Normalerweise eine gute Möglichkeit für Schüler und Absolventen sich auszuprobieren: Ein Schnupperpraktikum ist in vielen Branchen – wie hier in einem Gastronomiebetrieb – unter Corona-Bedingungen jedoch schlicht nicht machbar. Foto: Büttner

Für junge Menschen ist Berufsorientierung aktuell eine Herausforderung. Denn Schülerpraktika sind coronabedingt beinahe unmöglich und Berufsmessen nur digital umsetzbar. Die Verunsicherung ist stark, berichtet die Agentur für Arbeit.

Offenburg/Lahr - Was passt zu mir? Wie möchte ich mein Leben gestalten? Was ist mir für meinen Beruf wichtig? Spätestens wenn man den Schulabschluss in der Tasche hat, meistens aber auch schon früher, stellen sich diese Fragen. Die Berufswahl ist oft richtungsweisend für die persönliche Entwicklung eines jungen Menschen. Deswegen sollte sie gut vorbereitet und durchdacht sein.

Das ist allerdings mitten in der Pandemie gar nicht so einfach. Praktika gelten als gute Möglichkeit, in unterschiedliche Berufe reinzuschnuppern, sich auszuprobieren, Berufsmessen als Gelegenheit, Studiengänge und Ausbildungsunternehmen besser kennenzulernen, um die zur Verfügung stehenden Optionen für sich besser auszuloten.

Diese für die Berufsorientierung essenziellen Angebote fallen derzeit weitgehend weg oder sind nur eingeschränkt wahrnehmbar. Das bestätigt Thomas Bachlmayr, er ist Teamleiter Berufsberatung der Agentur für Arbeit Offenburg. Pandemiebedingt finde Berufsberatung nicht mehr regelmäßig mit Berufskundeunterricht und Sprechzeiten in den Schulen statt, berichtet er. "Es fehlt somit ein wichtiger aktivierender Baustein im Berufswahlprozess – sich mal schnell Rat und Hilfe einzuholen."

Bachlmayr zufolge sei beim jetzigen Jahrgang eine viel stärkere Verunsicherung erkennbar. Denn nur ein bestimmter Teil der Schüler komme mit diszipliniertem und eigenverantwortlichem Lernen zurecht. "Den meisten fehlt der direkte soziale Austausch und einige ziehen sich deshalb zurück."

Die Entscheidung: ›Wie gestalte ich meinen beruflichen Einstieg?‹, ›Was will ich werden?‹ und ›Was möchte ich im Leben erreichen?‹ werde ihm zufolge vermehrt schlichtweg ausgeblendet. Wichtig sei daher, dass Eltern und Lehrkräfte, aber auch das Erwachsenenumfeld außerhalb der Familie den Jugendlichen ermutigen, an die eigene Zukunft zu denken.

Allerdings gestalte sich auch die Suche nach einem Praktikum aktuell schwierig und werde von vielen Absagen begleitet, gibt Bachlmayr zu Bedenken. Trotzdem ist nicht alles verloren.

Man könne auch selbst auf Unternehmen zugehen und nach einem Praktikum fragen, rät der Berufsberater und gibt noch einen weiteren Tipp: "Auch im Freundes- und Bekanntenkreis kann man sich nach freien Praktikumsplätzen erkundigen."

Berufsberatung bietet die Agentur für Arbeit trotz Pandemie weiterhin an. Experten der Studien- und Berufsberatung geben Ratschläge für die Bewerbung, vermitteln freie Ausbildungsstellen und helfen auch bei Fragen zu Bewerbung und Zulassung an Hochschulen. Auch bei der Suche von Praktika unterstütze die Agentur für Arbeit in Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber-Service junge Menschen aktiv in Form von Bewerbungsunterstützung bis hin zum konkreten Bewerbungsvorschlag. Außerdem könnten Ratsuchende am 7. und 8. Mai bei der ersten digitalen Berufsinfomesse Kontakte zu Arbeitgebern knüpfen. Bachlmayr zufolge fänden Beratungsgespräche aktuell telefonisch, im Videochat oder auch persönlich statt und könnten unter 0781/9 39 36 68 oder per E-Mail an Offenburg.Beratung@arbeitsagentur.de vereinbart werden.

An der Verbundschule Lahr werde den Schülern unter anderem in der achten und neunten Klasse im Rahmen eines jeweils einwöchigen Orientierungs- und Berufspraktikums die Gelegenheit geboten, Kontakte zu lokalen Unternehmen zu knüpfen. Das berichtet Kirsten Himmelsbach als Teamleiterin im Bereich der Beruflichen Orientierung an der Verbundschule. Coronabedingt hätten die Neuntklässler, die Ende dieses Schuljahres die Schule mit einem Hauptschulabschluss verlassen, keines der vorgesehnen einwöchigen Praktika absolvieren können. Um die Schüler in der Praktikumssuche zu unterstützen, hätten die Lehrer eine Anruf- und E-Mail-Aktion bei 130 Unternehmen in Lahr und Umgebung gestartet, so Himmelsbach: "Die Resonanz war verheerend." Auf insgesamt 75 Neuntklässler kämen der Lehrerin zufolge nur 15 Unternehmen, die ein Praktikum anbieten.