Was die CDU-Basis vom Streit mit der Schwesterpartei CSU hält

Lahr - CDU-Mitglieder in und um Lahr beobachten voller Sorge, wie sich die Unionsparteien in Berlin um den richtigen Kurs in der Asylpolitik zoffen. In der hiesigen Region ist die Angst groß vor einer Eskalation der Auseinandersetzungen.

Die Lahrer CDU-Vorsitzende Annette Korn würde es "sehr schade" finden, wenn die seit 1949 bestehende Fraktionsgemeinschaft mit der CSU aufgelöst werden würde. Sie habe ein gewisses Verständnis für die CSU, die in vor einer wichtigen Landtagswahl stehe. Dass ein Minister einer Kanzlerin Vorgaben machen wolle, sei zwar unüblich. Aber in der Sache gibt Korn dem Innenminister und CSU-Chef Horst Seehofer durchaus recht: Man dürfe nicht immer eine europäische Lösung einer nationalen vorziehen, die Bevölkerung habe beim Thema Asyl Anspruch auf Schutz. "Notwendig ist ein Kompromiss, bei dem beide Beteiligten ihr Gesicht wahren können", betonte Korn.

Ähnlich sieht es Ilona Rompel, Fraktionsvorsitzende im Lahrer Gemeinderat. Sie begrüßt sogar das Vorgehen Seehofers. "Er hat eine klare Linie", sagt sie, ohne die vielleicht gar nicht weiter darüber diskutiert worden wäre, dass Menschen ins Land kommen, die bereits eine Einreisesperre haben. Sie glaubt zudem nicht, dass es den Bürgern zuzumuten sei, immer auf die große europäische Lösung zu warten. Diese würde sie zwar auch präferieren, aber wenn diese sich immer weiter hinzieht, müsse Deutschland handeln. Das Fraktionsbündnis oder die Koalition sieht sie aber nicht in Gefahr. "Wer soll Politiker dann noch ernst nehmen?"

Annerose Mattmüller ist seit 45 Jahren CDU-Mitglied, sie erinnert sich noch gut an Kreuth 1976. Damals hatte der CSU-Vorsitzende Franz Josef Strauß die Trennung von der CDU angekündigt. Erst Wochen später und nach massiven Drohungen aus der CDU rückte er wieder davon ab. "Es kann nicht sein, dass wir uns jetzt wieder von dieser Regionalpartei erpressen lassen", so Mattmüller. Sie wünscht sich, dass die Kanzlerin mit harter Hand auf Horst Seehofers Ankündigung reagiert, Flüchtlinge an der deutschen Grenze zurückzuweisen, die bereits in einem anderen EU-Land registriert wurden: "Dann kommt es halt zum Knall mit der CSU, aber wir dürfen uns nicht alles gefallen lassen." Die meisten in der Kippenheimer CDU stehen laut Mattmüller hinter der Kanzlerin. Doch es gebe auch Mitglieder, die Seehofers Position für richtig halten.

Klaus Keller, Chef der Ettenheimer CDU, hat den Zwist in der Union aus der Ferne verfolgt. Er kam am Montag aus dem Urlaub zurück, den er – passenderweise – auf dem Balkan verbrachte. Neben der Flüchtlings-Thematik gebe es in Montenegro, dem Kosovo, Makedonien oder Albanien viele Probleme, sagt Keller. Etwa die Wartezeiten, wenn man von einem Land in ein anderes reisen wolle: "Jeder, der sich Grenzkontrollen zurückwünscht, sollte einmal dorthin fahren. Es ist schlichtweg eine Katastrophe." Wie Mattmüller steht Keller hinter dem Kurs der Kanzlerin: "2015 hat Seehofer Merkel – zu Unrecht – einen Alleingang vorgeworfen. Jetzt strebt er selbst einen an." Wieso der Innenminister das tut? "Da fallen mir nur die Landtagswahlen in Bayern ein. Aber dafür kann man doch keinen offenen Bruch in der Union riskieren", echauffiert sich Keller. Er ist sich sicher: "Es geht nur über ein geeintes Europa." Das Verhältnis zu Österreich, Italien und Griechenland würde "mit Seehofers Plan sicher nicht besser".

Info: Das sagt der Abgeordnete

"Dass ein Streit über eine in der Sache nur geringe Differenz so eskaliert, ist unverständlich und zeigt, dass es in Wahrheit nicht um die Sache, sondern um einen Machtkampf geht", sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Peter Weiß zu dem Unionsstreit. Diese Einsicht habe in der CDU zu einer großen Solidarisierung mit Bundeskanzlerin Angela Merkel geführt. Das müsse die CSU zur Kenntnis nehmen. "In der Sache wollen CDU und CSU eine klare und verlässliche Regelung, dass Flüchtlinge, die bereits in einem anderen EU-Land einen Asylantrag gestellt haben, auch in dieses Land zurück müssen", so Weiß.