Das Grundstück in der Turmstraße, Mitte der Woche vom Gehweg aus gesehen. Bei der Stadtverwaltung hatten sich zwei Bürger beschwert, dass dort nicht sauber gemacht wird. Am Donnerstag haben die Anwohner dann aufgeräumt. Foto: Schabel

Wenn Bürger ihren Müll nicht entsorgen, gibt’s häufig Stress

Lahr - Wenn Bürger ihren Müll nicht entsorgen, gibt’s häufig Stress mit den Nachbarn. Dann werden auch Behörden alarmiert. Zuletzt hat die Stadtverwaltung geprüft, ob ein Anwohner in der Turmstraße gegen das Abfallrecht verstößt.

Vom Gehweg aus sah man Mitte der Woche einen Kühlschrank in einem verwilderten kleinen Garten liegen, eine Matratze, Reste einer Kücheneinrichtung, leere Plastikflaschen, Bauschutt.

 > Der Ärger des Nachbarn: Direkt daneben befindet sich das Café Ehrensberger. "Wir sind nicht glücklich darüber, wie es auf dem Grundstück aussieht, vorsichtig formuliert", sagte Inhaber Heinz Ehrensberger auf Nachfrage unserer Zeitung. Er sei schon von Kunden gefragt worden, ob seine Bäckerei-Konditorei für den Müll nebenan verantwortlich sei – "natürlich nicht", so Ehrensberger, der berichtet, dass das Verhältnis mit den Nachbarn nicht das beste sei. Nebenan werde seit Jahren umgebaut und ebenso lange würde dort Müll liegen.

Links von dem Hinterhof befindet sich das Café Ehrensberger, rechts das Fachgeschäft Sport Service Lahr, auf der Straßenseite gegenüber eine Tankstelle – und mittendrin der Garten, über dessen Zustand sich erst in der Vorwoche zwei Bürger bei der Lahrer Stadtverwaltung beschwert hatten. Das bestätigte Lucia Vogt, Leiterin der Abteilung Öffentliche Sicherheit und Ordnung, auf Nachfrage unserer Zeitung.  

> Das Recht des Eigentümers: Allerdings darf jeder Bürger — im Rahmen des Erlaubten — auf seinem Besitztum tun und lassen, was ihm gefällt. Durch unschöne Anblicke allein werden die Rechte eines Nachbarn nicht verletzt. Mancher Anwohner bekommt etwa schon einen roten Kopf, wenn sich im Garten nebenan Baumaterial stapelt. Dabei bewahrt der "Lagerist" die Sachen vielleicht nur auf, um sie später zu verwenden. In so einem Fall greifen Behörden nicht ein. Es sei denn, es handelt sich um Abfall, von dem eine Gefährdung der Gesundheit oder des Grundwassers ausgeht – oder es ist eine Rattenplage zu befürchten.

> Gefahr im Verzug? Ist die "öffentliche Sicherheit und Ordnung" in Gefahr, kann die Stadt die Räumung eines Grundstücks anordnen — auf Kosten des Eigentümers. Ein Fall, der in Lahr aber selten vorkommt. Vogt leitet die zuständige Abteilung seit 2011 –seither habe man erst einmal ein Privatgelände wegen Müllresten räumen lassen müssen, berichtet sie. Im Herbst 2017 rückte sogar die Feuerwehr aus, weil auf einem Grundstück im Stadtgebiet Chemikalien unsachgemäß gelagert wurden. Die Kosten des Einsatzes musste der Grundstückseigentümer bezahlen.

Droht eine Rattenplage, greifen die Behörden ein

Laut Vogt beschweren sich drei- bis fünfmal im Jahr Bürger bei der Stadt über Abfall auf einem Privatgrundstück. In so einem Fall würden städtische Mitarbeiter vor Ort prüfen, ob eine Gesundheitsgefährdung vorliegt, zum Beispiel dadurch, dass Lebensmittel vergammeln. Erkennt die Behörde Handlungsbedarf, erhält der Anwohner einen Brief mit der Aufforderung, die Missstände zu beseitigen. Räumt er den Müllberg dann immer noch nicht weg, wird ihm ein Zwangsgeld angedroht. Meist genüge aber schon das erste Anschreiben, um bei Hauseigentümern ein Einlenken zu erreichen, so Vogt.

