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Verkehr: Bringt der neue Asphalt in Reichenbach mehr Ruhe? Die LZ hat sich umgehört

Reichenbach - Im Normalfall sind Baustellen eine lästige Angelegenheit für Anwohner. Wenn die Baufahrzeuge abrücken, freuen sie sich meist. In Reichenbach ist das nicht so, manche wünschen sich die B 415-Baustelle zurück. Die LZ sprach mit Betroffenen.

"Das Hauptproblem sind die großen Lkws"

"Eigentlich ist es schade, dass die Baustelle weg ist", lacht B 415-Anwohner Bernd Hierlinger, "während der Baustelle war es extrem ruhig hier. Wir haben die Ruhe genossen". Seit am vergangenen Samstag Bauarbeiter und -fahrzeuge nach fast zwei Jahren Sanierung der Ortsdurchfahrt abrückten, rollt der Verkehr nun wieder. Und mit ihm auch die schweren Lkws.

Um die Lärmbelastung zu verringern, wurde bei der Sanierung ein besonderer Asphalt eingesetzt. Der sogenannte lärmtechnisch optimierte Asphalt, kurz LOA-Belag, sei in der Deckschicht der Straße zum Einsatz gekommen, erläutert die Stadtverwaltung auf Nachfrage unserer Zeitung.

Im Speziellen reduziere der Belag durch die Beschaffenheit seiner Oberflächentextur das Reifen-Geräusch auf der Fahrbahn. Drei Dezibel leiser sei es dadurch, schreibt das Regierungspräsidium Freiburg (RP) in einer Mitteilung.

Doch was sagen die Menschen vor Ort? "Ich finde, es gibt keinen Unterschied zu vorher. Zumindest keinen merkbaren", bringt Dirk Munz vor. Er wohnt ebenfalls direkt an der frisch sanierten Ortsdurchfahrt und findet es genau wie Hierlinger schade, dass die Bauarbeiten jetzt abgeschlossen sind.

Mit der Baustelle, sagt auch er, sei es ruhiger gewesen: "Weil die Lkws weg waren." Dass die Verkehrslärmminderung von drei Dezibel wirklich wahrnehmbar sei, zweifelt Munz allerdings an. "Das Hauptproblem sind die großen Lkws", sagt er. Wenn die vorbeifahren, vibrierten im Haus die Gläser. Auch die Autotransporter – gerade wenn sie ohne Ladung fahren – würden "arg scheppern": "Das hören wir halt weiterhin."

Auch Gerd Merz hat die B 415-Baustelle als Anwohner der Reichenbacher Hauptstraße aus nächster Nähe mitverfolgt. Seiner Wahrnehmung nach hört man bei den durchfahrenden Autos schon, dass ein anderer Fahrbahnbelag auf der Straße sei. "Da merken wir eine Entlastung", räumt er ein. Nur bei den Lkws sei die Lärmbelastung noch immer da.

Andere sehen den lärmoptimierten Asphalt als tatsächlichen Vorteil, etwa der Lärmschutzbeauftragte der Landesregierung, Thomas Marwein. Eine Mitteilung des Regierungspräsidiums zitiert ihn wie folgt: "Weniger Verkehrslärm ist ein echter Gewinn für Anwohnerinnen und Anwohner. Daher freue ich mich, dass in Lahr-Reichenbach ein Asphalt eingebaut wurde, der eine deutliche Minderung des Verkehrslärms bewirkt." Ihm zufolge seien beruhigte Ortsmitten ein wichtiger Beitrag für Lebensqualität.

Doch auch für Nicole Fischer, die ihren beruflichen und privaten Lebensmittelpunkt an der Reichenbacher Hauptstraße hat, stellt der Lkw-Lärm auch nach der Sanierung ein großes Problem dar: "Die Lkw und Autotransporter verursachen extremen Lärm", meint sie.

Etwas ruhiger sei es aber dann doch, merkt sie an. "Eventuell durch den neuen Fahrbahnbelag", ganz sicher scheint sie sich nicht zu sein. "Aber es gibt auch keine Gulli-Deckel mehr, die kläppern", sagt sie dann. Vor der Sanierung sei bei jedem vorbeifahrenden Fahrzeug ein doppeltes, lautstarkes Klacken zu vernehmen gewesen. Das sei nun vorbei. Für das Ortschaftsbild hätte sich die Sanierung ihr zufolge aber allemal gelohnt. "Es ist optisch schöner." Auch der Gehweg sei geebnet und lästige Stolperfallen seien beseitigt worden.

OB Markus Ibert begrüßt den Abschluss der Arbeiten laut der RP-Mitteilung: "Aus einer Ortsdurchfahrt wurde eine Dorfstraße. Die ansprechendere Gestaltung, der lärmmindernde Fahrbahnbelag und die breiteren Gehwege heben die Qualität für alle Nutzer, besonders auch die Fußgänger, deutlich."

Der Besuch unserer Redaktion vor Ort hat gezeigt, dass die Anwohner durchaus angetan davon sind, wie sich das Straßenbild verändert hat. Doch bei allem Lob für die neue Optik war auch zu hören, dass die Lärmbelastung vor allem durch Lkws andauert. So sagte Dirk Munz: "Wenn das eine Dorfstraße sein soll, dann will ich in der nicht wohnen."

Info

 Feinarbeiten: Die Auftragung der Straßenmarkierungen stehen noch an.

 Sanierung: Der erneuerte Streckenabschnitt ist insgesamt 1,4 Kilometer lang.

 Fußwege: Auch die Gehwege entlang des Straßenabschnitts wurden umgestaltet. Sie seien nun breiter und durch einen Pflasterbelag aufgewertet, so das RP.

Budget: Die Gesamtkosten der Straßensanierung liegen bei rund 3,7 Millionen Euro, informiert das RP. 2,7 Millionen Euro davon trage der Bund, eine Million Euro die Stadt Lahr.

 Bau-Verlauf: Gestartet hatten die Arbeiten unter Federführung der Stadt im Juli 2019. Wegen schlechten Wetters im vergangenen Dezember konnten sie nicht, wie vorgesehen, Ende 2020 abgeschlossen werden.

 Straßenbelag: Wenn ein Fahrzeug über den neuen Fahrbahnbelag fährt, ermöglicht dieser – durch seine spezielle Textur – eine Entlüftung des Reifenprofils. Sogenannte "Luftpump-Geräusche" würden somit reduziert.