Der Ortenaukreis betreibt aktuell 14 Einrichtungen in sieben Kommunen mit 984 Plätzen für die vorläufige Unterbringung von Flüchtlingen. Unser Foto zeigt den kürzlich reaktivierten Riedhof in Meißenheim. Foto: Goltz

Die Ortenau soll laut Land wieder mehr Flüchtlinge aufnehmen. Dafür stockt der Kreis die Zahl der Plätze in der vorläufigen Unterbringung auf. Eine Unterkunft in Meißenheim wurde bereits reaktiviert, eine in Zell folgt – weitere sind geplant.

Ortenau -

Die Verwaltung rechnet laut Sitzungsvorlage für das laufende Jahr mit einem Zugang von insgesamt rund 750 Menschen. Die Zunahme sei mit 124 Neuankünften im November besonders spürbar gewesen. Nach Auskunft des Regierungspräsidiums Freiburg sei auch bis 2022 hinein mit hohen Verteilungen in die vorläufige Unterbringung der Stadt- und Landkreise zu rechnen. Die Kreisverwaltung geht von einem Bedarf von rund 1300 Plätzen bei 80 Prozent Auslastung im ersten Halbjahr 2022 aus – sicher ist das jedoch nicht. "Wir fahren auf Sicht", erläuterte Landrat Scherer. Konkrete Prognosen gebe es weder vom Bund noch vom Land.

Kapazitäten lagen 2016 bei 5771 Plätzen

In Folge der Flüchtlingskrise 2015 hatte der Kreis im Eiltempo die Kapazitäten hochgefahren. Containeranlagen, Sporthallen und ehemalige Hotels dienten als Gemeinschaftsunterkünfte. Der Höchststand war im Mai 2016 mit 5771 Plätzen erreicht. In den folgenden Jahren flaute die Flüchtlingswelle ab, das Land gab eine Mindestauslastung von 80 Prozent vor, Kapazitäten mussten wieder abgebaut werden – was wiederum Geld kostete. "Hätten wir dieses Geld genutzt, einige Unterkünfte aufrechtzuerhalten, wäre es insgesamt günstiger gewesen", konstatierte Scherer am Dienstag.

Daraus als Kreis eigenständig die Lehre zu ziehen, vorsichtshalber mehr oder längerfristiger Plätze als aktuell benötigt zu schaffen, funktioniert offenburg auch nicht. "Wir werden vom Regierungspräsidium Freiburg sehr genau geprüft", berichtete Scherer. Das Engagement bleibe in der Regel auf zwei Jahre angesetzt, erklärte der zuständige Dezernent Michael Loritz auf Nachfrage von CDU-Kreisrat und Acherner OB Klaus Muttach. "Wir kriegen auch gar nichts anderes bezahlt."

Kreis plant wieder mit Containeranlagen

Ab Januar soll zunächst das Hotel Eckwaldblick in Zell als Flüchtlingsunterbringung mit 70 bis 80 Plätzen genutzt werden. Nicht als Hotelbetrieb, sondern mit Selbstversorgung und Gemeinschaftsräumen. Zusammen mit dem kürzlich reaktivierten Riedhof in Meißenheim mit 41 Plätzen betreibt der Ortenaukreis aktuell 14 Einrichtungen in sieben Kommunen mit 984 Plätzen. In der Regel sind die Kapazitäten zu rund 80 Prozent ausgelastet, aktuell jedoch mit rund 94 Prozent. "Wir haben viele weitere Plätze in Arbeit", erläuterte Loritz. Der Kreise plane wieder sehr stark mit Containeranlagen. Die meisten davon sollen in Gemeinden entstehen, die solche Anlagen bereits hatten, berichtete der Dezernent und nannte in dem Zusammenhang auch Lahr.

Fraktionsübergreifend äußerten die Kreisräte bedauernd über die sich erneut zuspitzende Lage vieler Flüchtlinge. Es sei beschämend, wie Menschen benutzt würden, um geopolitische Interessen durchzusetzen, erklärte etwa SPD-Fraktionschef und Ruster Bürgermeister Kai-Achim Klare mit Blick auf Belarus und die Türkei. Das zeige, dass es in Deutschland dringend einen Weg für geordnete Zuwanderung brauche – nur so könne man Schlepperbanden das Handwerk legen. FDP-Fraktionschef Carsten Erhardt gab sich optimistisch: Falls eine Situation wie 2015/16 wieder auftauche, werde man sie erneut gemeinsam bewältigen.