Lahr - Am Wochenende lief der zweite Teil des Films "Aenne Burda - Die Wirtschaftswunderfrau" im Fernsehen, inzwischen hat die ARD das komplette Video online gestellt. Wer den Film vor einigen Tagen verpasst hat, kann ihn hier in kompletter Länge anschauen.

Der Sulzer Karl Brüstle kannte die Familie Burda persönlich, er war bereits in den Anfangsjahren des Modeverlags im Lahrer "Bädle" dabei und weiß so manche pikante Anekdote, die er der Lahrer Zeitung vor dem Erscheinen des ersten Films im Jahr 2018 erzählt hat.

Sulzer hat komplettes Berufsleben bei Burda gearbeitet

Karl Brüstle hat Burda im Blut. Kein Wunder. Ein ganzes Berufsleben lang hat er für den Verlag gearbeitet, 43 Jahre. Schon sein Vater Ernst stand beim Offenburger Unternehmen als Offsetdrucker an der Maschine. Da war es keine Frage, dass auch der Sohn in die Firma kam. "17 Jahre war ich alt, als es bei Burda losging, als Lithograf", erinnert sich der rüstige Rentner, ein Sulzer durch und durch.

Erinnerungen an Burda-Zeit in Fotoalben gesammelt 

Im Januar wird er 90, doch was vor mehr als 70 Jahren bei Burda los war, weiß er noch, als ob es gestern gewesen wäre. Und was er nicht mehr ganz parat hat, schlägt er in seinen dicken Fotoalben nach, die er im Laufe der Jahrzehnte zusammengetragen hat. Schätze aus der Burda-Zeit, von 1947 bis 1989.

Wer darin blättert, entdeckt auf Fotos Elfriede Breuer, die einstige Sekretärin von Verleger Franz Burda, die auch seine Geliebte war. "Das war eine sehr attraktive, sehr selbstbewusste und auch resolute Frau", erinnert sich Karl Brüstle. Auch Aufnahmen von Burdas unehelichem Kind Renate kleben in Brüstles Alben.

Sulzer erzählt von der Firma und dem Bädle 

Der Sulzer arbeitete schon vor der Zeit von Aenne Burda im Verlag, als Elfriede Breuer in ihrem Modeverlag in Lahr noch das Sagen hatte. "Im Bädle, der Wirtschaft, saßen im angemieteten Saal die Schneiderinnen und Schnittmacher", weiß Brüstle. Er selbst arbeitete im großen Haus gleich daneben.

Im dritten Stock waren Mitte der 40er Jahre die Lithografen untergebracht, die Fotos und Zeichnungen für die Magazine bearbeiteten. In diesem Haus war auch die Privatwohnung von Chefin Elfriede Breuer, die im ARD-Film Holler heißt. "Sie hatte Haushaltshilfen und wurde von Franz Burda ausgehalten", sagt Brüstle. Ihr Geliebter habe ihr auch Lebensmittel vorbeigebracht.

Auch der Chef feiert bei den Festen eifrig mit 

Brüstle schmunzelt, wenn er an die Firmenfeiern damals zurückdenkt. Das muss sehr lustig und freizügig zugegangen sein, vor allem an der Fasent. Ein munteres Treiben, bei dem auch Chef Franz Burda mit hochrangigen Gästen kräftig mitfeierte. Sogar die Polizei musste anrücken, weil die Burdas zu laut feierten.

Gerüchte und Intrigen im Leben der Burdas 

Und auch die Geliebte sei kein Kind von Traurigkeit gewesen. Sie soll, entsinnt sich Brüstle, neben Burda noch einen anderen Liebhaber gehabt haben, den Burda fast inflagranti erwischt haben soll. Doch der Lahrer habe in letzter Minute aus der Wohnung flüchten können, habe man sich erzählt.

Keine Chance für Burda-Expansion in Lahr 

Aenne Burda, die den Lahrer Modeverlag von Rivalin Breuer im Handstreich an sich riss, sei nur selten im Betrieb zu sehen gewesen, meist nur zum Andruck des Heftes.

Burda habe Ende der 40er-Jahre rund 150 Leute in seiner Dinglinger Druckerei beschäftigt, die größer war als jene in Offenburg. Dass es keine Idee gab, dass Burda in Lahr statt Offenburg expandieren wollte, wie es heute heißt, glaubt Brüstle nicht so richtig. "Da war schon was dran. Doch es gab Widerstand aus anderen Unternehmen, die Lahrer wollten Burda nicht größer werden lassen", erzählt er. Und der Rest ist Geschichte.