Verschiedene Maßnahmen werden als Ausgleichsfläche auf dem Ökokonto gutgeschrieben. Unter anderem befindet sich unterhalb von St. Jakob eine Streuobstwiese, für die die Stadt Ökopunkte erhält. Foto: Beule

Experte berichtet, was es mit Modell auf sich hat. Flächen für spätere Ausgleichsmaßnahmen.

Wolfach - Einen Überblick über das Wolfacher Ökokonto hat der Gemeinderat in seiner Sitzung am Dienstagabend bekommen. Alfred Winski vom Büro für Landschaftsplanung und Angewandte Ökologie in Teningen stellte es vor.

Das Thema sei in Wolfach bereits recht früh bespielt worden, schickte Bürgermeister Thomas Geppert voraus. Bereits vor rund 17 Jahren hatte der Gemeinderat den Beschluss gefasst, ein solches Ökokonto anzulegen. Im Spätsommer habe es abermals eine Begehung der Flächen gegeben, nun sei es an der Zeit, dem Gremium vorzustellen, was sich hinter diesem Begriff verbirgt.

Was bedeutet das Ökokonto?

Das sei ein Verwaltungsinstrument für Ausgleichsflächen, erklärte Winski: Eine Art Logbuch für Naturschutzmaßnahmen. Für Eingriffe in Natur und Landschaft – beispielsweise durch die Ausweisung eines Gewerbegebiets – wird vom Gesetzgeber ein Ausgleich vorgeschrieben. Das kann direkt geschehen – hin und wieder ist es aber auch mit einigem Suchen verbunden. Um dem entgegenzuwirken, werden auf dem Ökokonto einer Gemeinde Flächen festgehalten, die bereits in der Vergangenheit ohne Bauprojekt aufgewertet wurden, um sie bei Bedarf, als Ausgleichsfläche, "abzubuchen". Mit Hilfe des Eingriffs-/Ausgleichsflächenkataster (EAK) kann die Gemeinde abschätzen, welcher Ausgleichsbedarf in den kommenden Jahren auf sie zukommt und welche Ausgleichsflächen zur Kompensation gebraucht werden.

Und wie sieht das genau aus?

Durch Renaturierung einer Fläche, eines Gewässers oder auch durch den Schutz bedrohter Arten kann eine Gemeinde vorsorglich Pluspunkte ansammeln, um sie im Bedarfsfall einem Baugebiet als Ausgleich zuzuweisen. Je nach Beschaffenheit des Landes werden der Gemeinde dafür Punkte gutgeschrieben. Wer auf seinen Flächen zusätzlich den Schutz gefährdeter Tierarten betreibt, erhält einen Zuschlag auf sein Ökokonto. Der Wert dieser Maßnahmen wird in Ökopunkten bemessen. Diese können später frei gehandelt werden. Bauherren und Planungsträger können durch den Erwerb von Ökopunkten den erforderlichen Ausgleichsbedarf decken.

Welche Maßnahmen können mit eingerechnet werden?

Mögliche Maßnahmen sind zum Beispiel die Entnahme von Nadelhölzern entlang von Bachläufen oder der Rückbau von Waldwegen. Das gilt aber nicht für jede Maßnahme, erläuterte Winski. Unter anderem müsse eine Verbesserung der Biotopqualität damit verbunden sein.

Wie werden die Ausgleichsmaßnahmen gewertet?

Dazu erkundigte sich Gemeinderat Hans-Joachim Haller (SPD). Steht ein Bauvorhaben an, wird geguckt, wie die überplante Fläche beschaffen ist, denn ökologisch hochwertige Flächen kosten mehr Punkte vom Ökokonto. "Grundsätzlich ist es erst einmal so, dass das über die Fläche berechnet wird", erklärte Winski. Gemeinsam mit dem Planungsbüro und den beteiligten Trägern öffentlicher Belange sowie dem Forst werden im Vorfeld geeignete Maßnahmen definiert, die ein Gebiet aus ökologischer Sicht hochwertiger machen. Kriterien sind unter anderem eine biologische Vielfalt und ein Strukturreichtum in der Fläche. Am Ende werden dann die einzelnen Komponenten nach einem festgelegten Punktesystem hochgerechnet, die dann bei einem notwendigen Ausgleich auch wieder nach einem Koeffizienten gegenübergestellt werden.

