Sophie Richter wohnt bei Schallstadt nahe Freiburg, kandidiert aber im Wahlkreis Lahr für die Klimaliste Baden-Württemberg. Zum Gespräch bei der LZ kam sie mit Bahn und Rad. Foto: Schubert

Wahlkampf: Sophie Richter von der Klimaliste fordert, dass in der Politik viel mehr für den Klimaschutz getan wird

Lahr - Was braucht es, um die menschengemachte Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad Celsius zu begrenzen? Politische Entscheidungen sollten am Klimaschutz orientiert werden, sagt Sophie Richter, Landtagskandidatin der Klimaliste.

Mit 15 habe sie in der Schule jede Möglichkeit genutzt, um Referate über Klimaschutz zu halten. Rund fünf Jahre später will Sophie Richter, Greenpeace-Aktivistin und Bachelor-Studentin der Umweltnaturwissenschaften, mit der neuen Klimaliste Baden-Württemberg in den Landtag einziehen.

"Die Zeit ist reif und der Wille ist da – Straßen-Proteste und ›Fridays for Future‹ haben gezeigt, es gibt mehr als eine Hand voll Ökos, die realisiert haben, dass wir konsequent handeln müssen", erklärt die 20-Jährige im Redaktionsgespräch.

Wissenschaftliche Fakten als Basis für Klimaschutz

Ob sie nicht zu jung ist für die Politik? "Nein", sagt sie bestimmt, "der aktuelle Altersdurchschnitt in der Politik repräsentiert nicht unsere Gesellschaft. Die Zukunft der jungen Menschen hängt von den Entscheidungen ab, die jetzt getroffen werden."

Die Proteste auf der Straße hätten die Klimakrise in den Mittelpunkt der Debatte geholt, allerdings fehlten die notwendigen politischen Maßnahmen und eine Orientierung an wissenschaftlichen Fakten, um das 1,5-Grad-Ziel umzusetzen, moniert Richter.

Als sich die Klimaliste Baden-Württemberg am 20. September 2020 in Freiburg gründete, veranstaltete die Umweltaktivistin gerade ein Klimacamp in Ulm. Mit einer Dauer-Mahnwache rund um die Uhr vor dem Rathaus sollte die Stadtverwaltung dazu gebracht werden, sich stärker für den Klimaschutz einzusetzen. Der Klimaliste sei sie kurz darauf beigetreten, erzählt sie.

Mit ihrem politischen Engagement verbinde sie, "ganz viel politischen Druck" zu machen. "Ich glaube, dass der Druck von der Klimaliste dem Thema Klima- und Umweltschutz noch einmal mehr Aufmerksamkeit verschafft hat", sagt die Studentin. Daraufhin hätten Linke, SPD und Grüne das 1,5-Grad-Ziel, auf das sich die internationale Staatengemeinschaft im Pariser Abkommen geeinigt hat, in ihr Wahlprogramm aufgenommen. Die Grünen sogar auch in ihr Parteiprogramm.

Innerhalb der Klimaliste führte das zu einem Zerwürfnis, infolgedessen die Vorsitzende Sandra Overlack zurücktrat. Ihrer Ansicht nach hatte die Klimaliste ihr Ziel bereits erreicht: "Drei Parteien, von denen voraussichtlich zwei in den Landtag einziehen werden, bekennen sich in ihren Wahlprogrammen zum 1,5-Grad-Ziel, zu CO2-Budgets und zur Klimaneutralität", sagte Overlack damals. Zudem befürchte sie, dass Stimmen, die die Klimaliste erhalte, am Ende den möglichen Wahlsieg der Grünen gefährden könnten.

Richter betont, dass sie die Entscheidung Overlacks nachvollziehen könne. Allerdings hätten die Grünen und andere Parteien in der Vergangenheit schon oft gesagt, dass man konsequent für den Klimaschutz handeln müsse, aber: "Was daraus gefolgt ist, ist viel zu wenig." Im Gespräch versteht man, dass Richter die Klimaliste nicht als Konkurrenz zu den Grünen sieht, sondern vielmehr als Option für jene, die von den Grünen so enttäuscht seien, dass sie diese nicht mehr wählen wollten.

Kennt die 20-Jährige, die in der Nähe von Schallstadt bei Freiburg wohnt, die großen Themen im Wahlkreis Lahr? Hier gelebt habe sie bisher nicht, räumt sie ein. "Natürlich könnte ich mehr wissen, aber das ist nichts, was man nicht aufbauen könnte." Ihr Ersatzkandidat komme aus Haslach, kenne sich sehr gut aus und sei stark im Wahlkreis verwurzelt.

365-Euro-Jahresticket für das ganze Land

Politische Ideen für den hiesigen Wahlkreis hat Richter trotzdem: "Wir müssen wegkommen vom motorisierten Individualverkehr und hin zu besser getaktetem und preislich attraktiverem ÖPNV, Sharing-Angeboten und mehr Fahrrad."

Die Klimaliste fordere in ihrem Wahlprogramm ein landesweites 365-Euro-Jahresticket für alle öffentlichen Nah- und Regionalverkehrsmittel, außerdem eine Photovoltaik-Pflicht für Neubauten und attraktive Angebote, um bestehende Gebäude damit nachzurüsten.

Ziel dabei sei, eine dezentrale Energieversorgung durch erneuerbare Energien zu erreichen. Kommunen könnten sich außerdem von Klimaschutz- und Energieagenturen beraten lassen, um einen individuellen Klimaschutz-Fahrplan aufzustellen.

Eine "total gute Möglichkeit" sei auch ein Bürger-Rat, der Gesetzesvorschläge zur Lösung der Klimakrise erarbeitet. Bürger würden über einen längeren Zeitraum von Experten beraten, mit denen sie konkrete Maßnahmen ausarbeiteten. "Die Experten könnten etwa aufklären, wie viel Photovoltaik benötigt wird, damit wir von Kohlekraftwerken wegkommen", schlägt Richter vor. So könnten Bürger direkt mitsprechen und Maßnahmen anregen.

Zur Person

Nach dem Abitur erlernte Sophie Richter ein Jahr auf einer Farm in Ghana das Konzept der Permakultur: eine nachhaltige Landwirtschaft im Einklang mit der Natur und auf der Basis von funktionierenden Kreisläufen. Anschließend war sie bis zum Beginn ihres Studiums der Umweltnaturwissenschaften im vergangenen Herbst ein Jahr Klima-Aktivistin bei Greenpeace.

Heute arbeitet sie studienbegleitend auf einem Demeter-Hof und baut Gemüse auf einem kleinen Acker in ihrem Garten an. Später möchte sie entweder als Journalistin für Umweltmagazine schreiben oder bei einer Nichtregierungsorganisation im Klimaschutz arbeiten.