Schulleiter begrüßen unterm Strich die neue Oberstufe / Es gibt aber auch Bedenken

Mehr Flexibilität und eine frühzeitige Spezialisierung: Schulleiter von Gymnasien in Lahr und Ettenheim sehen die Oberstufen-Reform überwiegend positiv. Sie äußern aber auch Bedenken und fordern eine Nachbesserung.

Lahr. Joachim Rohrer, Schulleiter am Clara-Schumann-Gymnasium, betont: "Da waren Praktiker am Werk." Er bezeichnet die Reform als "gut durchdacht". Sie sorge bei den Schulen für Planungssicherheit und bei den Schülern für mehr Flexibilität in der Wahl ihrer Leistungsfächer. Dies ermögliche einen eigenständigeren Weg zum Abitur. Frank Woitzik, Schulleiter des Gymnasiums Ettenheim, bekräftigt, dass er sich schon immer für eine Reform eingesetzt habe. "Für viele Berufe reicht auch Mathematik dreistündig", sagt er. Die Reform sei ein Schritt nach vorn. "Jetzt fehlt nur noch G 9", ergänzt er schmunzelnd.

Der Leiter des Max-Planck-Gymnasiums, Christoph Bohn, sieht ähnliche Vorteile. Eine Standardisierung liege im Trend der Zeit. Die Angleichung der Institutionen durch die Kultusministerkonferenz sei positiv, da Umsiedlungen immer mehr an der Tagesordnung seien. "Die Unterschiede in den Bundesländern treffen die Schwächsten am stärksten", sagt er.

Dass die Fächer mit weniger Stunden unterrichtet werden würden, ändere jedoch nichts an deren Umfang. Die zeitliche Belastung mit 32 Wochenstunden bliebe gleich. Aber die Reform biete Schülern ein Entgegenkommen, da sie sich frühzeitig spezialisieren können. Die durch die Reform entstehende Fokussierung auf die "Mint"-Fächer, also Mathe, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, liege volkswirtschaftlich im Trend der Zeit.

Das von vielen Seiten befürchtete Zu-Kurz-Kommen der Geistes- und Gesellschaftswissenschaften sieht Woitzik nicht so streng. "Der Bildungsverlust ist noch verkraftbar", meint er. Gut sei auch, dass keine Prüfung mehr mit null Punkten durchgehen würde. Dies sieht Bohn jedoch kritisch. Bei null Punkten in einer mündlichen Prüfung gebe es vermutlich keine zweite Chance.

Bezüglich der Gesellschafts- und Geisteswissenschaften äußerten sich einige der Schulleiter auch kritisch. So bemängelt Bohn, dass eine schriftliche Prüfung im Fach Deutsch außen vor bleiben könnte. Muttersprachler und Nicht-Muttersprachler könnten das Fach umgehen. "Es stellt sich die Frage, ob das für die Allgemeinbildung das Richtige ist", sagt er. Bisher konnte ein Neigungsfach ohne schriftliche Prüfung belegt werden. Nun sei die schriftliche Prüfung im Leistungsfach verpflichtend. Dies könnte dafür sorgen, dass einige Fächer aussterben. "Exoten könnten wegfallen und der Kanon sich auf wenige Fächer reduzieren", warnt er. Daher müsse von oben nachjustiert werden und beispielsweise die Stunden abhängig von der Zahl der Oberstufenschüler erhöht werden. Derzeit werde ein Leitfaden für das Abitur 2021 vom Land entwickelt, in dem zum Beispiel Fragen bezüglich der Wochenstundenzahl und Belegpflichten beantwortet werden würden. Rohrer hofft, dass auch festgelegt wird, welche Fachbereiche verpflichtend gewählt werden müssen.

Schulleiter Herbert Huber vom IBG in Lahr meint, dass die Reform mit Integrierten Beruflichen Gymnasien vereinbar sei. Dort wird es weiterhin zwei statt drei Fächer auf erhöhtem Niveau geben, ein Fach mit sechs und ein Fach mit fünf Stunden. Deutsch und Mathe müssen weiterhin belegt werden. Bei der Abitur-Prüfung wird es vier Fächer geben, eines davon mündlich. Somit wäre weiterhin eine Akzentuierung auf das Profil mit Ergänzungsfächern im wirtschafts- oder sozialwissenschaftlichen Bereich möglich. Besonders froh ist Huber darüber, dass die Gleichwertigkeit mit den allgemeinbildenden Gymnasien gesichert sei.

INFO

Das ändert sich

Statt vier Kernfächer auf erhöhtem Niveau mit je vier Wochenstunden gibt es nun drei Leistungsfächer mit je fünf Wochenstunden, die schriftlich geprüft werden. Zwei der drei Fächer werden aus Deutsch, Mathe, einer Fremdsprache oder Naturwissenschaft gewählt. Das dritte ist frei wählbar. Die übrigen Fächer werden zweistündig belegt, Deutsch, Mathe, Sprachen und Naturwissenschaften dreistündig. Bisher werden alle Fächer bis auf die fünf Kernfächer zweistündig unterrichtet. In zwei Fächern wird mündlich geprüft und die Präsentationsprüfung abgeschafft. Keine der Prüfungen darf mit null Punkten ausfallen. Ausgeglichen werden können null Punkte mit einer mündlichen Zusatz-Prüfung.