Wie sieht das in Wolfach aus?

Das EAK mit Ökokonto gebe es für Bebauungspläne seit 1998. Im Dezember 2003 hatte der Wolfacher Gemeinderat beschlossen, ein solches Ökokonto einzurichten. Auf Basis der Bauflächenausweisungen des Flächennutzungsplans der Vereinbarten Verwaltungsgemeinschaft Wolfach-Oberwolfach wurden sodann geeignete Flächen zusammengetragen.

Und was steht auf dem Wolfacher Konto?

Für den Ausgleich umgesetzt wurden rund 1,8 Millionen Ökopunkte – diese stehen also auf der Haben-Seite. Noch nicht umgesetzt wurden aktuell rund 220 000 Ökopunkte. Bereits zugeordnet sind rund 718 .000 Ökopunkte. Das heißt unterm Strich, es sind noch rund 1,3 Millionen Ökopunkte verfügbar. Würden alle Flächen so entwickelt, wie sie im Flächennutzungsplan ausgewiesen sind, bräuchte es rund 3,87 Millionen Punkte.

Welche Flächen sind in Wolfach enthalten?

In Wolfach sind mehrere Flächen im EAK enthalten, für die Ökopunkte gutgeschrieben wurden. Dazu gehört das Schlössle, bei dem Mauern freigestellt worden, damit sich neue Tierarten ansiedeln können, und der Käpflefelsen, an dem der Erhalt von Standorten für Eichen beabsichtigt ist. Unterhalb von St. Jakob befinden sich ebenfalls zwei Flächen, unter anderem eine Streuobstwiese, ebenso wie in Kirnbach-Untertal. Am Simonhansenhof wurden mehrere Eingriffe am Gewässer vorgenommen. Im Moosenwald soll ein ehemaliger Wald mit Nadelholz-Monokultur als Niedermoor entwickelt werden. Am Liefersberg wurde eine Obstbaummeile als Ausgleichsfläche für eine Windkraftanlage (WKA) angelegt, ebenso am Rappenstein. Bei den Waldhäusern wurde eine Fläche für das Auerwild geschaffen, der Stadtwald Rittershof sei ebenfalls für Auerwild geeignet.

Was passiert, wenn die Punkte aufgebraucht sind?

Gemeinderat Peter Ludwig (CDU) erkundigte sich unter anderem nach diesem Umstand. "Wenn ich das richtig verstehe, haben wir ein Problem", sprach er die Punkte-Differenz an. Darum gebe es ein regelmäßige Update der Flächen, erklärte Martina Hanke von der Verwaltung. "Momentan haben wir ein dickes Plus von 1,2 Millionen Punkten, die wir erst ›vervespern‹ müssen", erklärte sie. Erst wenn alle Flächen umgesetzt sind, müsse man an angedachte Maßnahmen rangehen, die momentan noch in der Schublade lagern – aber eher langsam. "Damit keine Kosten entstehen, von denen wir nicht wissen, ob wir sie refinanzieren können", so Hanke.

Wie aktuell sind die geplanten Maßnahmen?

Gemeinderätin Kordula Kovac (CDU) erkundigte sich danach, wie aktuell die angedachten Maßnahmen beispielsweise im Hinblick auf den Klimawandel sind, wenn es beispielsweise darum gehe eine Fläche aufzuforsten. "Werden dann auch Bäume berücksichtigt, die zum Beispiel besser mit Trockenheit umgehen können?", fragte sie. Die momentanen Schemata würden leider nur einheimische Gehölze zulassen, antwortete Winski.

Seit 2006 werden mit Vertretern des Naturschutzes und des Amts für Forstwirtschaft die Ausgleichsmaßnahmen kontrolliert Die jeweiligen Pflegemaßnahmen werden dann konkretisiert, angepasst oder auch reduziert, heißt es in der Sitzungsvorlage. Im Sommer hatte eine erneute Kontrolle stattgefunden.