Hans Martin und Bärbel Binder haben in ihrer Zeit als Wurstverkäufer viele Lahrer kennengelernt – und einige Politiker. Nils Schmid von der SPD gab einst seiner Gefolgschaft eine Runde Krampfert-Würste aus. Auch Ex-Ministerin Ulla Schmidt kam schon vorbei. Foto: Kuhn Foto: Lahrer Zeitung

Imbissstand am Schlossplatz schließt am 14. Februar / Metzgerei Lehmann übernimmt

Von Violetta Kuhn

Lahr. Das Ehepaar Binder gibt zum 14. Februar seinen Wurststand am Schlossplatz auf – nach 29 Jahren im Imbissgeschäft. Die Metzgerei Lehmann übernimmt und öffnet den Glaswürfel am 20. Februar wieder.

"Den Hamburger mit Zwiebeln? Was sagt denn die Freundin dazu?", fragt Hans Martin Binder einen jugendlichen Kunden, der an diesem Mittag in Begleitung eines blonden Mädchens zum Wurststand Krampfert gekommen ist. "Ob die noch so lächelt, wenn sie einen Kuss mit Zwiebelgeschmack bekommen hat?", scherzt der 62-Jährige.

Wer eine Wurst oder einen Hamburger bei dem Glashäuschen am Schlossplatz kauft, bekommt meist einen witzigen Spruch von Binder oder seiner Frau Bärbel gratis dazu. Doch bald ist Schluss mit der Imbissinstitution: Die Binders hören zum 14. Februar auf – nach 29 Jahren im Wurstgeschäft, das sie in dritter Generation führen.

Bereits Bärbel Binders Großvater Stefan Fronius hatte ab Anfang der 50er-Jahre einen Wurststand auf dem Schlossplatz – bei ihm gab es statt Brat- noch Kochwürstchen aus dem Topf. "Damals waren auch die Vorschriften noch ganz anders", erzählt Hans Martin Binder. "Da hat man einfach einen Tisch hingestellt, Wurst gekocht und sie verkauft." Mit der Zeit stiegen Bärbel Binders Eltern ins Geschäft ein. Vater Rolf Krampfert war erst Krankenwagenfahrer. Nach einem Herzinfarkt konzentrierte er sich aufs Wurstgeschäft. 1972 pachtete er noch dazu den Campingplatz am Walkenbuck. Bei diesem vollen Pensum war Hilfe dringend nötig.

Bärbel Binder begann, ihren Eltern unter die Arme zu greifen. Und kaum hatte Hans Martin Binder sie 1974 geheiratet und war aus seinem Heimatdorf Pretai im rumänischen Siebenbürgen nach Deutschland gezogen, saß er mit im Boot. "Er musste mithelfen, ob er wollte oder nicht", erzählt Bärbel Binder lachend. Dabei hat ihr Mann eigentlich Schlosser und Karosseriebauer gelernt. Er kommentiert: "Es kommt eben nie so, wie man denkt." 1986 übernahm er das Geschäft.

Über Fleischkäse und Frikadellen haben die Binders im Lauf der Jahre verschiedene Produkte ausprobiert. "Als die Kanadier noch da waren, konnte man einen ganzen Spieß Gyros am Tag verkaufen", erinnert sich Hans Martin Binder. Geblieben sind bis heute die traditionelle Rote, Rostbratwürstchen, Pommes frites sowie Hamburger und Cheeseburger. Am besten geht seit jeher die Rote.

"Man lernt die Leute kennen", antwortet Bärbel Binder auf die Frage, was ihr besonders gut an ihrem Beruf gefalle. "Und du kannst an der Seite deines Mannes arbeiten", ergänzt Hans Martin Binder für sie. Lachend stimmt sie zu. Klar setze sich der Geruch nach Bratfett in den Kleidern fest, sagt Binder – so sehr, dass ihm auf der Bank öfters mal zugerufen werde: "Wenn wir dich riechen, kriegen wir Hunger." Und winters wie sommers sei ihm heiß im Glaswürfel.

Aber im hastigen Mittagsgeschäft entsteht der Eindruck: Den beiden macht die Arbeit immer noch Spaß. Schnell landet das Curryketchup auf der kleingeschnittenen Wurst im Pappteller; perfekt gerade ziehen sich die Senf- oder Ketchup-Streifen auf der Roten im Brötchen. Und die neckenden Sprüche fliegen nur so über die Verkaufstheke. "Ein Euro fehlt noch", sagt Binder beim Abkassieren zu einem jungen Paar. "Aber ihr könnt mir stattdessen auch gerne was singen!"

Wiedereröffnung am 20. Februar

Dass die Binders aufhören wollen, findet Kim Kenngott schade. "Mich hat das echt schockiert", sagt die 18-Jährige aus Kippenheimweiler. Schon als Kind habe sie dort immer eine Wurst gekauft bekommen, wenn sie in der Stadt gewesen sei. Doch für Binder steht die Entscheidung schon lange fest. Den 14. Februar als letzten Tag habe er nicht wegen des Valentinstages ausgesucht, sondern weil das Geschäft traditionell über den Rosenmontag eine Woche lang geschlossen sei. "Ich sehe das Ende mit einem lachenden und einem weinenden Auge", sagt Bärbel Binder. "Aber ich freue mich auch drauf. Und anfangs helfe ich beim Nachfolger ja auch noch stundenweise aus."

Die Metzgerei Lehmann eröffnet am 20. Februar im Glaswürfel ihren eigenen Imbissstand. Würste werde es in jedem Fall weiterhin geben, heißt es. Was sonst noch, das sei gerade in Planung.