Jürgen Steiert (von links), Frank Kettenacker und Werner Diez stehen hier vor einem Hochdruckspülfahrzeug, mit dem die Lahrer Abwasserkanäle gereinigt werden. Foto: Schabel

Umwelt: Schädlingsbekämpfer vom BGL sprechen über ihre Arbeit mit Giftködern

Lahr - Etwa 300 Kilometer ist das Kanalnetz von Lahr lang. Dort unten tummeln sich Ratten, eine Tierart, die äußerst vermehrungsfreudig ist: Ein Paar kann bis zu 1000 Nachkommen im Jahr haben. Der BGL tut alles, damit es zu keiner Rattenplage kommt.

Die Arbeitswelt von Jürgen Steiert ist der Untergrund, sein Job einer der ganz wichtigen in der Stadt: Ohne den Kanalarbeiter und seine Kollegen würde das Abwassersystem zusammenbrechen, mit sehr unangenehmen Folgen für die Bevölkerung.

Steiert ist aber nicht nur Kanalnetz-Instandhalter, sondern auch Spezialist für die Rattenbekämpfung. Dabei bekommt er die Tiere selten zu Gesicht, wenn er einen Gullydeckel öffnet. "Ratten sind scheu und hauen sofort ab, wenn sie etwas hören", erklärt er. Dafür findet er häufig Rattenkot, Beleg für die Rattenpopulation im Lahrer Untergrund.

Schuld daran ist auch die Angewohnheit vieler Menschen, Essensreste ins Klo zu schütten. Das sei der beste Weg, um die Nager anzulocken, sagen Steiert, Frank Kettenacker und Werner Diez vom Lahrer BGL im LZ-Gespräch. Auf die Frage, ob es eine Rattenplage in der Stadt gibt, überlegen die drei einen Augenblick und schütteln dann die Köpfe. Der BGL würde ja gerade das verhindern, betonen sie.

Und was ist mit Mietersheim? Von dort hatte es zuletzt Meldungen über einen Befall mit den ekligen Allesfressern gegeben. Auch dort sei die Lage unter Kontrolle, versichern Steiert und Co., verdeutlichen das Problem allerdings an einem Beispiel: Neben einem Grundstück in Mietersheim, auf dem Hühner gehalten werden, hätten sich Ratten tatsächlich schlagartig vermehrt.

Die Tiere lebten eben bevorzugt dort, wo sie genügend Abfälle finden, die ihnen als Nahrungsgrundlage dienen, in diesem Fall Brotkrumen, mit denen Passanten die Hühner gefüttert hätten. Generell habe man in den Stadtteilen mehr Scherereien mit Ratten, da die Menschen dort noch Komposthaufen auf ihren Grundstücken haben – die Essensreste würden die Nager anziehen.

Kanalratten sind widerstandsfähig, weiß der 56-jährige Steiert. Die Tiere kennen keine Scheu vor den Fäkalien, fühlen sich im Abwassersystem sogar recht wohl: Im Winter ist es dort unten verhältnismäßig warm, im Sommer schön kühl.

Der BGL bekämpft die lästigen Nager mit Giftködern, die Steiert an einem Draht befestigt. Dort hängen sie dann etwa zehn Zentimeter über dem Abwasserspiegel, damit sie nicht nass werden. Beißt eine Ratte in den mit Gift versetzten Getreideköder, ist es eine ihrer letzten Mahlzeiten. Die tödliche Wirkung setzt aber erst ein paar Tage später ein, wie Steiert berichtet. Würden die Tiere sofort verenden, würden die Artgenossen ahnen, dass mit dem Köder etwas nicht stimmt und ihn mit Urin markieren, um den Rest der Großfamilie zu warnen.

"Ratten sind schlau", sagt Steiert, der seit mehr als 30 Jahren beim BGL arbeitet. Rund 400 Giftköder (Kosten pro Stück: drei Euro) bringt er pro Jahr im Lahrer Abwassersystem aus, und zwar dort, wo es Hinweise auf Ratten gibt.

Verengte Abwasserkanäle reinigt er mit einem Hochdruckspülfahrzeug, das im vollbeladenen Zustand 30 Tonnen wiegt. Das Gefährt verfügt über einen Druckschlauch mit Spülkopf, der in den Kanal eingeführt wird. Die austretenden Wasserstrahlen lösen Ablagerungen und transportieren sie zum Startschacht, wo sie aufgesogen werden. Das Verfahren wirkt auch einer Rattenplage entgegen, da die Tiere, die in die Nähe des Spülkopfs kommen, meist nicht überleben.

Beim LZ-Gespräch betonen die BGL-Männer, dass die Kanalisation kein Müllschlucker ist. Es sei wichtig, Speisereste ordnungsgemäß und nicht im Klo zu entsorgen. Denn Ratten würden gut springen, tauchen sowie klettern und könnten daher nahezu überall eindringen. Sobald sie in der Kanalisation auf Nahrungsreste stoßen, versuchten sie, bis zur Quelle vorzudringen. Dann könnten sie schon mal bis zur Toilettenschüssel hochwandern. Das sei in Lahr bereits passiert, so Steiert.

"Wenn wir nichts gegen die Ratten tun, laufen sie in Lahr über die Straßen", sagt Kettenacker. Der BGL plane deshalb auch den Einsatz von Köderboxen im Kanalsystem, die den Köder vor Verschmutzung oder Wegschwemmen schützen.

Ratten vermehren sich rasend schnell: Ratten-Weibchen werfen pro Wurf sechs bis acht Ratten. Die werden ab einem Alter von drei Monaten geschlechtsreif, Aufgrund des kurzen Geburts-Zyklus und der schnellen Geschlechtsreife der Jungtiere kann sich ein Ratten-Rudel sehr schnell vermehren. Ein Rattenpärchen kann theoretisch in einem Jahr 1000 Nachkommen produzieren.