"Ich mag meine Aufgabe als Erster Bürgermeister": Guido SchöneboomFoto: Schabel Foto: Lahrer Zeitung

Stadtverwaltung: Guido Schöneboom arbeitet seit zehn Jahren als Erster Bürgermeister in Lahr / Rück- und Ausblick

Lahr. Seit zehn Jahren ist Guido Schöneboom Erster Bürgermeister in Lahr: Am 1. Juni 2010 hat er sein Amt angetreten. Im Interview zieht er Bilanz und wirft einen Blick in die Zukunft.

Herr Schöneboom, seit zehn Jahren sind Sie Erster Bürgermeister. Hätten Sie gedacht, dass Ihre Bewerbung zum Erfolg führen würde?

Nein, ich hatte selbst Vorbehalte. Ein Ostdeutscher im tiefsten Südwesten der Bundesrepublik? Aber: Es ist anders gekommen, was mich nach wie vor freut und motiviert.

Und was hat Sie dann in Lahr am meisten überrascht?

Der Dialekt? Aber Spaß beiseite. Die Offenheit der Menschen und die badische Mentalität.

Was war Ihre beste Entscheidung in diesen zehn Jahren als Bürgermeister?

Eine herauszugreifen ist schwierig. Vielleicht die, nach dem Wegfall der Puppenparade im Jahr 2011, alles daran zu setzen, dass dieses Lahrer Format heute im neuen Gewand als dreiwöchiges Festival zwölf Kommunen im Ortenaukreis vereint. Wir können tolle Stücke für Jung und Alt zeigen, was mich immer wieder fasziniert.

Und Ihre schlechteste Entscheidung?

Hm, ganz unbescheiden kann ich da keine nennen, vielleicht die Durchführung des Bürgerpanels 2013/14? Davon hatte ich mir mehr Input für die Bürgerbeteiligung versprochen.

Das Stadtmuseum war sicherlich eines der wichtigsten Projekte in Ihrer ersten Amtszeit. Was war noch wichtig?

Ich durfte an großen und kleinen Vorhaben mitwirken, die Tonofenfabrik als Ort für das neue Stadtmuseum sticht heraus. Mir waren und sind aber auch soziale Anliegen wie die Obdachlosenunterbringung in der Biermannstraße oder in der Kaiserstraße wichtig, die Inbetriebnahme von weiteren Kindertageseinrichtungen und der Ausbau der Schulsozialarbeit. Ich kann mich aber auch an kleineren Dingen erfreuen, zum Beispie am Spielpunkt auf dem Parkdeck des Marktplatzes, mehr Bänke für Senioren in der Lahrer Innenstadt oder die Formate Firmenlauf im Seepark und das Drachenbootrennen auf dem "Wolfgangsee".

Der Stadtgulden war eine Idee, die Sie mitgebracht haben. Was ist in Zukunft noch zu erwarten in Sachen Bürgerbeteiligung?

Wir haben die Erwartungen erfüllen können. Ein gutes niederschwelliges Angebot zur Mitwirkung aus Eberswalde, was von uns weiterentwickelt wurde. Ich setze auf eine lebendige zweite Auflage im kommenden Jahr.

Ansonsten: Bürgerbeteiligung ist und bleibt ein hehres Ziel. Die Verwaltung muss bereit sein, neue Formate anzubieten, wir brauchen hierzu die Unterstützung seitens der Kommunalpolitik. Genauso wichtig sind die Bereitschaft und die Neugier innerhalb der Stadtgesellschaft, sich für das Gemeinwesen weiter mit einzusetzen.

Was hat die Landesgartenschau für Lahr gebracht?

Sie war eine "Frischzellenkur" für die Stadt, ein Katalysator für die Infrastruktur. Wenn ich mit dem Fahrrad durch die Stadt fahre, erfreue ich mich immer wieder am Erscheinungsbild des Bahnhofs, dessen Vorplatz, am Bürgerpark, an der Kita oder der Jugendverkehrsschule. Für das Haus am See wünsche ich mir eine dauerhafte, gute Gastronomie und für den nächsten Lahrer Firmenlauf viele Lauffreudige!

Wie denken Sie heute über Ihre Kandidatur bei der Oberbürgermeisterwahl?

Mittlerweile weniger emotional, es hat die eine oder andere sehr schmerzliche Enttäuschung gegeben.

Wie erklären Sie sich den Wahlsieg Markus Iberts?

Nach meinem Rückzug nach dem ersten Wahlgang hatte ich erklärt, mich zum Wahlkampf und dem Drumherum nicht zu äußern. Daran hat sich nichts geändert.

