Oliver Dewes (vorne, Mitte) beobachtet das Spiel seiner Mannschaft gegen den Kehler FV. Fotos: Fissler Foto: Lahrer Zeitung

Fußball: Trainer Oliver Dewes steht mit dem SC Lahr auf dem dritten Tabellenplatz / Oberliga ist derzeit kein realistisches Ziel

Er gilt als einer der besten Trainer der Ortenau. In der Vorbereitungsphase auf die Rückrunde steht uns Oliver Dewes, seit fünf Jahren Coach beim SC und bei der Spvgg Lahr, Rede und Antwort.

Sie gehen im Sommer in Ihre sechste Saison als Trainer in Lahr. Wie stehen Sie zu der weit verbreiteten Meinung, dass sich ein Coach abnützt und frischer Wind rein muss?

Das wird gern herbeigezogen, wenn es nicht läuft. Ich würde sagen, ich bin meiner Frau nach zehn Jahren immer noch ein sehr guter Ehemann. Es verändert sich vielleicht das ein oder andere. Aber ich sehe das nicht so. Wir haben ständig eine Fluktuation. Wir sind jetzt gerade dabei, uns im dritten Jahr Verbandsliga auf einem hohen Niveau weiterzuentwickeln. Es unterliegt alles einem stetigen Wandel und da lautet das Hauptmotto, nicht stehen zu bleiben.

Dieter Heppner, einst Zweiter Vorsitzender des SC, meinte über Sie: "Er ist immer gut vorbereitet und immer auf dem neuesten Stand." Wie schaffen Sie es, immer ’up to date’ zu bleiben?

Wenn ich von den Spielern verlange, dass sie erfolgreich sind, muss ich selber meinen Teil dazu beitragen. Vorbereitung, Trainingsplanung, Coaching, Weiterbildung, etc. gehören da dazu. Das gehört zu den Selbstverständlichkeiten eines Trainers.

Wie würden Sie sich als Trainertyp beschreiben?

Ich bin fußballbesessen. An der Seitenlinie bin ich großteils ruhig und sachlich. Wenn die Notwendigkeit besteht, kann ich mich auch bemerkbar machen. In der Ruhe liegt oft die Kraft. Wenn ich außen jeden anschreie und beleidige, kommt es bei der Mannschaft schlecht an, wenn ich was anderes mache, als ich sage.

Sie haben hinsichtlich der wenigen Gegentoren im Vergleich zur vergangenen Saison gesagt, dass sie das Spiel gegen den Ball unter die Lupe genommen haben. Wie muss man sich das konkret vorstellen?

Die Verantwortlichkeit - was machen wir bei Ballverlust - wurde auf alle verteilt. Und das wurde trainiert und besprochen. Wer hat wo zu sein, wenn der Ball dort verloren geht. Das nächste Thema ist Auffassungsgabe und vor allem Laufbereitschaft. Immer nochmal zu rennen, ist einfach anstrengend. Wir haben klarere Verantwortlichkeiten. Wenn sich zwei ausruhen würden, hätten wir zehn bis 15 Gegentore mehr.

Inwieweit wurde verstärkt auf taktische Theorieschulung Wert gelegt?

Darauf habe ich großen Wert gelegt. Klar würde man das gerne noch intensiver machen, indem man noch eine Einheit mehr hätte. Da gäbe es sicherlich noch Dinge, die man gerne verbessern würde, aber wir sind keine Profis, sondern ambitionierte Amateure. Es gilt immer nochmal Spielsysteme im Training anzusprechen. Wenn wir einen guten Ballgwinn haben, dann gilt es den hervorzuheben und zu erklären, warum das in der Situation funktioniert hat. Ich bin nicht derjenige, der das große Ganze stundenlang erklärt, eher jemand der zielgerichtet Schlüsselsituationen erklärt. Die Mannschaft macht das ganz toll, sie ist gut zu trainieren, weil sie viel versteht und wissbegierig ist.

Welcher war Ihr größter Erfolg als Trainer?

