Die Menge klatscht Beifall, als OB Wolfgang G. Müller gegen 18.55 Uhr das Ergebnis der Wahl verkündet. Foto: Baublies

OB-Wahl: Großes Interesse an der Live-Übertragung auf Großleinwand / Aber nur wenige junge Wähler interessieren sich

Lahr - Eine große Menschenmenge hat am Sonntagabend die Übertragung der Wahl auf dem Rathausplatz verfolgt. Vom Ausgang waren viele überrascht.

Schlag 18 Uhr öffnet Michel Schelcher den Briefkasten vor dem Bürgerbüro. Etwa 40 Briefwahl-Umschläge liegen darin, die der Hausmeister zum Auszählen ins Rathaus bringt. Zu dem Zeitpunkt ist der Rathausplatz noch fast menschenleer, doch das ändert sich rasch. Vor allem zahlreiche ältere Bürger kommen in den nächsten Minuten, um die eingehenden Ergebnisse auf einer Großleinwand zu verfolgen.

Gespannte Erwartung herrscht auch im Ratssaal. Guido Schöneboom hat an der Seite seiner Familie – die Eltern sind eigens aus Leipzig angereist – bereits ebenso an einem Tisch Platz genommen wie Christine Buchheit, die ihren Mann und ihre Tochter neben sich hat. Markus Ibert hat den Wahlabend in der Trattoria "Da Enza" begonnen und kommt als dritter Kandidat gegen 18.10 Uhr mit seiner Frau, einem Sohn und Berater Per Klabundt in den Saal. Lukas Oßwald und Jürgen Durke tauchen später auf.

Die Besucher im Saal, darunter neben den Kandidaten auch etliche Mitglieder des Gemeinderats, werden nicht lange auf die Folter gespannt, bereits um 18.22 Uhr werden per Beamer die ersten Ergebnisse präsentiert. Am schnellsten ist in den Wahlbezirken Nordstadt 1, Reichenbach 3, Sulz 4 und Langenwinkel 1 ausgezählt worden. Auf dem Schaubild ragt über dem Namen von Ibert ein schwarzer Balken in die Höhe, der den grünen Balken über Buchheits Namen und erst recht den roten über Schönebooms Namen klar überragt. Ibert 43 Prozent, Buchheit 35,6, Schöneboom 18,3, Oßwald und Durke deutlich abgeschlagen, so die erste Tendenz. Die Kandidaten blicken konzentriert nach vorn, keiner lässt sich anmerken, was jetzt in ihm oder in ihr vorgeht. Ernste Gesichter machen sie alle.

Beim Einblenden neuer Zwischenstände geht ein Raunen durch die Reihen

Unten auf dem Rathausplatz ist das Einblenden der ersten Resultate mit leisen Rufen des Erstaunens begleitet worden. Der Platz ist gut gefüllt, an die 500 Interessierte sind jetzt da. Viele sind überrascht, dass die Bewerber so deutlich auseinanderliegen, es mit Ibert einen eindeutig Führenden gibt. "Ich hatte einen engen Dreikampf erwartet", sagt Frank Vetter (54). Jedesmal, wenn neue Ergebnisse präsentiert werden, geht ein Raunen durch die Besucherreihen.

Patrick Rennkamp (43) hat bereits eine Erklärung für das starke Abschneiden Iberts: "Er ist der einzige der drei, der aus unserer Region kommt. Vielleicht hat das die Lahrer angesprochen. Bei Schöneboom hätte ich erwartet, dass sich der Amtsbonus stärker auswirkt" Andere, die der Berichterstatter anspricht, zögern mit einer Bewertung, verweisen darauf, dass der Wahlabend gerade erst begonnen hat. "Vorsicht, die Briefwahl-Bezirke kommen noch", sagt auch Klaus Scharp (69). Kurz darauf wird der nächste Zwischenstand auf der Großleinwand eingeblendet, inzwischen sind mehr als 20 Wahlbezirke ausgezählt worden. Der schwarze Balken ist etwas kleiner, der grüne etwas größer geworden – Buchheit hat aufgeholt. "Sag ich doch, es verändert sich noch", kommentiert Scharp. Doch letztlich bleibt Ibert vorn.

Um 18.55 Uhr verkündet Wolfgang G. Müller im Ratssaal das Gesamtergebnis und wünscht den Kandidaten, dass sie "Kraft schöpfen" für den zweiten Wahlgang. Auf dem Rathausplatz klatschen die Menschen nach den Worten des noch amtierenden OB Beifall. Danach stehen die Besucher weiter beisammen, diskutieren das Ergebnis und die Perspektiven, die es eröffnet. "Jetzt ist die große Frage, welche Wählerwanderungen es bei der zweiten Wahl gibt. Das wird noch spannend", bemerkt Patrick Müller (52).

Markus Ibert feiert mit 20 Unterstützern bei Pizza und Pasta

Im Ratssal geben die Kandidaten der Reihe nach Interviews. Schöneboom ist als erster von einem Journalistenpulk umlagert, antwortet mit ernstem Gesicht. Gleichzeitig erheben sich Ibert und Klabundt von ihren Stühlen und schütteln sich die Hand. Ibert strahlt über das ganz Gesicht, die Anspannung fällt jetzt von ihm ab. "War super", sagt sein Wahlkampfmanager, der sofort danach aber im Gespräch mit unserer Zeitung warnt: Zur Euphorie bestehe kein Anlass, das Rennen sei nicht entschieden, der Wahlkampf gehe weiter, so Klabundt. Ibert und sein Team zieht es später wieder in die Trattoria "Da Enza", wo sie mit rund 20 Unterstützern bei Pizza und Pasta den Sieg im ersten Wahlgang feiern.

Rundum zufrieden ist Friederike Ohnemus mit dem Abend – die Ergebnisse lagen schneller vor, als sie es erwartet hatte. Die stellvertretende Wahlleiterin sagt, es habe keine Probleme gegeben, die Wahlteams hätten sehr gute Arbeit geleistet. "In zwei Wochen müssen sie jetzt nochmal ran."

 Markus Ibert: Der Kandidat punktete am meisten in Langenwinkel, Sulz und Kippenheimweiler. In Langenwinkel, wo viele Deutsche aus Russland leben, gab es gar 54,4 Prozent: absolute Mehrheit. In der Kernstadt war Ibert mit 36 Prozent schwächer.  

Christine Buchheit: Die Grüne sammelte am meisten Stimmen in den Stadtteilen Kuhbach und Reichenbach sowie in der Kernstadt. Ihr Schwachpunkt: Mietersheim.  

Guido Schöneboom: Am stärksten war er in Mietersheim mit 29,1 Prozent, am schwächsten in Kuhbach und Sulz. Kernstadt: 20,7 Prozent.  

Lukas Oßwald: In Langenwinkel gab es nur 1,2 Prozent, in der Kernstadt 5,5 Prozent.

Jürgen Durke: In der Kernstadt (2,5) war der Tierschützer am erfolgreichsten.   jöb