Wollen mitgenommen werden (von links): die Gemeinderäte Gisela Rupp und Dieter Kirschbaum, Bürgermeister Matthias Gutbrod sowie Ortsvorsteher Michael Hartmann. Foto: Gemeinde Foto: Lahrer Zeitung

Nahverkehr: Mitfahrerbank am Ortseingang aufgestellt / Hartmann hofft auf möglichst viele Nachahmer

Der nach wie vor ungenügende Nahverkehr lässt den ländlichen Raum kreativ werden. In Schmieheim und Kippenheim gibt es seit Dienstag Mitfahrerbänke. Motto: hinsetzen, einsteigen, ankommen.

Schmieheim. Die Idee, das gab Ortsvorsteher Michael Hartmann bei der Einweihung unumwunden zu, wurde nicht in Schmieheim geboren: "Wir haben es uns bei einer Gemeinde in Rheinland-Pfalz abgeschaut." Der Gedanke hinter der Aktion sei aber so einfach wie genial, weshalb er bereits vor einem Jahr die Umsetzung in seinem Ort anregte: An einer viel befahrenen Stelle im Dorf wird eine Sitzbank aufgestellt – gut sichtbar, sodass Autofahrer den Wartenden direkt entdecken und einsteigen lassen können. In Schmieheim hat der Bauhof die hölzerne Bank am Ortseingang bei der ehemaligen Tankstelle aufgestellt. Daneben ein Stahlschild mit der Aufschrift "nach Kippenheim". Selbstredend braucht es am Zielort eine "Gegenbank", um wieder nach Hause zu kommen. Sie steht in Kippenheim beim Jugendzentrum in der Poststraße.

Warum es einer solchen Eigenaktion, für die die Gemeinde 2000 Euro in den Haushalt eingestellt hat, bedarf, zeigt der Blick auf den Busfahrplan: In der Regel wird Schmieheim nur alle vier Stunden angefahren. "Ein Nahverkehrskonzept mit einer 30-Minuten-Taktung würde die Bank überflüssig machen, doch dieser Wunsch wird wohl Traumtänzerei bleiben", konstatiert Hartmann. Von der "großen Politik" erwarte er sich keine schnellen Lösungen, man werde weiterhin auf Individualverkehr angewiesen sein. Damit ein einfacher Arztbesuch künftig nicht mehr zum Tagestrip mutiert, "müssen wir selbst für Abhilfe sorgen." Gesagt, getan.

"Der Gedanke der Mitfahrerbank", erklärt Hartmann, "setzt auf das soziale Miteinander in den Gemeinden." In Schmieheim sei ihm darum nicht bange: Man kennt sich, weiß, bei wem man einsteigt beziehungsweise wen man mitnimmt. "So hoffen wir, dass von der Bank reger Gebrauch gemacht wird und die Wartezeiten nicht allzu lange sind." Als Zielpublikum im Blick hat der Ortsvorsteher Jung und Alt gleichermaßen. Eben alle, die nicht auf ein Auto zurückgreifen können. Bürgermeister Matthias Gutbrod sieht die Aktion mit Wohlwollen. Er ist sich sicher, "dass die beiden Ortsteile dadurch noch weiter zusammenwachsen".

Hartmann hat seinen Blick bereits über die Gemeindegrenzen hinaus gerichtet: Bei seinen Ettenheimer Amtskollegen hat er vorgefühlt, ob sie sich auch in ihren Dörfern eine Mitfahrerbank vorstellen könnten, um dem Ganzen noch mehr Reichweite zu verleihen. Weil man in der Nachbarstadt derzeit im Begriff sei, ein umfassendes Nahverkehrskonzept auf die Beine zu stellen, hätten die Ortsvorsteher die Idee zwar grundsätzlich für gut befunden, aber noch keine Zusage geben können. Hartmann indes ist überzeugt: "Wird die Mitfahrerbank bei uns gut angenommen, könnten wir als Blaupause für andere Kommunen dienen, wo dann ähnliche Projekte umgesetzt werden und so vielleicht ein flächendeckendes Netzwerk entsteht."

Dass die Mitfahrerbank auch im Ortenaukreis funktioniert, zeigt das Beispiel Oberwolfach, wo das Projekt bereits vor einiger Zeit angelaufen ist. Auch in Schwanau gibt es Überlegungen, sich seinen ÖPNV selbst zu machen.

"Die Autofahrer, die Personen mitnehmen, benötigen keinen gesonderten Versicherungsschutz", erklärt Ortsvorsteher Hartmann zur rechtlichen Situation der Mitfahrerbank. Eine Haftung sei durch die reguläre Haftpflichtversicherung abgedeckt. Dies hätten sowohl die ursprünglichen Initiatoren als auch die Badische Gemeindeversicherung der Verwaltung bestätigt.