"Von 1963 bis 1966 und von 1969 bis 1970 waren in Lahr Atomwaffen gelagert", sagt Historiker Werner Schönleber. Foto: Haberer Foto: Lahrer Zeitung

Stadtgeschichte: Werner Schönleber zeigt auf, dass auf dem Flugplatz Kernwaffen stationiert waren

Eine wissenschaftliche Forschungsarbeit wird zur Enthüllungsstory: Werner Schönleber hat das atomare Geheimnis des Lahrer Flugplatzes gelüftet. Darüber berichtete der junge Historiker in der Mediathek.

Lahr. Auf Einladung des Lahrer Friedensforums zeigte Schönleber bei seinem Vortrag am Mittwoch auf, dass 1963 bis 1966 und von Juni 1969 bis Juni 1970 Atombomben in Lahr gelagert wurden. Am Anfang stand ein von Stadtarchivar Thorsten Mietzner entdecktes Dokument, das er dem 1989 in Lahr geborenen, seit Oktober 2018 als Museumsaufsicht in Lahr arbeitenden Nachwuchswissenschaftler gezeigt hat. Es geht darin um amerikanisches Militärpersonal, die "306th Munitions Maitenance Squadron", die in den 1960er-Jahren auf dem damals noch von den Franzosen betriebenen Flugplatz stationiert gewesen sein soll. Schönleber hat sich der Sache mit wissenschaftlicher Akribie angenommen, Fachliteratur ausgewertet, Archive in Deutschland, Frankreich und Kanada kontaktiert, bei der amerikanischen Luftwaffe und der Nato nachgehakt.

Schritt für Schritt hat er dabei die Fakten rund um das Lahrer Atomgeheimnis gelüftet und die zeitweilige Lagerung von Atomwaffen auf Lahrer Territorium nachgewiesen. Nicht erhärtet haben sich allerdings Befürchtungen der Friedensbewegung in den 1980er-Jahren, die damals kursierenden Gerüchte um Atomwaffen auf dem Flugplatz. Im Juni 1970 wurden die kanadischen Starfighter abgezogen und mit ihnen auch die letzten amerikanischen Atombomben, die in einem bereits 1961 genehmigten und für rund drei Millionen Mark errichteten Atombunker gelagert und von der amerikanischen Spezialeinheit bewacht wurden. Die danach in Lahr stationierten Panzerverbände und Bodentruppen der Kanadier hatten definitiv keine Atomwaffen in ihrem Arsenal, so Schönleber.

Ausgangspunkt der Geschichte ist die Atomwaffenpolitik der Nato in den 1950er-Jahren und das Prinzip der nuklearen Teilhabe. Die USA hielt in Europa Atomwaffen für den Einsatz durch die Verbündeten im Kriegsfall bereit. Die bis Anfang 1960 in Lahr stationierten Aufklärungsgeschwader der Franzosen waren für den Einsatz von Atomwaffen geeignet. Ab 1961 waren in Lahr aber atomwaffenfähige Jagdbomber des Typs F-100 Super Sarbre stationiert. Nach der Fertigstellung des Atombunkers und der Stationierung der "306th Munitions Maitenance Squadron" wurden im April 1963 insgesamt 15 Atombomben geliefert, berichtete der Historiker. Sie wurden im Frühjahr 1966 wieder abgezogen, nachdem Frankreich seine Truppen dem Nato-Oberbefehl entzogen hat.

Ist der Atombunker kontaminiert?

1967 übernahmen die Kanadier den Lahrer Flugplatz, zwei Jahre später wurde der Flugplatz Zweibrücken aufgegeben und die dort stationierten Starfighter nach Lahr verlegt. Mit ihnen kamen im Juni 1969 erneut Atombomben nach Lahr. Die Stationierung dauerte laut Schönleber aber nur zwölf Monate. Im Zuge von Umstrukturierungen übernahm das kanadische Heer den Lahrer Standort, die Starfighter und mit ihnen die Atombomben wurden nach Söllingen verlegt.

In Lahr war das alles bis vor kurzem so nicht bekannt, auch wenn zumindest ein Brief an den damaligen Oberbürgermeister Philipp Brucker nahelegt, dass er zumindest geahnt haben muss, dass in seiner Amtszeit zeitweilig Atomwaffen in Lahr gelagert wurde.

Aus heutiger Sicht stelle sich vor allem die Frage, ob der noch immer existierende Atombunker möglicherweise mit atomarem Staub kontaminiert ist. Messungen mit dem Geigerzähler würden da nicht weiterhelfen. Die im Vortrag aufgekommene Frage könnte nur durch aufwendige Untersuchungen geklärt werden, die nach den Erkenntnissen von Werner Schönleber bisher aber nicht stattgefunden wurden.

Nachzulesen ist die Geschichte um das atomare Geheimnis des Lahrer Flugplatzes in der aktuellen Ausgabe des Jahrbuchs "Geroldsecker Land". Werner Schönfelder hat dort eine detaillierte Zusammenfassung seiner Nachforschungen veröffentlicht und akribisch die ausgewerteten Quellen aufgelistet.