Mundart: Ludwig Hillenbrand schreibt seine Kindheitserinnerungen in alemannischem Dialekt auf

Sprecher eines Dialekts merken schnell, dass sich das Gesprochene von der Schriftsprache vollkommen unterscheidet. Dass sich dies jedoch ohne weiteres vereinen lässt, zeigt, der frühere Schulleiter des Max-Planck-Gymnasiums Ludwig Hillenbrand auf.

Lahr. Neben Mundartgedichten schrieb der 79-Jährige auch drei Bücher im alemannischen Dialekt. Im jüngsten geht es um seine Kindheitserlebnisse in Fessenbach. "Geschrieben hab ich das Buch für meine Enkel, da ich gemerkt habe, dass sie sich immer mehr dafür interessierten", erzählt Hillenbrand. Die ersten Passagen schrieb er dann auf Hochdeutsch auf – die Enkel sollten beim Lesen keine Verständnisschwierigkeiten haben. Schnell merkte der Mundart-Autor jedoch, dass er damit nicht zufrieden werden würde: "Es klang alles so unnatürlich. Das Hochdeutsche passte nicht zu meinem Leben in Fessenbach. Vor allem bei zitierter wörtlicher Rede oder den Spitznamen der Menschen wurde mir das bewusst." Mit dem Verfassen in Mundart wurden für Hillenbrand die Erinnerungen "farbiger", "kräftiger" und entsprachen mehr der Realität. Nicht immer war der gebürtige Fessenbacher so mutig, seine dialektale Muttersprache einzusetzen. Während es in Grundschulzeiten noch Gang und Gebe war, im Dialekt zu sprechen, hatte er sich in der Zeit, in der er das Offenburger Schiller-Gymnasium besuchte, bereits seine "erste Fremdsprache" angeeignet. Dort und noch viel mehr in der darauffolgenden Studienzeit, die er in Freiburg und München verbrachte, wären die alemannischen Sprachfärbungen verpönt gewesen. "Ich habe mich die ersten sechs Semester meines Studiums eher zurückgenommen, wenn es ums Sprechen ging, da ich das Gefühl hatte, dass die Studenten aus Norddeutschland mit ihrem Hochdeutsch alles viel perfekter und schneller formulieren konnten", erinnert sich der ehemalige Deutschlehrer.

In den Vorlesungen und Seminaren, die sich mit Sprachgeschichte und somit auch dem Mittelhochdeutschen beschäftigten, erkannte Hillenbrand plötzlich seine Stärke. "Dass wir aus der Region hier das Mittelhochdeutsche besser verstanden, da die Sprache sehr viel Gemeinsamkeiten mit unserem Dialekt hatte, vermittelte uns das Selbstbewusstsein, das wir in anderen Seminaren nicht fanden", so der 79-Jährige.      Als Deutschlehrer hat Hillenbrand bei seinen Schülern Dialekte immer toleriert und ab und zu sogar Unterrichtseinheiten dazu gehalten. "Ich wollte meinen Schülern verdeutlichen, dass Mundart auch regionales Kulturgut ist." Immer weniger junge Menschen würden einen alemannischen Dialekt sprechen, nicht mal mehr "die Kinder vom Dorf". Dass Mundart ausstirbt, glaubt Hillenbrand jedoch nicht. "Sprache verändert sich, das hat sie schon immer getan. Beeinflussende Faktoren sind heute unter anderem die immer weitere Vermischung der Bevölkerung, die Mobilität und auch die Medien.

Der Dialekt passt sich an, verschwinden wird er jedoch nie", ist sich der Autor sicher. Aussterben würden lediglich einzelne Wörter, die im heutigen Sprachgebrauch nicht mehr relevant sind – beispielsweise Begriffe aus Handwerksberufen.

Sprache bedeutet für Hillenbrand auch Heimat. "Wer die Sprache überhaupt nicht versteht, die am jeweiligen Ort, an dem man sich aufhält, gesprochen wird, wird sich dort niemals heimisch fühlen können", sagt der Mundart-Autor