Ab der kommendem Woche sollen in der Lahrer Rheintalhalle täglich 560 Menschen geimpft werden. Foto: Archiv

Pandemie: Lahrer Zentrum erhält umstrittenen Wirkstoff von Astrazeneca

Lahr - Mit 35 Impfungen pro Tag hat das Lahrer Impfzentrum vor einem Monat seinen Betrieb aufgenommen. Doch nun kommt Tempo in die Angelegenheit, denn in der nächsten Woche soll die Zahl der täglichen Immunisierungen auf 560 steigen.

Möglich ist das, da in Lahr ein zusätzlicher Wirkstoff eingesetzt wird. Bisher werden dort nur Dosen von Biontech-Pfizer verabreicht. Doch Baden-Württemberg erwartet bis Mitte März rund 450. 000 Impfdosen des Stoffs von Astrazeneca – davon erhält auch das hiesige Zentrum seinen Anteil. Doch der Impfstoff, den die britische Universität Oxford und der internationale Pharmakonzern Astrazeneca gemeinsam entwickelt haben, hat ein Image- problem.

Was spricht gegen den Stoff von Astrazeneca?

Es gibt Sorgen, dass die Nebenwirkungen deutlicher sind oder häufiger auftreten als bei Biontech-Pfizer. Im niedersächsischen Emden etwa waren nach einem Pressebericht 194 Mitarbeiter eines Krankenhauses geimpft worden. 30 von ihnen meldeten sich daraufhin wegen Kopfschmerzen, Müdigkeit und Fieber krank.

Auch in Berlin, wo Wahlfreiheit beim Impfstoff herrscht, kommt der Covid-19-Wirkstoff von Astrazeneca bisher nicht gut an. In der Hauptstadt entwickelt er sich sogar zum Ladenhüter.

Wirksamkeit und Verträglichkeit seien nicht gut, heißt es. Es gibt aber auch Gegenmeinungen von Wissenschaftlern, die sagen, dass der Astrazeneca-Impfstoff nicht minderwertig sei. Im Vergleich zu den anderen, die auf dem Markt sind, habe er sogar Vorteile: Er sei robuster und brauche keine eisigen Temperaturen beim Transport.

Wer wird in Lahr mit Astrazeneca geimpft?

Geplant ist, dass damit zunächst Berechtigte der ersten Priorität zwischen 18 und 64 Jahren immunisiert werden sollen, also Menschen, die in Bereichen mit einem sehr hohen Ansteckungsrisiko arbeiten, etwa in Pflegeheimen oder auf Intensivstationen.

Voraussichtlich Anfang/Mitte März soll in Baden-Württemberg damit begonnen werden, Impfberechtigte von 18 bis 64 aus der zweiten Priorität mit Astrazeneca zu impfen. Das sind etwa Haus- und Zahnärzte, Beschäftigte in medizinischen Einrichtungen mit hohem Infektionsrisiko sowie Menschen mit einer geistigen Behinderung. Außerdem sollen Lehrer und Erzieher bei den Impfungen vorgezogen werden – auch in Lahr.

Kann man sich in Lahr seinen Impfstoff aussuchen?

Nein, so das Landratsamt auf Nachfrage unserer Redaktion. Menschen über 80 Jahre sollen aber weiter nur mit Biontech-Pfizer geimpft werden. Nur wer 64 oder jünger ist, erhält Astrazeneca.

Was sagt der Gesundheitsminister?

Manne Lucha (Grüne) hat laut einer Mitteilung der Landesregierung davor gewarnt, den neuen Impfstoff schlechtzureden: "Astrazeneca ist genauso geeignet, die Pandemie zu bekämpfen wie die beiden andern Impfstoffe von Biontech-Pfizer und Moderna.

Alle drei Impfstoffe haben ein umfangreiches Zulassungsverfahren durchlaufen. Klar ist also: Astrazeneca ist kein Impfstoff zweiter Klasse." Er habe kein Verständnis dafür, wenn sich Menschen damit nicht impfen lassen wollten, so Lucha.

Wie ist die Lage im Lahrer Impfzentrum?

Zurzeit werden in der Rheintalhalle täglich 250 Menschen in drei Impfbahnen geimpft. Ab kommender Woche sollen pro Tag 560 Menschen in fünf Impfbahnen immunisiert werden. Seit dem Start des Zentrums am 22. Januar wurden dort 1288 Erstimpfungen und 158 Zweitimpfungen verabreicht, so der Stand von Freitag. Am Montag sind weitere 250 Impfungen dazugekommen.

Stadtmühle hilft

Senioren aus Lahr, die Hilfe bei der Vereinbarung eines Impftermins brauchen, können sich beim Bürgerzentrum Stadtmühle telefonisch unter 07821/2 17 87 von Dienstag bis Freitag jeweils von 13.30 bis 17.30 Uhr melden. Mitarbeiter der Stadtmühle und der Stadtverwaltung übernehmen dann das komplizierte Anmeldeverfahren für das Impfen.

Bis Montagmittag haben 166 Lahrer Senioren diesen Service in Anspruch genommen – jedem von ihnen konnte die Stadtmühle zu einem Impftermin verhelfen. Damit ist die Warteliste des Seniorenzentrums komplett abgearbeitet worden.