Das Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz in Kehl weist auf einige Fallstricke hin

Der Markt für Versicherungen ist kaum zu überblicken. Viele Menschen lassen sich durch Versicherungsmakler beraten. Wir haben mit Karolina Wojtal, Juristin beim Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz in Kehl, darüber gesprochen, worauf man achten sollte.

Welche Versicherungen sind aus Sicht des Verbraucherschutzes notwendig?

Unbedingt notwendig ist eine private Haftpflichtversicherung. Eigentümer eines Hundes oder eines Pferdes sollten auch eine Tierhalterhaftpflichtversicherung abschließen. Eine Absicherung für den Fall, dass die Arbeitskraft verloren geht, ist ebenfalls sinnvoll. Davor schützt eine Berufsunfähigkeits- und Unfallversicherung. Alles Weitere hängt davon ab, wieviel Geld ich aufbringen kann (siehe Info-Kasten).

Worauf sollte man beim Abschluss einer Versicherung achten? Wo sind Fallstricke ausgelegt?

Drei allgemeinere Verhaltensregeln lassen sich formulieren: Nie sofort unterschreiben, sondern das Angebot mit nach Hause nehmen und in Ruhe vergleichen. Für jede Versicherung mindestens drei Angebote einholen, und nichts unterschreiben, was man nicht versteht: Sofern ich nicht weiß, in welchen Fällen ich versichert bin und in welchen nicht, unbedingt nachfragen!

Von welchen Versicherungen rät das Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz eher ab?

Wir raten von allen Versicherungen ab, die ein Schadensereignis absichern, dessen Eintritt den Verbraucher nicht in den finanziellen Ruin treiben würde: Oft zahle ich für Versicherungen jahrelang Prämien, ohne sie in Anspruch zu nehmen. Von der Gesamtsumme der Prämien, die ich über die Jahre hinweg gezahlt habe, kann ich den Schaden oft auch unproblematisch aus eigener Tasche zahlen.

Können Sie Beispiele für solch unnötige Versicherungen nennen?

> Glasbruchversicherung: Die Reparatur eine kaputten Scheibe ist ärgerlich, aber zu verkraften.

> Brillenversicherung haben meist hohe Prämien und hohe Selbstbeteiligungen und lohnen sich daher kaum, da kann ich die Brille auch gleich komplett selbst zahlen. Dazu kommen oft sehr restriktive Versicherungsbedingungen.

> Reisegepäckversicherungen zahlen oft nur anteilig oder gar nicht, weil sie Ihnen grob fahrlässiges Verhalten im Umgang mit Ihrem Gepäck vorwerfen. Zudem sind Wertsachen wie Schmuck, aber auch wertvolle Sachen, beispielsweise Film- und Fotoapparate nur unzureichend mitversichert. Hinzu kommt, dass unter bestimmten Vorausset-zungen ihr Gepäck ohnehin in der Hausratversicherung versichert ist.

> Handyversicherung: Diese dürfte sich ebenfalls kaum rechnen, denn entschädigt wird durch den Vertrag in der Regel nur der Zeitwert eines Handys. Obendrein muss man oft eine ordentliche Selbstbeteiligung zahlen.

> Insassenunfallversicherung: Verursachen Sie einen Unfall und werden Ihre Fahrgäste verletzt, tritt Ihre eigene Auto-Haftpflicht ein. Trägt ein anderer Verkehrsteilnehmer dieSchuld, zahlt dessen Versicherung. Eine zusätzliche Versicherung ist also nicht notwendig.

> Sterbegeldversicherung: Bei langer Laufzeit zahlt der Versicherungsnehmer am Ende häufig mehr ein als die Hinterbliebenen bekommen. Besser ist, man legt einen Betrag für die eigene Beerdigung auf einem Tages- oder Festgeldkonto an.

> Versicherung gegen »häusliche Notfälle«: Wenn Sie sich aussperren oder die Heizung streikt, treibt das Rufen des Notdienstes niemanden in den finanziellen Ruin.

Das Zentrum in Kehl ist ja für den europäischen Verbraucherschutz zuständig. Was ist zu beachten, wenn man viel im Ausland unterwegs ist?

In vielen Versicherungsbedingungen steht, dass der Wohn-sitz des Versicherungsnehmers in Deutschland sein muss. Beim Umzug ins Ausland verliere ich also häufig meinen Versicherungsschutz. Entscheidend ist dabei, wo ich meinen Lebensmittelpunkt habe. Dies ist nicht automatisch der Ort, an dem ich melderechtlich registriert bin. Ab einer Aufenthaltsdauer von mindestens 180 Tagen wird jedenfalls vermutet, dass ich in einem Land auch meinen Lebensmittelpunkt habe. Außerdem gibt es bestimmte Versicherungen, die zwingend von einer längeren Abwesen-heit zu unterrichten sind, zum Beispiel die Gebäudeversicherung. Der Hintergrund dazu ist, dass ein bewohntes Haus einem anderen Risiko ausgesetzt ist (niedriger, da Schäden schneller entdeckt werden) als ein unbewohntes Haus. Anders herum lockt ein unbewohntes Haus eher Einbrecher an, was für die Hausratversicherung interessant sein kann.

Fragen von Wolfgang Achnitz.

 

INFO

Das braucht man

> Gebäudeversicherung und Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung: sind notwendig, wenn man eine Immobilie sein Eigen nennt.

> Hausratversicherung ist angezeigt, wenn man wertvollen Hausrat hat oder sich einen Ersatz des gesamten Hausrates im Falle des Totalverlustes nicht leisten könnte.

> Risikolebensversicherung lohnt sich dann, wenn eine Immobilie finanziert wird und der Tod von einem der »Verdienenden« die Abbezahlung eines Kredits ernsthaft gefährden würde.

> Vollkaskoversicherung ist sinnvoll bei Neufahrzeugen und bei Fahrzeugen bis zu einem Alter von vier Jahren, bei Fahrzeugen bis etwa acht Jahren ist eine Teilkaskoversicherung ausreichend. Danach lohnt sich eine solche Versicherung in der Regel nicht mehr.

> Zahnzusatzversicherungen sind sinnvoll, da die Krankenkassen kaum noch Kosten übernehmen.