In dem Buch "Zeitenwende" geht es auch um das Erbe der Kanadier, die Lahr 1993 endgültig Ade sagten. Sie haben vielfältige Spuren hinterlassen, unter anderem diesen russischen Kampfjet, eine MIG. Die Aufnahme entstand 1996 auf dem Flugplatz. Foto: Baublies Foto: Lahrer Zeitung

Buchveröffentlichung: Neuer Band "Zeitenwende" schildert Stadtgeschichte seit dem Abzug der Kanadier

Wie hat sich die Stadt Lahr nach dem Abzug der kanadischen Streitkräfte bis zur Landesgartenschau entwickelt? Das neue Buch "Zeitenwende" will darauf Antworten geben.

Lahr. Die Stadt hat das Buch als Bestandsaufnahme mit dem Untertitel "Eine Stadt erfindet sich neu" herausgegeben. Es geht um die Jahre 1993 bis 2018. OB Wolfgang G. Müller stellte bei der Präsentation am Montag in der Tonofenfabrik das Konzept der Publikation vor. "Wie steht Lahr jetzt da?" – auch um diese Frage ging es.

Eine "Zeitenwende" setzte fraglos vor jetzt 26 Jahren ein. Die letzten kanadischen Soldaten verließen Lahr in den Jahren 1993/1994. Die Stadt war seit 1967 bis zum Ende des Kalten Krieges das kanadische Nato-Hauptquartier in Europa gewesen. Der Weggang hatte Folgen: Durch den Zerfall der UdSSR kamen dann schnell etwa 9000 Spätaussiedler in die Stadt, von denen viele die leeren Wohnungen am Kanadaring bezogen. Es folgten Jahre einer Neuorientierung. Ein anderer, markanter Einschnitt und das Ende der "Zeitenwende" in der Publikation ist die Landesgartenschau im vergangenen Jahr.

Das Buch erscheint ein Jahr nach dem Mammutevent in den drei neuen Parks, die das Stadtbild nachhaltig verändert haben – und wohl auch weiter werden.

Dass der Band mit vielen Fotografien in der Tonofenfabrik präsentiert wurde, war laut OB kein Zufall. Im Museum gibt es einen Raum, der an die Jahre der Kanadier in Lahr erinnert. Dort wird ein Tondokument aufbewahrt, in dem ein kanadischer Journalist nach dem Abzug von einer "dying City", einer "sterbenden Stadt", spricht. "Natürlich ging es uns schlechter", beschreibt Müller aus heutiger Sicht die Situation nach dem Abzug. Aber, und das will die Verwaltung mit dieser Bestandsaufnahme auch zeigen, die Stadt habe sich "am eigenen Schopf" aus einer "mentalen Depression" herausgezogen.

Müller hat das Vorwort verfasst. Unter dem Titel "Schluss mit der LAHRmoyanz" kommt er zum Ergebnis, dass jetzt, ein Jahr nach der Landegartenschau, mit einem neuen Gemeinderat und – in einigen Tagen – einem neuen Oberbürgermeister auch neue Ziele gesteckt werden.

Von den Autoren stellten Sabine Fink, Leiterin des Stadtplanungsamts, und Ralf Burgmaier, Redakteur bei der Badischen Zeitung in Lahr von 1993 bis 1998, einige Gedanken vor. Fink, die das Kapitel "Im Inneren der Stadt" zusammen mit Martina Mundinger (Stadtmarketing) verfasst hat, referierte kurz über die Entscheidungen "Flugplatz oder Innenstadt" nach dem Abzug. Anhand der Entwicklungen des Schlossplatzes und des Arena-Parks auf dem Gelände des alten Stadtbahnhofs zeigte sie, wie sich die Stadt in beiden Fällen zum Positiven entwickelt hat. Gerade bei der Neugestaltung des ehemaligen Parkplatzes auf dem Schlossplatz um das Jahr 2000 sei die Zusammenarbeit mit der Abteilung Öffentliches Grün, dem Hochbauamt und dem Tiefbauamt beispielhaft gewesen. Fink erinnerte aber auch an die Mühen, die sie und wohl auch andere Autoren hatte, alle Gedanken für den Band auf eine passende Länge zu kürzen.

Burgmaier hat als Redakteur den Abzug der Kanadier am Anfang seiner Arbeit in Lahr erlebt und das erste Amtsjahr von OB Müller an deren Ende. Er stellte die komplexe Aufgabe der Integration an einem prägnanten Beispiel vor: Am 24. Januar 2016, einem Sonntag, geriet Lahr bundesweit in die Schlagzeilen. Etwa 350 Aussiedler demonstrierten gegen die angebliche Vertuschung einer Straftat, die ein Flüchtling an einer 13-jährigen Aussiedlerin in Berlin begangen habe. Müller schaffte es damals im persönlichen Gespräch, die Gemüter zu beruhigen. Mithilfe einiger Aussagen des aus der UdSSR stammenden Autors Wladimir Kaminer stellte Burgmaier vor, warum es so kompliziert sei, Menschen aus anderen Kulturen in einer Zivilgesellschaft zu integrieren –auch das ist ein Kapitel der Stadtentwicklung.

Mit der Ausgangssituation 1993 – dem Abzug der Kanadier – und den sich daraus ergebenden Veränderungen haben sich 16 Autorinnen und Autoren auseinandergesetzt. Das Buch "Zeitenwende Lahr – Eine Stadt erfindet sich neu" erschließt das Vierteljahrhundert von 1993 bis 2018 über reich bebilderte Aufsätze zu vielfältigen Themen. Bevölkerung, Bildung, Wohnen, Wirtschaft, Integration, Kultur, Stadtentwicklung – entlang dieser Eckpfeiler bestimmt sich die Lahrer Stadtgesellschaft immer wieder neu, findet Halt, stößt Wandel an, schreibt die Stadt. Das von der Verwaltung herausgegebene Buch hat 222 Seiten, zeigt mehr als 250 Bilder und ist in einer Auflage von 750 Exemplaren erschienen. Erhältlich ist "Zeitenwende" für 19,80 Euro im Kulturbüro, im Stadtmuseum sowie bei den Buchhandlungen Rombach und Schwab.