Wie läuft Ihre Zusammenarbeit mit dem OB ?

Wir haben zu einer guten und konstruktiven Zusammenarbeit gefunden.

Was schätzen Sie, wann wird es wieder Konzerte und Theateraufführungen im Parktheater geben?

Wir sind mit unseren Überlegungen weit fortgeschritten. Das Team im Kulturamt ist hochmotiviert und will loslegen. Ich gehe davon aus, dass die Spielzeit 2020/21 "über die Bühne geht", wenn auch mit Einschränkungen, Platzabständen im Parktheater oder keinen Pausen in den Stücken zum Beispiel. Unser Ziel: Die Kultur so schnell wie möglich wieder zu den Menschen bringen!

Wie kann die Stadt den Vereinen helfen in Zeiten, in denen das Sporttreiben amtlich untersagt ist?

Die Maßnahmen der Verwaltung sind hier begrenzt. In erster Linie haben wir dafür zu sorgen, dass die Regelungen der sich immer wieder verändernden Corona-Verordnungen eingehalten werden. Wir sind aber mit allen Vereinen, egal ob im Sport, in der Kultur, der Musik oder im sozialen Bereich im Gespräch, um deren Problemlagen (zum Beispiel Einnahmeverluste vs. Miet- und Pachtverpflichtungen) abzufedern.

Die Corona-Pandemie reißt ein Loch in die Stadtkasse. Bekommen die Bürger das zu spüren?

Das werden wir gemeinsam mit der Kommunalpolitik diskutieren. Meine Präferenz: Möglichst nicht zu Lasten der Bürgerschaft und der Lahrer Unternehmen. Ob uns das gelingt, werden wir sehen, wenn wir die genauen Zahlen der Mindereinnahmen und deren Auswirkungen auf die zukünftigen Haushalte kennen.

Wie denken Sie über Menschen, die gegen die Corona-Regeln demonstrieren?

Ich halte einen Teil der Fragen für durchaus berechtigt, wir müssen uns mit der Kritik auseinandersetzen. Ein Wesenszug unserer Demokratie ist die Meinungsfreiheit und das soll/ muss auch so bleiben. Mir persönlich gefällt nicht, dass die Demonstranten mitunter zu pauschal in eine extreme Ecke gestellt oder als Verschwörungstheoretiker abgekanzelt werden.

Angenommen, Sie hätten einen Wunsch an die Lahrer Bevölkerung frei?

Nur einen? Ja, einen Wunsch habe ich: Die Wahlbeteiligung ist in Lahr "unterirdisch". Ich wünsche mir, dass sich die Menschen mehr für die nationalen wie kommunalen Belange interessieren und ihr Wahlrecht ausüben, damit gewählte Bundestags- und Landtagsabgeordnete, Stadträte oder Oberbürgermeister mehr Rückhalt für ihre Arbeit genießen.

Es ist kein Geheimnis, dass Sie mit der Fasent fremdeln. Was muss passieren, damit Sie mal bei einem Umzug in vorderster Reihe mitschunkeln? Und welche Verkleidung würden Sie dann tragen?

2012 habe ich als Kardinal verkleidet in vorderster Reihe gestanden und das "Rathaus-Stürmchen" hautnah erlebt. Ich war bei den Schärmies in Mietersheim und bei den Schergässlern in Reichenbach, aber der Funke ist nicht übergesprungen. Ich respektiere das Brauchtum, bitte jedoch im Gegenzug um Akzeptanz, dass dem Ersten Bürgermeister kein Fasent-Gen in die Wiege gelegt wurde.

Sie sind bis 2026 gewählt. Bleiben Sie bis dahin in Lahr?

Ich hatte diese Frage befürchtet. Natürlich habe ich über einen Weggang nachgedacht. Es wäre nicht aufrichtig, wenn ich das abstreiten würde. Allerdings mag ich meine Aufgabe als Erster Bürgermeister, habe ein tolles Team um mich und noch so einiges vor. Von daher ist Bleiben keine schlechte Option.

Guido Schöneboom, 1965 geboren, wechselte von der Stadtverwaltung Leipzig nach Lahr. Zu seinem Dezernat gehören das Rechts- und Ordnungsamt, das Kulturamt, das Amt für Soziales, Schulen und Sport sowie das Amt für außerschulische Bildung. 2018 hat ihn der Gemeinderat einstimmig wiedergewählt. Im vergangenen Jahr kandidierte er für das Amt des Lahrer Oberbürgermeisters, im zweiten Wahlgang trat er nicht mehr an.