Markus Ibert sprach im Gastraum der "Linde" zu insgesamt gut 40 Reichenbacher Bürgern. Foto: Schabel

Stadtteiltag: Markus Ibert spricht mit Reichenbacher Bürgern / Verkehrsprobleme sind das bestimmende Thema im Dorf

Lahr - Was hilft den verkehrsgeplagten Bürgern in Reichenbach am ehesten? Tempo 30 oder Tempo 40 in der Ortsdurchfahrt? Bei dieser Frage sind sich OB Markus Ibert und die Reichenbacher am Stadtteiltag kein bisschen nähergekommen.

Gut 40 Bürger hatten am Mittwochabend im Gastraum der "Linde" Platz genommen. Sie konfrontierten den Rathauschef fast ausschließlich mit Fragen und Beschwerden zu den Verkehrsproblemen in ihrem Stadtteil.

 > Wie war die Stimmung? Es dauerte keine drei Minuten, bis es laut wurde: Wilhelm Schwörer sagte, er wolle Tempo 30 auf der B 415 haben, stand an diesem Abend damit unter seinen Mitbürgern aber auf völlig verlorenem Posten. Viele protestierten sofort energisch, woraufhin Ortsvorsteher Klaus Girstl die Lage beruhigen musste. Auch Ibert bat darum, "gewisse Spielregeln" einzuhalten, vor allem einander ausreden zu lassen.

Der Appell traf durchaus auf offene Ohren, der Rest des 100-minütigen Abends verlief gesittet. Dabei nahmen die Bürger kein Blatt vor den Mund. Der OB bekam zum Beispiel zu hören, dass manche Autofahrer "wie die Sau" durch den Ort brettern und die Menschen in Reichenbach dann "den Dreck fressen" müssten – gemeint waren die Abgase.

 > Was haben die Bürger Ibert konkret gesagt? Franz Oehler fragte, was denn der Unterschied zwischen Tempo 40 und 30 sei. Und ob die ins Feld geführten gesundheitlichen Gründe in der Lahrer Innenstadt nicht gelten, da dort sogar mit Tempo 50 gefahren werden dürfe. Ewald Feisst wies auf "Undurchsichtigkeiten" der Gutachten hin, während Gerd Furtwängler die Diskussion um das Nachtfahrverbot als "Augenwischerei" bezeichnete. Bernd Hierlinger fragte nach dem Ergebnis der Verkehrszählung vom April 2019, das noch immer nicht vorliege.

Den meisten Ärger gab’s wegen der Pläne der Stadt, in Reichenbach Tempo 30 einzuführen: Wenn das so kommt, brauchen die Autos noch länger, bis sie durch den Stadtteil durch sind, lautete ein Gegenargument. "Dann haben wir noch mehr Stau", hieß es. Auch wegen des erwarteten Verkehrslärms war die große Mehrheit der Besucher entschieden gegen Tempo 30: Je niedriger der Gang, desto lauter arbeite der Motor, bekam der Rathauschef gesagt.

 >Wie hat sich der OB geschlagen? Ibert blieb cool und hielt mit Mess-Ergebnissen dagegen, wonach die Gesundheit der Reichenbacher mit Tempo 30 besser geschützt sei. Außerdem sei die Einführung von Tempo 30 die Voraussetzung, um für den Ort eventuell ein Lkw-Nachtfahrverbot genehmigt zu bekommen. Mit entschiedenem U-terton sagte er, er wolle "mit der Mär aufräumen", dass der Gemeinderat und die Verwaltung die Wünsche der Reichenbacher ignorieren würden. Vielmehr müsse man sich einfach an das Machbare halten. Eine mögliche Umfahrung für den Ort bezeichnete er als "illusorisch", einen Tunnelbau als "weit, weit weg".

Der Gemeinderat werde sich in diesem Monat mit dem Verkehr in Reichenbach befassen. Einen Beschluss werde das Gremium im Frühjahr 2021 treffen, wenn ein Gutachten über die Verkehrsströmen bei einem Lkw-Nachtfahrverbot vorliegt.

  Und was war mit anderen Themen? Um die ging es nur am Rand. Ein Gast beschwerte sich, dass die Straße zum Schützenhaus voller Schlaglöcher sei. Ibert erwiderte, dass man sie wohl schon saniert hätte, wenn die Stadt mehr Geld hätte. Nach der Wortmeldung eines Besuchers, dass die Reichenbacher Schule "vergessen" werde, gab Ortsvorsteher Klaus Girstl Entwarnung: In die Schule werde eine Million Euro investiert, unter anderem in neue Fenster, die Dachsanierung und die Verschönerung des Pausenhofs.

 > Was bleibt? Nach dem offiziellen Ende des Abends gingen die Gespräche weiter, Ibert setzte sich zu den Besuchern. Auch wenn man sich bei der Frage Tempo 30 Ja oder Nein keinen Millimeter angenähert hatte, gab’s kein böses Blut.

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Info: Härtere Strafen gefordert

inig waren sich die Besucher und der Rathauschef in ihrem Ärger über Brummifahrer, die die enge Umleitungsstrecke befahren, obwohl sie es nicht dürften. Ein Besucher forderte drakonische Strafen ("3000 Euro wie in der Schweiz, dann ist schnell Ruhe"), doch Ibert erinnerte daran, dass das nicht umsetzbar ist: "Das gibt die Straßenverkehrsordnung nicht her." Lkw-Fahrer, die in der Umleitung erwischt werden, müssen 75 Euro berappen.