Die Bürgergemeinschaft Dinglingen feiert vor dem Rathaus die Rückkehr "ihres" Brunnens. Foto: Baublies

Rund 50 Jahre stand er am Storchenturm / Bürgergemeinschaft Dinglingen feiert

Der Brunnen, der knapp 50 Jahre am Storchenturm stand, ist in seine Heimat zurückgekehrt. An seinem neuen Platz vor dem Dinglinger Rathaus wurde das Ereignis am Freitag gefeiert.

Lahr. Walter Caroli, der 2011 eine Ortschronik geschrieben hatte, stellte die Geschichte vor. Caroli verwies auf das alte Dinglinger Wappen am Brunnen, dessen ältester erhaltener urkundlicher Nachweis aus dem Jahr 1573 stammt. Dieses Wappen ziere ebenso den "Schnellschen Brunnen", wie auf dem Sandsteinbogen ersichtlich ist. Der erste Standort des Brunnens war im Unterdorf, etwa auf der Höhe des heutigen Gemeindezentrums auf dem Anwesen der Familie Schnell. Dort habe es eine Zollbrücke gegeben. Der Brunnen mit der Jahreszahl 1606 und dem Wappen sei das letzte Zeugnis davon.

Der Brunnen passte in den 1950er-Jahren aufgrund eines Umbaus nicht mehr auf das Schnellsche Grundstück und wurde dort abgebaut. Der Standort am Storchenturm sei Anfang der 1970er-Jahre unter der Ägide von Oberbürgermeister Philipp Brucker gewählt worden, so Caroli. Erst als im Zuge des Umbaus des Platzes vor dem Storchenturm der Brunnen und die nicht historische Umfassungsmauer in diesem Jahr weichen mussten, hatte die Bürgergemeinschaft die Idee, dass der historisch bedeutsame Brunnen wieder einen Standort in Dinglingen erhalten sollte. Der passende Platz wurde vor dem "neuen" Dinglinger Rathaus gefunden.

Caroli erzählte bei der Gelegenheit auch einiges über die verschiedenen Verwaltungssitze der Gemeinde und über die jetzt zwei verschiedenen Wappen Dinglingens: am Brunnen und am Rathaus unmittelbar dahinter. Das Dorf an der Wende der Neuzeit trug im Wappen ein Rebmesser und die Klinge einer Sense. Das war dem Weinbau auf dem Schutterlindenberg geschuldet und der Landwirtschaft in der Rheinebene. In der Mitte des 19. Jahrhunderts – im Zuge des Baus der Rheintalbahn – wandelte sich der Charakter des zuvor ländlichen Dinglingens. Eine Überprüfung der Regierung des Großherzogtums Baden 1898 stellte fest, dass das Wappen Dinglingens – mit 22 anderen Wappen – ungültig ist. "Im Falle Dinglingens war die Krone im Wappen Stein des Anstoßes", wie Caroli im Buch über Dinglingen schreibt. Außerdem sollte man mit einem neuen Wappen den "geschäftlichen Verhältnissen der Gemeinde und den Anforderungen einer zeitgemäßen Beurkundung" entsprechen.

Nach mehreren Provisorien wurde um 1900 das prächtige, neue Rathaus an der heutigen Dinglinger Hauptstraße geplant und im Jahre 1902 vollendet. Am Giebel ist seitdem das neue Wappen, eine Zahnrad für Handwerk und Industrie und eine Ähre für die Landwirtschaft zu sehen. Das neue Rathaus war bis 1933 Verwaltungssitz. 1933 wurde Dinglingen von den Nationalsozialisten in die Stadt Lahr zwangsweise eingemeindet. Bei der Feier am Freitag regte Caroli an, ob im Zuge der weiteren Umgestaltung des Platzes "mit mehr Aufenthaltscharakter" der Name des letzten Bürgermeisters der Gemeinde Dinglingen, Bruno Hofmann, nicht angebracht wäre. Der wurde im März 1933 seines Amtes schlicht enthoben.

INFO

Historie

Was die Dokumentation betrifft, ist Dinglingen älter als die Lahrer Tiefburg. Kaiser Otto I. bestätigt im Jahre 961 ein Tauschgeschäft mit "Tuntelinga" (Dinglingen). Der Freiburger Historiker Niklot Krohn schätzt in einem Buch von Walter Caroli, dass an der Stelle zu der Zeit eine alemannische Siedlung etwa 500 alt gewesen sein dürfte. Der Lahrer Storchenturm, das heutige Überbleibsel der Tiefburg der Geroldsecker und der Ursprung der Stadt Lahr, wurde um 1220 gebaut.