Sie sind Teil eines Systems: Die Schauspieler der Theaterbühne im Keller wussten ihr Publikum zu überzeugen. Foto: Haberer Foto: Lahrer Zeitung

Premiere: Theaterbühne im Keller zeigt Václav Havels "Die Benachrichtigung" / Überzeugende Theaterarbeit

Die "Theaterbühne im Keller" feiert in großer Besetzung ein kleines Fest des Absurden. Theatermann Christopher Kern hat ein Ensemble geschmiedet, das sich mit Václav Havels Satire "Die Benachrichtigung" mutig auf schwieriges Terrain wagt.

Lahr. Das klassische Metier des Vereinstheaters ist die eher deftig angelegte Komödie und der Schwank. Die durchweg mit Laiendarstellern besetzten Ensembles bringen normalerweise keine Eigenproduktionen über den Kampf gegen ein Atomkraftwerk auf die Bühne. Sie kokettieren nicht mit Bert Brecht und Eugène Ionesco oder nun eben mit dem Tschechen Václav Havel, einen prominenten Vertreter des absurden Theaters.

Niemand setzt sich zur Wehr

Seine Satire "Die Benachrichtigung" aus dem Jahr 1965 greift die Entmenschlichung einer Gesellschaft unter dem Diktat eines totalitären Systems auf. In einer Behörde wird "Ptydomet" als neue Amtssprache eingeführt, obwohl niemand wirklich der Kunstsprache mächtig ist. Alles gerät aus den Fugen, niemand setzt sich wirklich zur Wehr. Der Apparat rattert weiter, knallt gegen die Wand und rappelt sich auf, macht weiter als sei nichts passiert. Havel hatte sicherlich den real existierenden Sozialismus vor Augen, die "Theaterbühne im Keller" muss sich hier nicht einmal festlegen. Die Behörde ist ebenso ein Platzhalter wie das Kauderwelsch "Ptydomet". Was zählt ist das wunderbar herausgearbeitete Bild der kleinen grauen Mäuse im Hamsterrad, das Zerrbild eines Prozesses, in dem sich Alle anpassen und doch Einzelne immer auch bestrebt sind, für sich ein kleines Stück extra herauszuholen.

Reinhard Kattinger, Katrin Bucherer, Matthias Göbbels, Ralf Kuchheuser, Diana Dold, Daniela Hess, Bärbel Buck, Karin Endres, Bernhard Krämer, Ursula Fries-Borho und Gisela Griesbaum spielen sich mit Charme durch eine groteske, in ihrer ganzen Absurdität erstarrten Geschichte, bieten ein kleines Festmenü des absurden Theaters. Keiner bleibt zurück, keiner profiliert sich auf Kosten der anderen, obwohl das Stück doch gerade auch davon erzählt, das Amt einmal auf den Kopf stellt und dann wieder alles umstülpt. Es kann nichts passieren, solange die Führungsetage immer den persönlichen Feuerlöscher im Auge behält. Alles andere ist Theater, gut gemachtes Theater, für dass die Truppe bei der ausverkauften Premiere am Freitagabend zu Recht mehr als ausgiebig gefeiert wurde.

Christopher Kern, der Theatermacher des Lahrer Kulturkreises, scheint sein Ensemble mittlerweile regelrecht auf das Agieren auf schwierigem Terrain geeicht zu haben. Es braucht vielleicht wie bereits bei Ionescos Farce "Die Stühle", einen Nachschlag in Sachen Probenarbeit, eine Verschiebung der bereits geplanten Premiere. Am Ende kommt dann aber immer wieder eine bemerkenswerte Inszenierung heraus: Ein kleines, überzeugendes Fest der Theaterarbeit, dass vor allem thematisch und inhaltlich zu überzeugen vermag.