Im Fall des Hinterhofs in der Turmstraße reagierte die Stadt umgehend: Zwei Mitarbeiter des Gemeindevollzugsdiensts haben sich vor Ort umgesehen, dabei auch Fotos gemacht. Ergebnis ihrer Überprüfung: Von den Sachen, die dort zu sehen waren, ging keine Gesundheitsgefährdung aus. Damit liege der Fall nicht mehr beim Amt für Öffentliche Sicherheit und Ordnung, das für die "Gefahrenabwehr" zuständig ist, wie Vogt betont.   

> Das Landratsamt übernimmt: Für die Durchsetzung des Abfallrechts ist die Kreisbehörde zuständig. Man erhalte "jährlich fünf bis zehn Anzeigen zu angeblichen Abfalllagerungen auf Privatgrundstücken", berichtet Julia Morelle, Leiterin des Amts für Gewerbeaufsicht, Immissionsschutz und Abfallrecht des Ortenaukreises, auf Nachfrage unserer Zeitung. Nach einer Ortsbesichtigung werde entschieden, ob von den gelagerten Gegenständen Gefahren für die Umwelt ausgehen. "Ist das der Fall, wird der Eigentümer aufgefordert, diese zu entsorgen und die Entsorgung dem Landratsamt nachzuweisen", betont Morelle.

Und wenn von Gerümpel auf einem privaten Anwesen nun keine Gesundheitsgefährdung ausgeht, die Menschen, die daneben wohnen, aber schlicht den Anblick nicht ertragen? In so einem Fall macht Julia Morelle den genervten Nachbarn keine große Hoffnung: "Gegen das häufig vorherrschende Chaos auf entsprechenden Grundstücken kann das Landratsamt in der Regel nichts unternehmen, außer einer dringenden Empfehlung an die Eigentümer oder Bewohner, allein schon für das eigene Wohlbefinden aufzuräumen und nicht mehr benötigte Sachen zu entsorgen", so die Leiterin des Ortenauer Amts für Abfallrecht. "Die Erfolgsquote einer solchen Empfehlung ist jedoch nicht besonders hoch", weiß sie aus Erfahrung.

> Die Erklärung der Anwohnerin: Weshalb wurde in dem Hinterhof in Lahr eigentlich nicht aufgeräumt? An der Vorderseite des Anwesens, zur Friedrichstraße hin, befindet sich ein Imbiss, in dessen Auslage ein Zettel klebt mit dem Hinweis, dass wegen Umbauarbeiten und Urlaub geschlossen sei. Die Betreiberin teilte am Mittwoch auf Nachfrage dieser Zeitung mit, dass sie mitten in aufwendigen Renovierungsarbeiten stecke. Sobald die beendet seien, werde sie den Hof sauber machen. "Ende des Monats" werde es so weit sein.

Bereits einen Tag nach dem Besuch unserer Zeitung vor Ort gab’s in dem Garten dann aber eine Aufräumaktion. Das meiste, was dort lag, wurde weggeschafft, der Hof sieht jetzt besser aus.

Info: Das sagt der Gesetzgeber

In Deutschland gilt das sogenannte Kreislaufwirtschaftsgesetz, das die Abfallbeseitigung regelt. Es schreibt vor, dass auf Grundstücken aus Hygiene- und Umweltschutzgründen kein Müll gelagert werden darf. Verstößt ein Bürger gegen dieses Gesetz, hat der Staat das Recht, einzugreifen und den Abfall entsorgen zu lassen. Knackpunkt für Behörden ist die Frage, ob es sich bei auf einem privaten Grundstück gelagerten Gegenständen um Abfall im rechtlichen Sinn handelt. Eine Pflicht zu ihrer Entledigung besteht laut Julia Morelle, Leiterin des Ortenauer Amts für Abfallrecht, "nur dann, wenn von den Gegenständen oder Stoffen aufgrund ihres Zustandes Gefahren für die Umwelt ausgehen".