Walter Caroli, hier im historischen Ratssaal im Alten Rathaus, ist ein Urgestein der Lahrer Lokalpolitik. Nun will er kürzertreten und beendet sein Mandat im Lahrer Gemeinderat – nach insgesamt 45 Jahren. Archivoto: Schabel Foto: Lahrer Zeitung

Kommunalpolitik: Walter Caroli verlässt aus gesundheitlichen Gründen das Gremium

Der Gemeinderat muss künftig auf Walter Caroli verzichten. Der 77-Jährige verlässt das Gremium aus gesundheitlichen Gründen. Dem Rat hat er seit 1975 ohne Unterbrechung angehört.

Lahr. "Mein Gesundheitszustand hat sich zwar erheblich gebessert, um der weiteren erfolgreichen Regeneration willen möchte ich aber kürzer treten", teilt Caroli mit. Er werde sich auf die historische Forschung und die Weiterentwicklung des Nationalen Naturerbes Langenhard konzentrieren.  Anlass für den Abschied: Den Ausschlag dafür, den Rat zu verlassen, habe die Sitzung des Technischen Ausschusses am Mittwoch gegeben, sagte Caroli der Lahrer Zeitung. Bei manchen Themen habe es ihn "innerlich zerissen, ich musste aber stillsitzen". Caroli, der im April eine schwere Herz-OP hatte, leidet seit Mai an einer Stimmbandlähmung.   Diskussionskultur im Gemeinderat früher und heute: In den 70er- und 80er-Jahren sei es im Gemeinderat lebendiger zugegangen. "Auseinandersetzungen zwischen den Christdemokraten Josef Rieger und Rainer Haungs und mir führten sogar einmal zum Landgericht in Offenburg", blickt Caroli zurück. In den Dörfern um Lahr habe man diese Streitkultur verächtlich als "Lohrerlis" bezeichnet. Seit Jahren verlaufe es im Gemeinderat recht friedlich. Caroli: "Es wäre in meinen Augen gut für die Demokratie, wenn ab und zu der ›Blitz‹ reinfahren würde."  Die wichtigsten Entscheidungen in Carolis Zeit als Stadtrat: Eine "kolossal wichtige Entscheidung" sei der Abriss des Stadtmühlenareals in den 70er-Jahren gewesen: Er habe mit anderen vergebens für den Erhalt gekämpft. "Epochale Ereignisse sind für mich die Landesgartenschau, die Investition für ein historisches Stadtmuseum sowie die Konversion mit den einhergehenden Tausenden Arbeitsplätzen auf dem Flugplatzgelände nach dem Abzug der Kanadier", so Caroli.  So hat Caroli die Oberbürgermeister erlebt: "Jeder der vier Oberbürgermeister leitete anders", so Caroli. Philipp Brucker habe lange diskutieren lassen, "am Ende aber holte er zu einem rhetorischen Kraftakt aus und brachte so, manchmal zu meinem Ärger, die Mehrheit hinter sich". Werner Dietz glänzte mit Detailkenntnis, Wolfgang G. Müller mit humorvollen und süffisanten Einschüben. "Markus Iberts Amtszeit ist für eine Einschätzung seiner Sitzungsleitung noch zu kurz.

  Engagement für den Lan-genhard: Ein Herzensanliegen ist Caroli das 109 Hektar große, bis 1992 von den Kanadiern genutzte Gelände, das vom Nabu Lahr betreut wird. "Es gibt ja nichts Wichtigeres als den Erhalt der Natur für die nächsten Generationen", erklärt er.  Historiker und Autor: Caroli hat Bücher über Pädagogik, vor allem aber auch über die Lokalhistorie geschrieben. So verfasste er Chroniken über Kuhbach, Dinglingen und Sulz – ohne Honorar. Zurzeit stellt er in einer Serie der Lahrer Zeitung die traditionsreichsten Gasthäuser der Stadt vor. Er sei sehr gern Heimatforscher, da er das Quellenstudium liebe und ihn die Auswirkungen der Politik auf das Leben der Menschen vor Ort interessieren würden. Das sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende: Mit seinem "kongenialen Partner" Walter Caroli verlasse eine der profiliertesten Persönlichkeiten die politische Bühne, sagte Roland Hirsch. Caroli sei "unser Ideengeber, der uns immer wieder inspiriert". "Ich gehe davon aus, dass er uns nach wie vor mit Rat zur Seite steht", so Hirsch. Das sagt der Oberbürgermeister: "Ich bin froh, dass es ein Kürzertreten ist und keine überraschende, schwerwiegende Erkrankung", so Markus Ibert. Kaum jemand habe den Gemeinderat so geprägt wie Caroli. "Sein Wissen und sein Intellekt werden uns in vielen Bereichen fehlen. Ich freue mich, wenn er in der Stadt in vielen Funktionen aktiv bleibt", so Ibert.

Seit 1975 ist Walter Caroli Stadtrat. "Ich wollte ursprünglich die 50 Jahre vollmachen, das geht jetzt nicht mehr", sagte der 77-Jährige, der von 1978 bis 1988 Vorsitzender der SPD-Gemeinderatsfraktion und von 1988 bis 2001 Landtagsabgeordneter war. Im Oktober will Caroli aus dem Gemeinderat ausscheiden, damit ist er auch nicht mehr ehrenamtlicher OB-Stellvertreter. Für ihn rückt Norbert Bühler in das Gremium nach.