Oh je (überlegt). Eigentlich waren es die zwei Klassenerhalte mit Sand in der zweiten Liga. Natürlich ist das nicht so spektakulär. Aber wenn man den Klassenerhalt mit einer Mannschaft schafft, die nicht das Potenzial wie Großstädte oder Profiklubs hat, dann ist das ein großer Erfolg. Der größte Erfolg ist einfach, dass, egal wo ich bisher war, es einigermaßen gut funktioniert hat. Ich hatte das Glück, Vereine und Spieler zu trainieren, die mir vertraut haben. Auch die unerwartete Meisterschaft mit der Spvgg Lahr in der Bezirksliga, aber genauso das starke erste Jahr in der Landesliga mit dem gleichen Team waren klasse. Ebenso die souveränen Klassenerhalte mit dem SC. Wenn man es jedoch punktuell auf einen Tag bezieht, war es der Testspielsieg mit dem neu gegründeten SC gegen den Karlsruhe SC, der damals knapp in der Relegation zur Bundesliga gescheitert war.

Derzeit steht der SC auf Platz drei, die Oberliga wäre dennoch ein Abenteuer. Wann peilen Sie den Aufstieg an und was müsste sich im Verein strukturell noch verbessern?

Wir sind nicht in der Lage, eine zeitliche Vorgabe für den Aufstieg in die Oberliga zu geben. Das können Mannschaften wie Linx oder Freiburg, wir nicht. Wenn sowas irgendwann mal passieren sollte, würde ich zwei Spieltage vor Schluss sagen, wir wollen es probieren. Die bisherige Saison läuft perfekt. Dann müssten wir nochmal so eine perfekte Saison spielen, zudem nicht so starke Gegner wie Freiburg und Linx, plus zwei bis drei noch bessere Spieler. Das sind zu viele Variablen. Ich hätte gerne von allen, die im Umfeld schon vom Aufstieg träumen, dass sie zur Mannschaft gehen und ihr auf die Schulter klopfen - vorausgesetzt wir halten den sensationellen dritten Platz. An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich die Arbeit von Pedro Müller, Norbert Hess, Frank Müller und von allen loben. Das Team drumherum wird oft nicht so gewürdigt, wie sich das gehört. In Lahr wird eine sehr gute Arbeit geleistet, deshalb fühle ich mich auch so wohl. Der nächste Schritt wäre, sich zwischen Platz drei und fünf zu stabilisieren.

Sie haben lange die Damen des SC Sand trainiert. Worin besteht der Unterschied in der Mannschaftsführung zwischen Männern und Frauen?

Natürlich ist das im Zwischenmenschlichen ein anderer Umgang. Wobei die Leistungsbereitschaft der Frauen immens hoch ist. Es kam nie vor, dass jemand keine Lust auf Training hatte oder halbherzig trainiert hat. Dafür war die Spielklasse auch einfach zu hoch. Wir hatten eine Mannschaft mit zehn verschiedenen Nationalitäten. Der Frauenfußball hat sich stetig weiterentwickelt, wird immer besser. Aber man kann Frauen- und Männerfußball nicht vergleichen. Es kommt auch niemand auf die Idee, die deutschen Eishockeynationalspielerinnen gegen die Männer spielen zu lassen. Das ginge wahrscheinlich 100:0 aus. Im taktischen Bereich gibt es null Unterschiede, im Gegenteil: Die Frauen setzen Vorgaben sogar besser um.

Wie sehen Sie das Projekt des aufstrebenden FV Langenwinkel?

Emotionslos. Sie machen einen guten Job, indem sie es schaffen, gute Spieler zu sich zu bringen. Bisher ist es von Erfolg gekrönt. Mit Davor Sikanja haben sie einen guten, erfahrenen Trainer. Ich bewerte nicht nur den momentanen Erfolg, sondern die Nachhaltigkeit. Und da sind sie auf einem guten Weg. Es ist eine sportliche Rivalität, so wie man es sehen würde, wenn Sulz aufsteigt. Das ist ganz normal, gehört sich so und muss sauber miteinander ablaufen. Sie freuen sich dann auch, wenn sie einen von uns gut ausgebildeten Spieler bekommen und haben eine Quelle, wo sie sich bedienen können. Ich sehe das ganz entspannt.

Sehen Sie Langenwinkel schon als Konkurrent?

Sie spielen meines Wissens nach zwei Klassen unter uns.

Fragen von Florian Weißer

Oliver Dewes ist Wertpapierexperte bei der Deutschen Bank in Lahr. Der 46-Jährige wohnt mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Heiligenzell. Die bisherigen Stationen des A-Lizenz-Inhabers:

2000 – 2002: SV Wagenstadt

2002 – 2007: FC Ottenheim (zweimal als Spielertrainer)

2007 – 2008: TGB Lahr

Januar 2008 – 2013: SC Sand

2013 – 2015 Spvgg Lahr

Seit 2015: SC Lahr