Der Gemeinderat machte sich vor Ort ein Bild über die aktuelle Lage des Stadtwaldes. Foto: Haberer Foto: Lahrer Zeitung

Waldbegehung: Gemeinderat verschafft sich einen Überblick / Borkenkäfer breitet sich weiter aus

Nahezu alle Baumarten stehen unter Stress, das Bild des Waldes wird sich verändern. Im Rahmen einer Waldbegehung hat sich der Gemeinderat über den Zustand des Stadtwaldes und die Herausforderungen des Klimawandels informiert.

Lahr. Der Lahrer Gemeinderat und Fachleute des Bau- und Gartenbetrieb (BGL) haben sich am Samstag viel Zeit genommen, um sich vor Ort über den Zustand des rund 1300 Hektar großen Stadtwaldes zu informieren.

Die aktuelle Bilanz der Forstleute gibt dabei wenig Grund zur Freude. Die langen Hitze- und Trockenperioden im Sommer 2018 haben nahezu alle Baumarten unter Stress gesetzt und für eine Vermehrung der Baumschädlinge gesorgt. Im Schwarzwald wird sich somit im Lauf des Jahrhunderts ein Weinbauklima einstellen, wie Forstbezirksleiter Hans-Georg Pfüller betonte.

Der Wald wird damit ganz neuen Stressfakturen ausgesetzt, Sekundärschädlinge vermehren sich rasant, einige der vertrauten Baumarten werden wie die Fichte in den nächsten Jahrzehnten fast gänzlich verschwinden.

Was das bedeutet wurde am Altvater deutlich, wo Revierleiter Michael Heid und sein Stellvertreter Holger Rappenecker eine Reihe Waldbilder erläuterten. Am Wegrand liegen frisch geschlagene Weißtannen, unter deren Rinde sich der Borkenkäfer ausgebreitet hat. Das zusätzlich geschlagene Käferholz setzt die Holzpreise unter Druck, sprengt die Kapazitäten der Holzbetriebe und Sägewerke. Oberhalb der Rehbockhütte hat der Kupferstecher zugeschlagen und eine ganze Fichtenschonung absterben lassen.

Fichte als Verlierer der Klimaerwärmung

Die noch jungen Bäume müssen geschlagen und abgeräumt werden, das Holz wird nicht weiterverwertet. Die Fichte ist im klassischen Bergwald der große Verlierer der Klimaerwärmung. Die sich stark vermehrenden Baumschädlinge setzen aber auch Kiefer, Lärche und Ahorn zu, am besten scheinen Douglasie und Eiche den Stress zu verarbeiten. Heid ist trotzdem erstaunt, wie sehr auch ihnen der Stress zusetzt. Die ertragreichen Monokulturen des vergangenen Jahrhunderts werden auf jeden Fall verschwinden, die Zukunft gehört wieder dem klassischen "Gemischtwarenladen". Für Heid und Rappenecker steht der Erhalt der Vitalität des Waldes deshalb auch an erster Stelle.

Wirtschaftliche Überlegungen seien nachrangig. Das städtische Forstrevier sei ein Zuschussbetrieb, der normalerweise ein Defizit von 50 000 bis 80 000 Euro im Jahr einfährt. Im Forstalltag gehe es darum, die Naturverjüngung des 1333,4 Hektar großen Waldbestands der Stadt zu fördern, junge Triebe vor Wildverbiss zu schützen und abgestorbene "Habitatbäume" als Biotope für nützliche Insekten und Vögel zu erhalten.

Die Einschlagmenge werde immer unabhängiger vom Ertrag durch die Notwendigkeit bestimmt, die Folgen des Klimawandels abzumildern.

Genau das wird im rund 140 Hektar große Auenwald der Stadt deutlich, wo sich aufgrund des Eschensterbens ein massiver Umbruch abzeichnet. Das "Eschenstengelbecherchen", ein aus dem Baltikum immer weiter nach Westen vordringender Pilz, hat die Hauptbaumart der Auenwälder befallen. Die Hoffnungen, dass einzelne Bäume eine Resistenz entwickeln, hat sich zerschlagen.

Das Forstrevier wird in den nächsten zehn Jahren deshalb rund 100 Hektar Wald abräumen und die Esche durch Eichen, Pappeln und Ahornbäume ersetzen. Stehen bleiben nur die vereinzelt vorkommenden Flatterulmen“, der letzte Mohikaner unter den bereits weitgehend verschwundenen Ulmen.

Auf jedem Hektar werden rund 60 Baumnester mit 20 Eichen und einem halben Dutzend Solitärbäumen angepflanzt. Die Fläche muss über mehrere Jahre gehegt und gepflegt, später auch ausgedünnt werden. Die Maßnahme wird mit rund 15 000 Euro pro Hektar veranschlagt, die vom Land mit rund einem Drittel bezuschussten Gesamtkosten, dürften damit bei rund 1,5 Millionen liegen.