Ein Wettlauf, ein riesiges Geschäft, bei dem die Opfer von heute nicht zählen. Er dreht dazu ein Video, das durchaus auch zu verstören vermag: Hertenstein schlüpft auf einem nahegelegenen Friedhof in die Rolle des Totengräbers. Das Geschäft brummt, gerade auch in Joes Nachbarschaft, die nicht gerade zu den vornehmen Gegenden der Stadt zählt.

Als zweiter Protagonist des Clips tritt die Dragqueen "La Tina Turner" auf, ein guter Freund aus Mexiko. Joe kommentiert damit die Einrichtung eines Feldhospitals der "Samaritan‘s Purse" im Central Park. Die Barmherzigen Samariter sind christliche Fundamentalisten, Homosexuelle werden dort nicht behandelt. Und das ausgerechnet in New York, der Wiege der Schwulenbefreiung in den USA, wie Joe anmerkt. Der Song ist ein klassischer Rock’n’Roll, auch eine Hommage an den eben verstorbenen Little Richard, ein schwuler Afroamerikaner, einer der Väter des Rock’n’Rolls.

Dann stirbt in Minneapolis George Floyd, ein Polizeimord an einem Schwarzen, der viele Amerikaner auf die Straße bringt und in den Nachrichten das Virus zu toppen vermag. Unruhen erschüttern das Land. Auch Joe will "Black Lives Matter" herausschreien und mit auf die Straße gehen. Doch in New York herrscht eine nächtliche Ausgangssperre, wenn man verhaftet wird, ist die Green Card in Gefahr. Zornig denkt er bereits über den nächsten Song nach, der den alltäglichen Rassismus in den USA aufgreifen soll.

Sein nächster Song soll den Rassismus aufgreifen

Wieder scheint der Mann im Weißen Haus zu versagen. Er spaltet und hetzt, ruft nach dem Militär, bestärkt den rechten Rand. Irgendjemand stellt Paletten mit Pflastersteinen an den Demonstrationsstrecken ab, es fallen Schüsse. Wird die Spirale der Gewalt bewusst angeheizt, um das Land in ein Chaos zu stürzen, Trumps Wiederwahl im November zu sichern?

Joe lebt gern in New York, die Stadt beherbergt eine der spannungsreichsten und innovativsten Musikszenen der Welt. Manchmal fragt er sich trotzdem, wie lange er die Gegensätze des Landes, den politischen Albtraum noch aushält.

Sein neues Video findet man, wenn man bei Youtube den Suchbegriff "Joe Stone – Corona’s Antibody" eingibt.

Weitere Informationen: www.JoeStoneBand.com

Der Lahrer Joe Hertenstein lebt seit 13 Jahren als Profimusiker in New York. Dort arbeitet er als Schlagzeuger, spielt in Bands, betreibt Solo-Projekte und gibt Musikunterricht. Durch den Ausbruch der Corona-Pandemie sind dem 42-Jährigen fast alle Einkünfte weggebrochen, da er nun nicht mehr auftreten darf und auch sein Musikunterricht zu 90 Prozent abgesagt worden ist.