Milena Schiller Ninô geht bei der Bundestagswahl für die "Volt"-Partei ins Rennen. Foto: Köhler

Bundestagswahl: "Volt"-Kandidatin Milena Schiller Ninô für vereintes Europa / Mehr Anerkennung für psychische Krankheiten

Lahr - Ein vereintes Europa, Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit – das sind die Schwerpunkte der Volt-Partei. Kandidatin Milena Schiller Ninô verbindet damit persönliche Erfahrungen. Sie will "Menschen Stimmen geben, die bisher keine hatten".

"Ich bin jemand, der anpackt", sagt Milena Schiller Ninô über sich selbst. Diesen Eindruck bestätigt die 30-Jährige beim Besuch in unserer Redaktion. Ob sie auf politische Ziele oder persönliche Erfahrungen angesprochen wird – die junge Frau und Mutter hat viel zu erzählen. Für die Bundestagswahl kandidiert sie als Direktkandidatin der Volt-Partei. Eine Partei, deren Ausrichtung gut zu Schiller Ninôs Überzeugungen und Erfahrungen passt.

Die Volt-Partei, die ihren Ursprung im Jahr 2017 als Reaktion auf den Brexit und den erstarkenden Populismus nahm, setzt sich vor allem für ein vereintes Europa ein. "Die EU muss umstrukturiert werden", sagt Schiller Ninô. Die Staaten sollten sich nicht mehr gegenseitig blockieren, das Einstimmigkeitsprinzip sollte durch ein Mehrheitssystem ersetzt werden, findet sie. Auch eine europäische Verfassung gehört zu den Zielen der Partei, die es in 16 europäischen Staaten gibt. Der Hintergrund: Themen, die ganz Europa betreffen wie die Klimakrise oder die Corona-Pandemie durch engere Zusammenarbeit besser angehen, um auch ein Vorbild für den Rest der Welt zu sein, so die Kandidatin.

"Volt", nach der elektrischen Einheit für Spannung benannt, stehe für "neue Energie, für Aufbruch und Dynamik", erklärt Schiller Ninô. Während andere Parteien ihre Ideale weitertragen, stehe "Volt" für Flexibilität. Entsprechend ordne sich die Partei auch nicht im politischen Links-Rechts-Spektrum ein. "Die meisten Übereinstimmungen haben wir wohl mit den Grünen", gibt die Kandidaten dennoch eine kurze Orientierung. Die Klimaziele von "Volt" seien jedoch konkreter: CO2-Neutralität will die Partei bis 2035 erreichen, Klimaneutralität bis 2040.

Ein weiterer wichtiger Punkt – für die Partei wie für Schiller Ninô persönlich – ist soziale Gerechtigkeit. Unter diesem Aspekt vertritt sie das Motto "Menschen Stimmen geben, die bisher keine hatten". Sie selbst habe das Thema am eigenen Leib erfahren. "Ich bin in relativer Armut aufgewachsen", berichtet sie. Ihre Mutter habe teilweise weniger gegessen, damit sie und ihr Bruder genug haben. Schiller Ninô will gegen die Diskriminierung von Frauen und Minderheiten kämpfen und dabei auch "einen Blick in die Rechtsstrukturen werfen", um dort Ungerechtigkeiten aufzudecken. Sie will "präventiv und nicht kurativ" agieren – also Probleme bekämpfen, bevor sie entstehen und sie nicht erst behandeln, wenn sie da sind.

Als Mutter beschäftigt sie das Thema Chancengleichheit im Bildungswesen. Für Kinder, die aus ärmeren Verhältnissen kommen, sei es oft schwer, aus diesen auszubrechen. "Armut hält oft mehrere Generationen an", sagt Schiller Ninô. Ihrer Ansicht nach gibt es einige Gruppen, die in der Gesellschaft unterrepräsentiert sind. Dazu zählten zum Beispiel alleinerziehende Mütter, aber auch Menschen mit chronischen und psychischen Erkrankungen. Sie selbst leide an Epilepsie und hatte schon mit einer Depression zu kämpfen. Schiller Ninô erhofft sich mehr Aufklärung über diese Art von Krankheiten und dass sie als "das neue Normal" akzeptiert werden sowie entsprechend Unterstützung erfahren.

Wie das alles finanziert werden soll? Zumindest nicht auf Kosten der Wirtschaft. Denn "Wirtschaft, Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit müssen und dürfen sich nicht ausschließen", sagt Schiller Ninô. Allerdings werde das Geld derzeit nicht immer an den richtigen Stellen eingesetzt – vor allem zu wenig für "Maßnahmen, die den Alltag erreichen". Darunter fasst die Kandidatin auch den Ausbau des ÖPNV. Ein Aspekt, der Schiller Nino vor allem für den Wahlkreis Emmendingen-Lahr am Herzen liegt. "Es kann nicht sein, dass in manchen Dörfern nur zweimal am Tag der Bus fährt", sagt sie. Die 30-Jährige will mit dem ÖPNV-Ausbau dafür sorgen, dass auch die ländliche Bevölkerung am sozialen Leben, etwa in der Stadt, stärker teilhaben kann. Und natürlich spiele auch der Klimaschutz eine Rolle.

Ziel der Partei ist die staatliche Finanzierung

Auf der Landesliste ihrer Partei steht Schiller Ninô auf Platz drei. Eine Platzierung, mit der sie selbst nicht gerechnet hat, die sie aber in ihrem Handeln bestärkt. Sollte "Volt" die Fünf-Prozent-Hürde erreichen, säße Schiller Ninô wohl im Bundestag. Die Ziele der Partei sind jedoch andere: "Wir wollen 0,5 Prozent erreichen, also die staatliche Parteienfinanzierung", gibt sie vor. Mit ihrer Kandidatur will sie beweisen, dass man auch dann – oder vielleicht gerade dann – gute Politik machen kann, wenn man selbst schon schwierige Zeiten durchleben musste.

Milena Schiller Ninô wohnt mit ihrer Tochter in Freiburg. Ihr Vater ist Brasilianer. Schiller Ninô wuchs in Deutschland auf und besuchte ab der siebten Klasse die Waldorfschule. Nach dem Abitur jobbte sie zunächst und begann dann ein VWL-Studium, das sie jedoch abbrach. Heute ist sie als Fremdsprachenkorrespondentin beim Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme tätig. Spaß hat sie vor allem an Sprachen. Neben Deutsch spricht sie Portugiesisch, Englisch, Französisch sowie Spanisch und lernt gerade Japanisch. Außerdem tanzt sie gerne und kann sich für Fußball, vor allem den SC Freiburg, begeistern.